Christine Aschenberg-DugnusFDP - Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ja, Selbstständige, insbesondere Gründerinnen und Gründer, sind ein wichtiger Bestandteil unserer leistungsstarken und innovativen Wirtschaft. Herr Lauterbach, auch wir wollen mehr Gründer in Deutschland haben.
Aber dazu müssen wir sie auch fair behandeln. Tun wir das bei den Krankenversicherungsbeiträgen? Sie haben es eben schon richtig gesagt: Nein. Gegenüber denjenigen, die abhängig beschäftigt sind und bei denen sich der Versicherungsbeitrag nach dem tatsächlichen Einkommen richtet, wird bei Selbstständigen ein fiktives Einkommen angenommen und daraus der Beitrag errechnet. Diese Ungleichbehandlung wollen wir mit unserem vorliegenden Antrag beseitigen.
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, im November 2017 hat mir Herr Andreas Müller, ein Blumenhändler aus dem Saarland, eine Petition mit 105 000 Unterschriften zu diesem Thema übergeben. Aus Gesprächen habe ich herausgehört: Die Selbstständigen wollen ja Krankenversicherungsbeiträge entrichten. Aber die Betroffenen empfinden es zu Recht als unfair, wenn sie nicht nach ihrem tatsächlichen Einkommen verbeitragt werden, sondern nach einem fiktiven Einkommen, das sie überhaupt nicht erzielen.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Deshalb wird die Bemessungsgrenze gesenkt!)
Aber, liebe GroKo, da hilft es auch nicht, wenn Sie die Mindestbeitragsbemessungsgrenze um die Hälfte absenken. Von 100 Prozent unfair auf 50 Prozent unfair: Da bleibt immer noch 100 Prozent unfair, nämlich für diejenigen Menschen, die weniger als 1 140 Euro verdienen.
(Beifall bei der FDP)
Weil wir eine faire, einkommensorientierte Regelung wollen, fordern wir in unserem Antrag,
(Zuruf des Abg. Dr. Roy Kühne [CDU/CSU])
die Mindestbeitragsbemessungsgrenze auf die Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von derzeit 450 Euro abzusenken. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, da sind wir überraschenderweise einmal einer Meinung. Aber freuen Sie sich bitte nicht zu sehr und seien Sie nicht zu sehr enttäuscht, dass wir dann, wenn es so weit kommt, Ihrem Antrag nicht zustimmen können;
(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Nein, sind wir nicht!)
denn unter Ziffer II fordern Sie einen Erlass der Beitragsschulden. Das wäre ein Affront gegenüber denjenigen Selbstständigen, die sich das vom Mund abgespart oder bei ihren Verwandten Kredite aufgenommen haben. Bei einem solchen Freifahrtschein wollen wir nicht mitgehen. Deswegen können wir nicht zustimmen. Ich kann Sie aber nur ermuntern, unserem Antrag zuzustimmen.
Ich komme zum nächsten Thema: Parität. Das wurde ja schon angesprochen. Die kassenindividuellen Zusatzbeiträge werden ebenfalls ab Januar nächsten Jahres paritätisch finanziert. Ja, Sie stellen in Ihren Reden immer die Entlastung der Arbeitnehmer heraus. Wir sind ebenfalls immer für Entlastung der Menschen, zum Beispiel der Bürger, indem wir den Soli abschaffen; auch das ist ja eine gute Möglichkeit.
(Beifall bei der FDP)
Aber man muss eben auch einmal sagen: Die Kehrseite der Medaille ist, dass Sie die Arbeitgeber um 4,9 Milliarden Euro jährlich belasten und die Rentenversicherung ebenfalls um 1,5 Milliarden Euro jährlich. Es muss auch einmal gesagt werden, dass die Regierung wieder einmal an der Arbeitskostenschraube nach oben dreht. Liebe CDU, was sagt eigentlich Ihr Wirtschaftsrat dazu? Sagt der überhaupt etwas dazu?
(Zurufe des Abg. Dr. Roy Kühne [CDU/CSU])
Ich kann nur feststellen, dass die Sozialdemokratisierung der CDU immer weiter zunimmt.
Lassen Sie mich noch kurz zum Morbi-RSA, zu dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich, kommen. Eine Reform dieses Ausgleichs haben wir mehrfach angemahnt. Wie schön, dass sich endlich auch bei der Regierung diese Meinung durchgesetzt hat! Denn natürlich ist es richtig, dass man erst dann an ein Abschmelzen der Reserven denken kann, wenn vorher der Morbi-RSA reformiert wurde und diese Aktion Wirkung gezeigt hat. Es kann doch nicht sein, dass seit Jahren bestimmte Kassenarten mehr Geld aus dem Fonds bekommen, als sie benötigen, während die anderen zu wenig erhalten. Der Ausgleich muss doch der tatsächlichen Versorgung folgen.
Was wir jetzt benötigen, meine Damen und Herren – da müssten wir uns doch einig sein –, sind kurzfristige Maßnahmen, um die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen, die es unzweifelhaft gibt, zu beseitigen und die bestehenden Manipulationen, die es auch unzweifelhaft gibt, wirksam auszuschließen. Wir brauchen eine regelmäßige Evaluation und Transparenz. Ich bitte die Regierung – ich komme zum Schluss –, Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Als konstruktive Opposition sind wir natürlich jederzeit bereit, Sie dabei tatkräftig zu unterstützen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner: Dr. Achim Kessler für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7276375 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 52 |
Tagesordnungspunkt | Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung |