14.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 50 / Tagesordnungspunkt 1

Otto FrickeFDP - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2019

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Geschätzte Frau Vizepräsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Brinkhaus, das war schon wohltuend. Auch auf die Gefahr hin, dass Ihnen das jetzt schadet, sage ich: Ich finde es gut, wenn vom Vorstand der CDU nicht immer nur so etwas kommt wie beim Rentenpaket: Wir können uns das leisten; das ist sicherlich etwas, was wir machen müssen. – Wenn wir hier über den Haushalt reden, dann finde ich immer die allgemeinen Finanzdebatten interessant, in denen wir alles in Abwägung bringen. Wir sagen, wie viel Geld wir ausgeben, wie hoch die Schuldenstände sind. Aber heute Morgen um 9 Uhr, als Minister Heil hier seinen Haushalt vorgestellt hat, ging es eigentlich nur um die Frage: Wo können wir noch mehr ausgeben? Wo brauchen wir noch mehr?

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Wir stärken den sozialen Zusammenhalt!)

Kollege Brinkhaus, da geht es eben nicht um den Zusammenhalt per se, sondern da wird mit dem Argument „Zusammenhalt“ alles zugekleistert mit „Der Staat gibt mehr Geld“.

(Johannes Kahrs [SPD]: Ohne Geld geht es nun einmal nicht!)

Ich habe mir das einmal angeschaut. Um das einmal bildlich zu verdeutlichen für die, die uns zuhören und zuschauen: Wenn man das, was der Staat in den nächsten Jahren ausgibt, auf die Redezeit, auf die Debattenzeit dieses Bundestages in dieser Woche übertragen würde, dann hätten wir von Dienstagmorgen bis Donnerstagabend nur über den Kollegen Heil und seine Pläne geredet, hätten dann am Freitagmorgen noch ein wenig über Frau von der Leyen und die Mehrausgaben, die sie bekommt, geredet, um dann bis heute Mittag um 14 Uhr, 15 Uhr, wenn wir fertig sind, über das Fitzelchen Rest zu reden. Was mich bei dieser Haushaltsdebatte so sehr ärgert, ist: Wir verlagern die Schwerpunkte. Wir sehen nicht, wo Zukunft ist. Wir reden nicht über das, was die Zukunft wirklich ausmacht.

Herr Brinkhaus, keiner in diesem Hause will den sozialen Zusammenhalt zerstören.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Es gibt schon welche!)

Jeder hat andere Vorstellungen davon, aber er wird nur dadurch auf Dauer gerettet, wenn wir bei Familie, wenn wir bei Bildung, wenn wir bei innerer Sicherheit und bei allen anderen Themen auch sehen, was in Zukunft notwendig ist. Dafür muss man, anders, als es der Minister macht, und anders, als es die Koalition macht, Schwerpunkte bei den Mehrausgaben nicht immer nur in den Bereich Arbeit und Soziales legen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich will noch auf eine Sache zu sprechen kommen, die mich in dieser Woche immer mehr genervt und die mich selbst bei der Lektüre anderer Literatur ein bisschen geärgert hat. Es geht um den Versuch, Haushaltspolitik aus dem Vordergrund herauszudrängen. Das verstehe ich in gewisser Weise; denn wer beschäftigt sich schon gerne mit Zahlen?

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Wir!)

Das konnte man schon in der Schule sehen, wenn die Frage gestellt wurde: Wer geht in den Mathematikleistungskurs, oder wer mag das Fach gerne? Es sind immer wenige. Aber sie ist essenziell. Am Ende kommt man an der Mathematik nicht vorbei. Das sehen wir doch bei Despoten in der Türkei, die den großen Max machen, und in dem Moment, in dem gezählt wird, geht es auf einmal nicht mehr. Ohne den Vergleich zu ziehen – das betone ich –: Das Schlimmste bei allen Versprechen, die Politik macht, ist, wenn sich diese Versprechen am Ende nicht rechnen.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Richtig!)

Herr Minister, ich muss noch einmal sagen: Sie müssen, wenn Sie solche Vorschläge zu Mehrausgaben machen und damit Vertrauen erzeugen wollen, auch die konkrete Berechnung vorlegen. Tun Sie das nicht, zerstören Sie Vertrauen.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Richtig!)

Das wieder zurückzubekommen, ist das Schwierigste, was Politik überhaupt an Arbeit hat. Das haben Sie doch erlebt mit dem Bereich Rente in der Agenda 2010, die Sie damals gemacht haben. Deswegen noch einmal die Bitte: Legen Sie das im Laufe der Haushaltsberatungen vor, weil wir auch Finanzpläne mitbeschließen und über die Zukunft reden.

Zum Schluss, meine Damen und Herren, zu der Aussage von Herrn Brinkhaus und allen anderen, die es auch gesagt haben: Der Schuldenstand sinkt auf 60 Prozent. – Hat die Politik etwas dazu getan? Nein, nicht wirklich.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Aber Hallo!)

Ist 1 Cent Schulden zurückgezahlt worden? Wenn wir ganz ehrlich sind, müssen wir sagen: Es ist kein Cent zurückgezahlt worden.

(Johannes Kahrs [SPD]: Nicht von der FDP! Die FDP tut immer alles, damit das nicht passiert!)

Wir sind immer noch auf demselben absoluten Schuldenstand. Wir profitieren – da sollten wir ehrlicher sein – davon, dass die Bürger, die Unternehmer gearbeitet haben, das Bruttoinlandsprodukt gestiegen ist und deshalb dieselben Schulden einen geringeren Prozentsatz ausmachen. Das gehört zur Wahrheit, Herr Brinkhaus, auch dazu.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe das Buch „Hoffnungsland“ des Ministers gelesen und habe – für alle, die es lesen wollen; der Kollege Rehberg hat es noch nicht gelesen; ich kann es ihm auch nicht empfehlen – in diesem Buch viel über Fragen der Zukunft gefunden, aber über die Frage der Finanzierung der Zukunft, Herr Minister – das wäre Ihre Aufgabe gewesen –, findet sich nichts. Das ist nicht Hoffnungsland, das ist hoffnungslos.

Danke.

(Beifall bei der FDP – Johannes Kahrs [SPD]: Von welchem Verlag war das Buch noch mal?)

Das Wort hat der Kollege Sven-Christian Kindler für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7272130
Wahlperiode 19
Sitzung 50
Tagesordnungspunkt Schlussrunde Haushaltsgesetz 2019
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