14.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 50 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 11

Otto FrickeFDP - Arbeit und Soziales

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Geschätzter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Zimmer, ich danke für die nachdenkliche Rede; eine solche tut auch einmal gut. Ich konnte vielem zustimmen, an einem Punkt aber will ich direkt ansetzen: Sozialpolitik muss neben der Verantwortung für den Mitmenschen am Ende immer auch stimmen, muss sich rechnen – nicht im Interesse von Einzelnen, sondern im Interesse der Gesellschaft. Wenn Sie beim Thema Rente von den zwei Haltelinien gesprochen haben, haben Sie bewusst die beiden anderen Haltelinien, nämlich die Frage des Renteneintrittsalters und die Frage des Bundeszuschusses, nicht erwähnt. Dass der andere Teil nie richtig erwähnt wird, ist die eigentliche Krux bei dieser Debatte.

Wenn wir über die Frage reden, wann man denn in Rente gehen kann: Der hinter mir sitzende Präsident hat durch seine Leistung gezeigt, dass die Antwort auf die Frage, wann das richtige Alter für den Renteneintritt ist, nichts mit einer Zahl zu tun hat, sondern damit, welche Leistungen man erbringen kann, und wenn es solche sind, wie die am Dienstag in der Rede, dann sind sie gut. Damit müssten wir uns eigentlich viel mehr beschäftigen als mit der reinen Zahl;

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

denn es gibt Menschen, bei denen es mit 60 nicht mehr geht, es gibt aber auch Menschen, wie wir hier ja erlebt haben, bei denen es mit über 70 noch geht.

Reden wir darüber? Sagen wir, dass wir da flexibler sein müssen? Nein! Insbesondere Sie von der linken Seite gaukeln den Menschen vor,

(Zurufe von der LINKEN)

dass Sie, wenn Sie konkrete Zahlen versprechen, sie auch einhalten können. Das Nichteinhalten liegt doch nur an einer einzigen Sache: Sie können nicht rechnen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von der SPD: Sie können nicht Rente!)

Ich will das mal ein wenig verdeutlichen: Wenn wir uns die geplanten Mehrausgaben angucken – auch der Finanzminister sagt ja, dass sie alle in Zukunft dem Bereich „Arbeit und Soziales“ zustehen; er sagt auch, dass wir bei einem Wachstum von 3 Prozent jeden Rentenzuschuss hinbekommen –, dann gebietet es die Ehrlichkeit, zu sagen: Von den geplanten Mehrausgaben, die der Finanzminister in der Finanzplanung, über die wir heute auch reden, vorgesehen hat, entfallen allein 50 Prozent auf die großen Rentenzuschüsse. Wenn man das zusammenrechnet, dann sieht man: 65 Prozent aller Mehrausgaben sind alle rentenpolitischen Leistungen. Wenn Sie den Haushalt für Arbeit und Soziales insgesamt betrachten, dann erkennen Sie, dass 70 Prozent der Mehreinnahmen bis 2022 alleine für diesen Haushalt rausgehen.

Das ist eine riesige Verantwortung, der Sie nicht gerecht werden; denn mit den anderen 30 Prozent muss auch die Zukunft dieses Landes gestaltet werden. Wenn ich die Beiträge der Großen Koalition, aber auch der Linken in dieser Debatte hier höre, dann wird mir klar, dass es Ihnen nur um diesen Haushalt geht. Sie müssen aber doch irgendwann auch mal erkennen, dass dieser Haushalt nicht das Einzige ist, was dieses Land groß macht. Dass Ihnen 70 Prozent der Mehreinnahmen in Zukunft zustehen – darüber muss man noch reden –, mag der Finanzminister mit seiner Äußerung auch noch unterstützen, aber, verdammt nochmal: Zukunft ist mehr als immer nur das Versprechen von neuen Leistungen, von denen Sie nicht wissen, wer sie bezahlen soll.

(Beifall bei der FDP – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Das sagt die FDP!)

– Das sagt die FDP, ja.

Zu den Themen Verantwortung, Mitmenschlichkeit und anderes: Es war für mich in dieser Woche aus persönlichen Gründen sehr interessant, zu sehen, wie wir Abgeordneten unsere persönliche Verantwortung wahrnehmen. Ich finde es immer schön, wenn das angesprochen wird.

Eben gab es zum Beispiel dieses hämische Lachen, weil der Kollege Vogel mir angeblich eine Minute Redezeit weggenommen hat. Erstens war es besprochen, zweitens ist es, selbst wenn es nicht besprochen gewesen wäre, eine gute Tat und nichts, worüber man lächeln kann, wenn ich einem Freund eine Minute mehr Redezeit gebe.

(Zurufe von der LINKEN)

– Das ist genau wieder dieselbe Art. Für Sie geht es bei der Frage, wer sozial verantwortlich ist, immer nur um Gleichmacherei. Für uns ist das eine Frage der Verantwortung. Fragen Sie doch mal in Ihrer ach so sozialen linken Fraktion nach, wie viele Abgeordnete einen Auszubildenden haben. Wenn Sie diese Frage mit „null“ beantwortet haben, dann können wir sehr gerne weiter über soziale Verantwortung reden. Es kommt auf das Handeln und nicht auf das Reden an.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich möchte kurz noch auf die Bundesagentur für Arbeit eingehen. Herr Minister Heil, ja, wir senken den Beitrag. Kollege Vogel hat sehr schön dargestellt, was an dieser Stelle noch fehlt, dass Sie nämlich auch hätten sagen müssen, dass es dafür an anderer Stelle zu einer Erhöhung kommt. Das wird gleich der Kollege Spahn tun, und er wird sagen: Wir erhöhen. – Das ist dann auch sicherlich nicht falsch.

Kollege Heil, Sie hätten wenigstens so ehrlich sein sollen, zu sagen, dass Sie in arbeitsmarktpolitisch besten Zeiten die Bundesagentur für Arbeit mit neuen Ausgaben belasten und dabei auch den Beitragszahler einbeziehen. Sie hätten den Beitrag noch weiter senken können. Wenn Sie sich Ihre Vereinbarungen im Koalitionsvertrag angucken, dann hätten Sie auch ehrlich sagen müssen: Es läuft zwar alles gut, aber, lieber Beitragszahler, wir bauen die Leistungen noch einmal aus.

Selbst wenn das in Ordnung ist, weil man irgendwann ja auch mal für neue Leistungen aus den Beitragsgeldern sorgen muss, müsste man als Minister doch eigentlich auch sagen: In guten Zeiten brauchen wir bestimmte Leistungen vielleicht nicht. – Streichen Sie wirklich Leistungen in diesem Bereich? Nein, das tun Sie nicht. Sie geben mehr Geld für alle von niemandem, und das soll am Ende noch irgendjemand glauben. Das funktioniert einfach nicht.

(Beifall bei der FDP)

Zum Schluss will ich kurz sagen: Wir werden uns in den Haushaltsberatungen sehr genau angucken, was mit den Leistungen für Langzeitarbeitslose, für die wir was tun müssen, wirklich passiert, ob § 16e und § 16i SGB II funktionieren. Ich fürchte, dass da leider dasselbe herauskommen wird wie bei diesem Haushalt: Sie können weder Mathematik, noch können Sie rechnen, aber Sie können im Sommer schöne Erklärungen abgeben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Man muss es halt versuchen! Ohne Versuch haben wir gar nichts! – Gegenruf des Abgeordneten Otto Fricke [FDP]: Deshalb gucken wir es uns an!)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Katja Kipping, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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