27.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 52 / Tagesordnungspunkt 10

Lars HerrmannAfD - Änderung des Asylgesetzes

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung macht tatsächlich mal was Sinnvolles – halleluja!

(Beifall bei der AfD)

Aber trotzdem: Nichts scheint für die Bundesregierung so überraschend zu kommen wie Weihnachten und Silvester. Und so hat man auch hier ganze vier Jahre gebraucht, um eine eklatante Lücke im Asylgesetz zu erkennen und zu schließen, nämlich die bisher fehlende Mitwirkungspflicht von Flüchtlingen im Widerrufs- und Rücknahmeverfahren.

Dazu muss man wissen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge per Gesetz dazu verpflichtet ist, eine sogenannte Regelüberprüfung durchzuführen, also zu überprüfen, ob die Schutz- bzw. Anerkennungsgründe bei Flüchtlingen tatsächlich auch noch vorliegen. Diese Prüfung hat spätestens nach drei Jahren zu erfolgen. Auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion hin wurde im Februar dieses Jahres bekannt, dass es im Jahr 2013 gerade einmal 369 solcher Regelüberprüfungen gegeben hat. Davon ist in sechs Fällen der Schutzgrund entfallen. Und bei den immerhin schon 1 293 durchgeführten Regelüberprüfungen im Jahr 2014 wurden gerade einmal acht Fälle festgestellt. Diese mageren Zahlen mögen nicht wirklich verwundern; schließlich gab es für die Betroffenen keinerlei Pflicht, an dieser Überprüfung mitzuwirken.

Auch scheint in der Führungsetage des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge der gesetzliche Auftrag zur Überprüfung eher vernachlässigt worden zu sein, wie eine weitere Anfrage ergab. Demnach wurden von den Ausländerbehörden an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gemeldete Sachverhalte über relevante Tatbestände, die die Einleitung eines solchen Widerrufsverfahrens veranlassen könnten, überhaupt gar nicht erfasst, also beispielsweise die Feststellung der Ausländerbehörden, dass ein anerkannter Flüchtling im mutmaßlichen Verfolgungsland einfach mal schnell Urlaub gemacht hat und sich bei dieser Gelegenheit einen neuen Pass des Staates hat ausstellen lassen, aus dem er noch wenige Monate zuvor angeblich fliehen musste. Solche Erkenntnisse gelten beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als nicht erfassungswürdig. Vielmehr wurden die Mitarbeiter des BAMF dazu verpflichtet, die „Wir schaffen das“-Doktrin von Frau Merkel mit positiven Asylbescheiden umzusetzen. Die skandalösen Vorgänge in der BAMF-Außenstelle in Bremen geben da ein trauriges Beispiel.

(Beifall bei der AfD)

Aber nun soll ja alles besser werden, und der Prüfungsmaßstab lautet nicht mehr Masse statt Klasse, sondern Qualität vor Quantität – so zumindest der neue Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Herr Dr. Sommer. Übrigens, ich bin schon auf den nächsten Präsidenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gespannt; denn derzeit haben ja die Präsidenten von Bundesbehörden eine kürzere Halbwertszeit als SPD-Vorsitzende.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)

Man kann sich die vielen Namen gar nicht merken.

Leider spiegelt sich das Ansinnen von Herrn Dr. Sommer – Qualität statt Quantität – nicht in dem hier vorgelegten Gesetzentwurf wider. Die vorgeschlagenen Mitwirkungspflichten sind maximal ein erster zaghafter Schritt in die richtige Richtung, werden jedoch nicht ausreichen. So ist ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht weder straf- noch bußgeldbewehrt und der Verwaltungszwang nur eine Kannvorschrift.

Auch bleibt es das große Geheimnis der Bundesregierung, warum man auf die erkennungsdienstlichen Maßnahmen zur Sicherung der Identität bei Personen verzichtet, die zum Zeitpunkt der Asylantragstellung das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und von denen daher noch keine Fingerabdrücke vorliegen. Gerade bei diesem Personenkreis wäre die Sicherung der Fingerabdrücke im Widerrufsverfahren dringend geboten und angezeigt.

(Beifall bei der AfD)

Hier verwehrt man sich selbst die Möglichkeit, nunmehr im Rücknahmeverfahren an neue Erkenntnisse mittels Fingerabdrücken zu gelangen und insbesondere mehrere oder gefälschte Identitäten aufzudecken. Zum Glück hat das wenigstens der Bundesrat erkannt und darauf hingewiesen. Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Normalerweise hätte jeder Streifenpolizist erkannt, dass das Blödsinn ist. Aber egal!

Auch die weichgespülten und unbestimmten Begriffe im Gesetzentwurf lassen mich an der Ernsthaftigkeit des Anliegens zweifeln. Nur ein Beispiel aus Absatz 3a:

Kommt der Ausländer den Mitwirkungspflichten nicht oder nicht vollständig nach, kann das Bundesamt nach Aktenlage entscheiden, sofern … der Ausländer die Mitwirkungspflichten ohne genügende Entschuldigung verletzt hat.

Was ist denn eine „genügende Entschuldigung“? Wenn der Betroffene Flüchtling nicht zur Anhörung kommen kann, weil er gerade Urlaub im Irak oder in Syrien macht?

(Beifall bei der AfD – Marianne Schieder [SPD]: Ein bisschen Rechtskenntnis wäre angeraten!)

Das ist ein bisschen seltsam und sehr unklar formuliert. Wir brauchen hier klare und deutliche Formulierungen.

Ich hoffe auch, dass die Bundesregierung künftig ihre Reaktionszeit bei derartigen gesetzlichen Regelungslücken erheblich verkürzen wird. Meine Fraktion und ich stehen gern zur Verfügung, um hier hilfreich zur Hand zu gehen. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Der nächste Redner ist der Kollege Helge Lindh, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7276581
Wahlperiode 19
Sitzung 52
Tagesordnungspunkt Änderung des Asylgesetzes
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