28.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 53 / Tagesordnungspunkt 22

Christian HaaseCDU/CSU - Änderung des GG - Bildung, Bau, Verkehr

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir ebnen heute den Weg für eine Ausweitung der Mitfinanzierungsmöglichkeiten des Bundes bei Aufgaben in Trägerschaft von Ländern und Kommunen. Das betrifft zum Beispiel die Digitalisierung im Schulbereich. Hierbei handelt es sich um eine Herausforderung, die Länder und Kommunen unter optimalen Finanzbedingungen allein meistern könnten und müssten. Diese optimalen Bedingungen sind zwar bei den Ländern, aber längst nicht in allen Kommunen gegeben. Daher begrüßen wir grundsätzlich den Ansatz unserer Bundesbildungsministerin, den Ländern und Kommunen mit dem DigitalPakt in den kommenden fünf Jahren 5 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Das ist ein wichtiges Signal für Eltern und Schulkinder, aber auch für Länder und Kommunen.

Die Länder sind jetzt aufgefordert, lösungsorientiert die Bund-Länder-Vereinbarungen zum DigitalPakt zu verhandeln und diese Verhandlungen auch zügig zum Abschluss zu bringen. Es geht vor allem auch darum, dass die Kommunen mit den Folgekosten der anstehenden Investitionen aus Betrieb und Wartung nicht alleine gelassen werden. Hier sind die Länder in der Pflicht, sonst nutzt die schönste Grundgesetzänderung am Ende nichts.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das großzügige finanzielle Engagement des Bundes ist für viele Kommunen eine große Hilfe. Aber: Mischzuständigkeiten und Mischfinanzierung führen zu keiner Klärung von Verantwortung. Im Gegenteil: Sie wirken als goldene Zügel und untergraben letztendlich die kommunale Selbstverwaltung, und das darf nicht sein, meine Damen und Herren. Und wer Geld gibt, will verständlicherweise am Ende des Tages auch wissen, wofür dieses Geld ausgegeben worden ist. Wir beschwören immer wieder das Konnexitätsprinzip. Zum Prinzip der Konnexität gehört auch, auf die Kontrollmöglichkeiten des Bundes hinzuweisen und nicht auf sie zu verzichten. Das ist im Prinzip wie beim Schützenfest: Wer die Musik bestellt, der bezahlt; aber wer bezahlt, will auch wissen, welche Musik gespielt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der AfD: Ja, genau!)

Dass die Bundesländer zwar einerseits die Finanzmittel des Bundes, zum Beispiel den DigitalPakt, herbeisehnen, auf der anderen Seite aber Steuerungs- und Kontrollrechte des Geldgebers ablehnen, konterkariert deshalb das Konnexitätsprinzip.

Wenn die Länder ihrer Verantwortung nachkämen und die Kommunen auskömmlich finanziell ausstatten würden, könnten wir uns eine Ausweitung der Mitfinanzierungskompetenz des Bundes in einem ureigenen Länderaufgabengebiet sparen. Dann würde jede Ebene ihre Aufgabe wahrnehmen, so wie es in einer früheren Föderalismusreform einmal festgelegt worden ist.

Ziel der Föderalismusreform 2006 ist es gewesen, klare Strukturen und Verantwortlichkeiten in der Aufgabenwahrnehmung zwischen Bund und Ländern zu schaffen. Dieses Ziel war richtig, bleibt richtig, und ist auch in Zukunft richtig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Deshalb wäre die beste Lösung: weiterhin in Deutschland ein Wettbewerbsföderalismus. Wer hat die beste Bildung? Wo klappt es am besten mit dem sozialen Wohnungsbau? Wer kümmert sich am besten um innere Sicherheit, und wer geht mit seinen Kommunen am besten um? Die Länder bekommen ab 2020 mit der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen dafür die finanziellen Mittel an die Hand: jährlich fast 10 Milliarden Euro mehr, und das dynamisch. Dabei fließt auch die Finanzsituation der Kommunen zukünftig deutlicher als bisher in die Berechnung ein.

Die Länder erzielen bereits jetzt deutliche Überschüsse: im Jahre 2017 allein 14 Milliarden Euro. Geld, mit dem sie sich um ihre finanzschwachen Kommunen kümmern könnten, ist also bei den Ländern vorhanden. Mitunter hat man den Eindruck: Es fehlt am Willen, weil es bequemer ist, nach dem Bund zu rufen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Meine Damen und Herren, wir setzen also nur die zweitbeste Lösung um. Bereits bei der Einfügung des Artikels 104c Grundgesetz hatten die Kommunalen davor gewarnt, dass aus der erweiterten Mitfinanzierungsmöglichkeit des Bundes bei der Bildungsinfrastruktur finanzschwacher Kommunen keine Allgemeinzuständigkeit des Bundes für die Probleme vor Ort werden darf. Das Argument, die Menschen würden es nicht verstehen, dass der Bund nicht für marode Schulen zuständig sei, lässt sich genauso auf marode Straßen und Brücken, andere öffentliche Einrichtungen oder geschlossene Schwimmbäder ausdehnen. Sägen die Länder mit ihren Forderungen also am Ast des Föderalismus, auf dem sie selbst sitzen?

(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Ja!)

Lässt sich das Vertrauen in einen Staat stärken, wenn Zuständigkeiten verwässert werden? Ich denke: Nein, meine Damen und Herren. Deshalb gilt: Am Grundsatz, dass für angemessene Finanzausstattung der Kommunen die jeweiligen Bundesländer verantwortlich sind und bleiben, darf sich auch nach der anstehenden Grundgesetzänderung nichts ändern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Albrecht Glaser [AfD])

Und eines, meine Damen und Herren, muss auch klar sein: Wenn der Bund Mittel für die Kommunen zur Verfügung stellt, müssen diese ungekürzt und zusätzlich vor Ort ankommen. Kommunalmittel sind kein Beitrag zur Konsolidierung von Landeshaushalten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine gekürzte Weiterleitung der Bundesmittel oder eine Verrechnung im Zuge des kommunalen Finanzausgleichs sind ebenso inakzeptabel wie der Ersatz von Landesmitteln durch Bundeshilfen, beispielsweise bei Investitionszuschüssen. Machen Länder nicht? – Doch, meine Damen und Herren! Alles schon vorgekommen.

Die in diesem Jahr erstmals greifende Kommunalentlastung in Höhe von eigentlich 5 Milliarden Euro ist dafür symptomatisch. Auf Druck der Länder werden 1 Milliarde Euro über die Landeshaushalte und nicht direkt an die Kommunen verteilt. Eine vollständige Weiterleitung an die Kommunen erfolgt aber längst nicht in allen Ländern. Besonders dreist fallen Rheinland-Pfalz und Brandenburg auf: Der überwiegende Teil des über das Land weitergeleiteten Geldes – nämlich 77 Prozent in Rheinland-Pfalz und 80 Prozent in Brandenburg – verbleiben im Landeshaushalt und werden nicht an die Kommunen weitergeleitet. Ich nenne das unredlich, meine Damen und Herren, und so darf es hier nicht weitergehen!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Liebe Länder, behandeln Sie Ihre Kommunen, wie Sie selbst behandelt werden wollen! Bewahren Sie den Schatz der kommunalen Selbstverwaltung! Denn ohne Kommunen ist kein Staat zu machen.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Ich erteile der Kollegin Katja Suding, FDP-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7276715
Wahlperiode 19
Sitzung 53
Tagesordnungspunkt Änderung des GG - Bildung, Bau, Verkehr
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta