27.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 52 / Tagesordnungspunkt 9

Katja HesselFDP - Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Jahressteuergesetz 2018 zeigt wieder einmal eindrucksvoll, wie unambitioniert die Bundesregierung in der Steuerpolitik ist.

(Beifall bei der FDP)

Von einem Gestaltungswillen kann keine Rede sein.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Das ist das falsche Gesetz dafür!)

Das einzig wirklich Neue ist der Name, Kollege Güntzler, also alter Wein in neuen Schläuchen. Steuerliche Entlastung, Bürokratieabbau: Fehlanzeige. Aber immerhin: Wir haben ja gestern im Finanzausschuss vom Minister, der nach 197 Tagen zu seinem Antrittsbesuch zu uns gekommen ist, erfahren, dass die Koalition an einer steuerlichen Forschungsförderung arbeitet. Das ist ja schon mehr als das, was wir vorher erfahren haben, weil alle schriftlichen Anfragen dazu nicht wirklich beantwortet wurden. Sie wissen ja: Wir sind eine Serviceopposition.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben schon einmal einen Antrag mit den aus unserer Sicht wichtigen Eckpunkten für eine steuerliche Forschungsförderung erarbeitet.

Aber zurück zu dem Gesetzentwurf, der uns diesen neuen Namen eingebracht hat: „zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet“. Wir sind uns alle einig, dass wir eine gesetzliche Regelung brauchen, damit die Erfüllung der umsatzsteuerlichen Pflichten von Händlern, insbesondere aus Drittstaaten, die ihre Waren über Onlineplattformen vertreiben, sichergestellt wird.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Hört! Hört! – Marianne Schieder [SPD]: Schon mal ein Fortschritt!)

Dieser Umsatzsteuerbetrug muss dringend bekämpft werden, und das nicht nur, um Steuerausfälle zu vermeiden, sondern vor allem auch, um Wettbewerbsverzerrungen zulasten der steuerehrlichen Händler auszuschließen.

(Beifall bei der FDP – Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Dazu ist der aktuelle Gesetzentwurf aber nur bedingt geeignet. Er vermittelt meines Erachtens auch eine sehr merkwürdige Rechtsauffassung der Bundesregierung; denn hier werden von den Finanzämtern hoheitliche Aufgaben, die sie haben, an Dritte übertragen. Wenn der Gesetzgeber eigentlich sicherstellen will, dass Händler aus Drittländern keinen Steuerbetrug begehen, dann wäre erst einmal der Staat gefragt.

Die geplanten neuen Vorschriften sehen besondere Pflichten und Sonderregelungen für die Betreiber von elektronischen Marktplätzen vor. So sollen die Marktplatzbetreiber steuerrelevante Daten für sämtliche Händler, also auch für die inländischen, mit einer Bescheinigung nachweisen, und dies in Papierform.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Das ist doch nur eine Übergangsregelung! Sie haben da was vergessen zu erwähnen! – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das ist nur für den Übergang! Das wissen Sie doch!)

Die Bundesregierung wälzt nicht nur hoheitliche Aufgaben ab, sondern sie sorgt auch noch dafür, dass Händler und Plattformbetreiber diese ihnen so zugeschusterten Aufgaben nur mit einem hohen bürokratischen Aufwand erledigen können. Es ist schlicht ein Unding, dass es bislang keine digitale Lösung gibt und sie in absehbarer Zeit auch nicht in Sicht ist.

(Beifall bei der FDP)

Die Bundesregierung verlangt von den Unternehmen, die ihre Geschäfte ausschließlich online, also digital, betreiben, dass sie den zusätzlichen bürokratischen Aufwand analog erledigen. Hier zeigt sich ganz deutlich, dass die Bundesregierung noch in den digitalen Kinderschuhen steckt. Es zeigt sich, dass das wichtige Thema „Digitalisierung der Verwaltung“ jahrelang sträflich vernachlässig wurde. Weil der Staat bei der Digitalisierung nicht in die Puschen kommt, wird den Unternehmern jetzt unnötige Bürokratie aufgebürdet. Aber wir haben ja nun im Beratungsverlauf die Möglichkeit, den Gesetzentwurf praxistauglich zu gestalten. Dazu wird auch die Anhörung im Finanzausschuss beitragen.

Es sind noch einige Punkte offen: die erweiterte Haftung über die Bescheinigung hinaus, die Fristen zur Erteilung der notwendigen Bescheinigungen und auch die Übergangsfristen. Die Bundesregierung hatte das Thema schon sehr lange auf der Agenda, es aber schlicht verschlafen oder sich nicht herangetraut. Jetzt wird hier im Hauruckverfahren bis Ende des Jahres ein schlechter Gesetzentwurf durchgeboxt.

(Beifall bei der FDP)

Aber wir haben dann ja auch noch die Möglichkeit, Kollege Güntzler, uns mit einigen anderen Punkten zu befassen: mit der Neuregelung der Sanierungsgewinne, mit dem Verlustabzug, den Sie angesprochen haben, aber auch mit der Anpassung der Vollverzinsung; auch die habe ich vermisst. Auch hier – Sie werden sich nicht wundern – gibt es schon einen Antrag von uns. Wir bleiben eben Serviceopposition.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das wird ja ein richtig schlechter Antrag sein! Mit falschen Zielen!)

Für Die Linke hat das Wort der Kollege Jörg Cezanne.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7276571
Wahlperiode 19
Sitzung 52
Tagesordnungspunkt Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen
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