Mahmut ÖzdemirSPD - Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Übertragung des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst auf die Beamtinnen und Beamten ist aus gutem Grund in diesem Hause unwidersprochene Tradition, die fast schon ritualisiert zeit- und nahezu inhaltsgleich erfolgt. Die regelmäßige Anpassung des Besoldungs- und Versorgungsrechts ist unsere gesetzgeberische Pflicht gegenüber unseren Staatsdienern, von den Sicherheitsbehörden bis in die Verwaltungseinheiten an den Schreibtischen. Sie halten diesen Staat durchsetzungsfähig und vor allen Dingen leistungsfähig.
Der Gesetzentwurf besteht aus – ich habe nachgesehen – 44 Seiten Tabellen und einigen Seiten mit vielen Zahlen und Prozentzeichen. Unzählige beamtenrechtliche Vorschriften werden dabei angepasst.
Vereinfacht gesagt passiert aber Folgendes: Wir geben unseren Beamtinnen und Beamten mehr verdientes und mehr erdientes Geld. So passen wir die Alimentation der Beamtinnen und Beamten auch an die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse im Land am. Ich denke, es ist ein guter und vertretbarer Abschluss, der auf die Bediensteten im Beamtenstatus übertragen wird und auch – das füge ich hinzu – übertragen werden muss. Es ist ein ausgewogenes Paket, das die Interessen des öffentlichen Dienstes einerseits und die des Bundes andererseits in Einklang bringt.
Die konkreten Zahlen haben wir schon von Herrn Staatssekretär Mayer gehört. Das zeigt, dass unsere Beamtinnen und Beamten es uns wert sind. Eine Zahl möchte ich Ihnen dann doch nicht ersparen: Von 2018 bis 2020 nehmen wir im Bundeshaushalt 3,5 Milliarden Euro in die Hand, um diese Wertschätzung in Geld auszudrücken und auf diese Art und Weise ein Stück Respekt zu zollen und Dank zu sagen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Herausforderungen für einen künftigen leistungsfähigen und durchsetzungsstarken öffentlichen Dienst müssen uns dabei aber auch klar sein. Wir müssen die Ursachen von Überstunden bekämpfen. Das ist unsere Wohl- und Weheverpflichtung gegenüber den Beamtinnen und Beamten. Ich kenne viele Behördenleiter, die sehr sorgfältige Anordnungen dazu getroffen haben. Aber wenn wir mehr staatliche Aufgaben durch Gesetze aufrufen, dann müssen wir am Ende des Tages auch für eine ausreichende Personaldecke sorgen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Die Gewerkschaft der Polizei hat nicht zuletzt deshalb ausgerechnet – Stand Juli 2018 –, dass die Bundesbeamtinnen und ‑beamten der Polizei 2 Millionen Überstunden vor sich herschieben. Darum haben maßgeblich wir Sozialdemokraten in der vergangenen Wahlperiode die Voraussetzungen für 6 000 neue Stellen bei den Bundessicherheitsbehörden geschaffen. Den Weg gehen wir auch in dieser Wahlperiode in Tausenderschritten weiter.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wenn man mit den Kolleginnen und Kollegen spricht, fällt der Abbau dieser Überstunden tatsächlich schwer. Jetzt auf den Abbau der neuen Überstunden innerhalb eines Jahres zu drängen, ist, gelinde gesagt, das Verlangen einer Unmöglichkeit. Im Übrigen ist es eingedenk dieser Unmöglichkeit auch nicht die feine englische Art, den Verfall von Überstunden anzuordnen.
(Beifall bei der SPD)
Ich erwarte vom Bundesministerium des Innern eine zeitnahe fürsorglichere Lösung für diese Überstunden.
Kurzum: Mehr Personal für die öffentliche Verwaltung führt zum Rückgang von Überstunden. Kluge Arbeitszeitmodelle führen am Ende des Tages aber auch zu höherer Motivation bei den Beamtinnen und Beamten.
Auch über bessere Beförderungsmöglichkeiten und eine bessere Personalplanung müssen wir gemeinsam reden, damit aus Ausbildung und Beförderung angesichts der bevorstehenden Pensionierungen Erfahrung und Sachkenntnis in unseren Verwaltungen bestehen bleiben. Diese Punkte könnten aus meiner persönlichen Sicht sehr gut mit einer Debatte rund um die Modernisierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes aufgegriffen und aufgerufen werden.
Ein Gesichtspunkt ist mir an dieser Stelle noch besonders wichtig: Die zunehmende Zahl von Übergriffen auf unsere Staatsdiener in Uniform ist äußerst beunruhigend. Ich war jüngst zu Gast bei der Duisburger Feuerwehr und den dortigen Sanitätern. Sie waren Opfer eines Übergriffs geworden, obwohl sie zu Hilfe gerufen worden sind. Nun arbeitet der Rechtsstaat, und am Ende des Tages steht die Verfügung einer Staatsanwaltschaft, die in unverständlicher Weise für die Betroffenen sagt, dass an der Verfolgung dieser Straftat kein öffentliches Interesse bestehe. Hier müssen wir eine konsequentere Gangart zum Schutz unserer Staatsdiener finden. Wenn wir Menschen zur Verrichtung eines öffentlichen Dienstes auf die Straße schicken, dann müssen wir auch für ihre Sicherheit garantieren und dafür sorgen, dass sie nicht mit Gesundheitsschäden zurückkehren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)
Ein letztes Wort zu den Kommunen: Wir haben im Deutschen Bundestag in den vergangenen vier Jahren Pakete geschnürt, die den Städten und Gemeinden Fördergelder und Entlastungen in zweistelliger Milliardenhöhe beschert haben. Das ist richtig und wichtig gewesen.
Wenn wir die Bundesländer und die Mitglieder in den Stadträten – bei allem gebotenen Sparzwang – nicht ermuntern, ihren öffentlichen Dienst angemessen auszustatten, dann bringen all die Investitionspakete des Bundes relativ wenig. Denn das energetisch sanierte Freibad bleibt geschlossen, und die schönen neuen barrierefreien Wege im Stadtpark werden auch nicht gepflegt, wenn die Kommunen, wenn die Länder nicht angemessen Personal bereitstellen.
Dieses Gesetz und die damit verbundene Redezeit sind eine regelmäßige Würdigung unseres öffentlichen Dienstes. Aber warme Worte in Plenarreden genügen aus meiner Sicht nicht. Wir müssen die Würdigung mit einer Modernisierung und einer Stärkung des öffentlichen Dienstes vorantreiben. Die Herausforderungen, die ich benannt habe, liegen auf dem Tisch. Ich lade alle Fraktionen herzlich dazu ein, diese Herausforderungen anzupacken und zügig einer sachgerechten Lösung zuzuführen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der FDP der Kollege Konstantin Kuhle.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7276612 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 52 |
Tagesordnungspunkt | Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz |