Nicole WestigFDP - Stärkung des Pflege- und Krankenhauspersonals
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ein Pflegepersonal-Stärkungsgesetz legen Sie hier vor. Das ist gut gemeint, aber noch lange nicht gut gemacht. Denn: Um Pflegepersonal wirksam stärken zu können, muss Pflegepersonal erst einmal vorhanden sein. Und das ist eben das größte Problem: der Fachkräftemangel – Sie haben es eben selbst gesagt. Über 30 000 Stellen sind in der Pflege unbesetzt. Der Gesetzentwurf will 13 000 neue Stellen schaffen, verliert jedoch kein Wort darüber, woher die Pflegekräfte kommen sollen. Um mehr Menschen für die Pflege zu gewinnen, tun Sie zu wenig, Herr Minister.
(Beifall bei der FDP)
Sie sind nun bereits ein halbes Jahr im Amt und haben viele einzelne Maßnahmen angestoßen. Aber wo ist Ihr Gesamtkonzept? Wie schaut Ihr Masterplan aus? Die Konzertierte Aktion Pflege hat bislang nichts als Willensbekundungen hervorgebracht. Ein Schlüssel zur Lösung des Fachkräftemangels – Dr. Lauterbach hat es gerade angesprochen – liegt bei den jungen Menschen, bei den Auszubildenden. Deswegen wird die Pflegeausbildung reformiert, allerdings unter Benachteiligung der Altenpflege. Mit Ihrem Gesetz hätten Sie die Möglichkeit, sich klar zu den Auszubildenden in der Altenpflege zu bekennen und festzuschreiben, dass diese nicht auf den Personalschlüssel angerechnet werden dürfen.
(Beifall bei der FDP)
Aber Fehlanzeige; denn das gilt nur für die Krankenpflege. Immer wieder werden Pflege-Azubis im Alltag wie examinierte Pflegekräfte eingesetzt. Die Zeit für gute Praxisanleitung fehlt; das berichten mir jedenfalls Pflegeschülerinnen und -schüler. Das schafft Frust und erzeugt alles Mögliche, nur keine Freude an der Arbeit. Azubis sind Lernende und keine voll einsetzbaren Arbeitskräfte, auch in der Altenpflege. Und sie sind wichtige Botschafter nach draußen. Was sie erzählen, prägt das Bild des Pflegeberufs, und das wollen wir ja gerade verbessern.
(Beifall bei der FDP)
Aber das größte Problem dieses Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes ist, dass es für die ambulante Altenpflege ein Pflegepersonalschwächungsgesetz ist: Krankenhäusern mit Honorarkürzungen zu drohen, wenn sie nicht mehr Personal einstellen, heißt doch nichts anderes, als der eh schon benachteiligten Altenpflege einmal mehr den Boden unter den Füßen wegzuziehen.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Im Wettbewerb um die Pflegekräfte sind die Krankenhäuser durch bessere Bezahlung bereits jetzt im Vorteil. Das verschärft sich durch dieses Gesetz noch. Pflegedienste müssen schon heute Pflegebedürftige aus Personalmangel abweisen. Übrigens: Wenn Pflegedienste ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anständige Löhne zahlen sollen, müssen Sie ihnen auch die Chance geben, Gewinne zu erwirtschaften.
(Beifall bei der FDP)
Ambulant vor stationär: Dieser Grundsatz findet sich in diesem Gesetzentwurf jedenfalls nicht wieder. Und das ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der ambulanten Pflegedienste. Das trifft ebenso die hohe Zahl der pflegenden Angehörigen, die dringend mehr ambulante professionelle Hilfe benötigen, damit sie ihren Pflegealltag bewältigen können.
(Beifall bei der FDP)
Pflegen kann eben nicht jeder. Dabei zeigt sich der Wert unserer Gesellschaft darin, wie wir mit denen umgehen, die Hilfe benötigen: mit den Pflegebedürftigen, aber auch mit denen, die pflegen.
Sie haben von einem starken Signal gesprochen, Herr Minister. Gehen Sie über das Signal hinaus: Tun Sie etwas! Setzen Sie das Projekt „mehr Menschen in den Pflegeberuf“ endlich um, zum Beispiel mit einer großangelegten Kampagne, wie wir das auch von der Bundeswehr kennen. So können Sie Menschen für die Pflege begeistern und gleichzeitig für mehr Wertschätzung und gesellschaftliche Anerkennung für Pflegerinnen und Pfleger werben.
(Beifall bei der FDP)
Fangen Sie heute damit an, nicht erst morgen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Westig. – Nächster Redner: Harald Weinberg für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7276123 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 52 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung des Pflege- und Krankenhauspersonals |