Rita Hagl-Kehl - Aktuelle Stunde zu den Ergebnissen des Wohngipfels der Bundesregierung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Bezahlbarer Wohnraum ist die soziale Frage unserer Zeit; denn eine angemessene Wohnung ist Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben. Insbesondere in den Ballungsräumen sieht die Realität aber anders aus. Gerade Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen haben dort Probleme, für sich und ihre Familien bezahlbaren Wohnraum zu finden. Viele Menschen haben Angst, sich ihre Wohnung zukünftig nicht mehr leisten zu können und aus ihrem vertrauten Umfeld vertrieben zu werden. Dies bedeutet für Familien den Verlust von Kindergarten, Schule, Vereinen, Freunden und damit auch ein Stück Heimat.
Diese Entwicklung verändert aber auch den Charakter unserer Städte. Wir konnten zu Recht stolz sein auf eine Vielzahl attraktiver Städte mit ausgewogenen Bewohnerstrukturen, in denen jeder und jede einen Platz fand. Es darf nicht sein, dass sich Normalverdiener das Wohnen in der Stadt nicht mehr leisten können. Eine Stadt funktioniert nur dann auf Dauer gut, wenn dort auch Erzieher, Lehrerinnen, Polizisten arbeiten und leben können.
Ich bin sehr froh, dass wir als Bundesregierung das Thema Wohnen auf dem Wohngipfel in einer konzertierten Aktion gemeinsam mit den Ländern und Kommunen, der Wohnungswirtschaft, dem Deutschen Gewerkschaftsbund und dem Deutschen Mieterbund aufgegriffen haben; denn es liegen gewaltige Aufgaben vor uns, die wir nur gemeinsam lösen können.
Erstens. Wir sind uns alle einig: Es muss vor allem mehr bezahlbarer Wohnraum gebaut werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist gut, dass den Ländern hierfür in den nächsten Jahren zusätzlich 2,5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. Für den Wohnungsbau ist zudem zentral, dass Bauland bereitgestellt wird. Deshalb wollen Bund und Länder gemeinsam dafür sorgen, dass Grundstücke im öffentlichen Eigentum verstärkt für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kai Wegner [CDU/CSU])
Zweitens. Kurzfristig muss der Anstieg der Mieten gebremst werden, um weitere Gentrifizierung zu verhindern. Das von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegte Mieterschutzgesetz ist hierzu ein erster wichtiger Schritt.
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)
Die Regelungen der Mietpreisbremse werden hierdurch transparenter und für Mieterinnen und Mieter besser handhabbar.
(Beifall bei der SPD)
Mieterinnen und Mieter werden auch bei Modernisierungen besser vor sie überfordernden Mieterhöhungen und dem sogenannten Herausmodernisieren geschützt.
Der Entwurf für ein Mieterschutzgesetz wird nun im Deutschen Bundestag beraten. Ich möchte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitten, Ihren Teil dazu beizutragen, dass das Gesetzgebungsverfahren zügig abgeschlossen werden kann.
(Beifall bei der SPD)
Die Mieterinnen und Mieter werden es Ihnen danken, wenn sie sehr bald von den Verbesserungen profitieren können.
Drittens. Wir haben auf dem Wohngipfel zudem beschlossen, den Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete von vier auf sechs Jahre zu erweitern. Hierdurch werden mehr ältere Mietverhältnisse in die ortsübliche Vergleichsmiete einfließen. Dies wird zu einer Dämpfung des Anstiegs der Wohnkosten führen;
(Beifall bei der SPD)
denn die Mieten im Bestand dürfen zukünftig weniger stark angehoben werden. Gedämpft wird zudem die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn in angespannten Wohnungsmärkten. Wir sollten diesen Beschluss zum Wohle aller Mieterinnen und Mieter nun ebenfalls sehr schnell umsetzen.
(Beifall bei der SPD)
Viertens. Wir haben verabredet, uns für gute Mietspiegel einzusetzen, die in möglichst vielen Städten und Gemeinden zur Anwendung kommen sollen. Einfache Mietspiegel sollen gestärkt werden. Durch gesetzliche Mindestanforderungen wird die Bundesregierung zudem für mehr Rechtssicherheit für Vermieter und Mieter sorgen.
Fünftens. Wir wollen, dass Menschen leichter Eigentum erwerben können. Hierzu streben wir eine substanzielle Senkung der Maklerkosten für den Erwerb selbstgenutzten Eigentums an.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann kommt der Vorschlag?)
Wir prüfen unter anderem, das Bestellerprinzip, das es im Mietmarkt bereits gibt, auch für Eigentumskäufe anzuwenden. Das Bestellerprinzip bedeutet: Wer den Makler bestellt, der soll ihn auch bezahlen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sechstens. Wir wollen die Zahl der Möglichkeiten reduzieren, Mietshäuser in Eigentumswohnungen aufzuteilen und umzuwandeln.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
In sogenannten Milieuschutzgebieten ist es schon jetzt möglich, die Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen zu beschränken. Hierdurch soll vor allem die Wohnbevölkerung vor Verdrängung geschützt werden. Allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmen, die dazu führen, dass Stadtquartiere infolge der Umwandlung in Wohnungseigentum dennoch immer teurer werden und die Mieten insgesamt sogar steigen.
Siebtens. Wir werden das Wohnungseigentumsrecht novellieren und insbesondere bauliche Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit, zur energetischen Sanierung, zur Förderung von Elektromobilität oder auch zum Einbruchschutz erleichtern. Hierzu haben wir eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet. Diese wird im Jahr 2019 Vorschläge vorlegen.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf dem Wohngipfel wurde noch eine Vielzahl weiterer Maßnahmen beschlossen. Wir sollten natürlich fortwährend über weitere notwendige Verbesserungen, zum Beispiel hinsichtlich der Bestandsmieten und des Schutzes vor missbräuchlichen Eigenbedarfskündigungen, nachdenken. Ich kann Ihnen sagen: Wir sind dazu bereit.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Daniel Föst.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7276000 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 51 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu den Ergebnissen des Wohngipfels der Bundesregierung |