28.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 53 / Tagesordnungspunkt 23

Peter BoehringerAfD - Besicherung von Target-Forderungen

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der deutsche TARGET-Saldo hat einen bei einem Verrechnungskonto völlig wesensfremden Stand von 900 Milliarden Euro erreicht. Das TARGET-System hat sich heute faktisch – ich betone: faktisch – zum größten, wenn auch unerklärten Euro-Rettungsvehikel entwickelt.

(Beifall bei der AfD)

Jede hier heute gemachte Gegenbehauptung ist widerlegbar. Wir werden im Ausschuss alles eins zu eins widerlegen.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Erst im Ausschuss? Warum nicht jetzt?)

– Im Ausschuss.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Haben Sie jetzt keine Ahnung und müssen erst nachlesen?)

Trotzdem hat sich dieses Instrument seit Jahren jeder demokratischen Kontrolle entzogen. TARGET war seit Einführung vor 20 Jahren bislang im Bundestag noch nie Gegenstand.

(Zuruf von der AfD: Skandal!)

Erst dieser Antrag bringt es auf die Tagesordnung. Heute, 20 Jahre später, ist es so weit: Der Bundestag bekommt mit unserem Antrag erstmals Gelegenheit, über dieses gefährliche Kontensystem wenigstens zu debattieren und über den EU-Rat auch Einfluss zu nehmen.

(Beifall bei der AfD)

Die Explosion des TARGET-Saldos begann 2007. Die Bundesbank selbst hat die Öffentlichkeit damals nicht darüber informiert. Dabei war diese Risikoposition schon damals skandalös anschwellend. Es bedurfte eines schon lange emeritierten ehemaligen Bundesbankpräsidenten, um Alarm zu schlagen.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fehlalarm!)

Professor Schlesinger war 2010 der Erste, der dieses Thema adressiert hat. Er, Professor Sinn und dann in der Folge wir Blogger mussten die Öffentlichkeit jahrelang über dieses Risiko aufklären –

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Sie sind ein Held, ein ganz großer Held!)

gegen erbitterten Widerstand der aktiven Banker des Bundesbankvorstands.

Wie aber soll man Bankern helfen, die nicht in der Lage sind, ein Problem zu erkennen,

(Marianne Schieder [SPD]: Weil es keines gibt!)

wenn ein Verrechnungssystem zu einer für Deutschland unbeherrschbaren, bald billionenschweren Kreditquelle für Ausländer mutiert? Der Bundesbankvorstand bestreitet das TARGET-Milliardenrisiko mit dem realitätsfernen Hinweis darauf, dass der Euro unsterblich sei.

(Heiterkeit des Abg. Jürgen Braun [AfD] – Fabio De Masi [DIE LINKE]: Ihr Schwachsinn ist auch unsterblich!)

Das sage ich am heutigen Tag, an dem in Italien wegen des neuen verrückten Haushalts, den die Regierung vorgestellt hat, gerade wieder Chaos am Bondmarkt herrscht. TARGET als risikofreie Saldierungsgröße abzutun, kommt einer Ablehnung ordentlicher Bilanzbuchführung gleich und damit einer Leugnung der hinter den Salden stehenden ökonomischen Zusammenhänge.

(Beifall bei der AfD)

Die AfD-Fraktion verlangt von uns allen als Vertreter der deutschen Steuerzahler im Parlament ein verantwortungsvolleres Verhalten. Und nein: Es ist kein Ausweis ökonomischer Verantwortung, wenn man wie neulich an dieser Stelle Kollege Binding ernsthaft und trotzig sagt: Forderungen sind erst dann ein Problem, wenn man sie fällig stellt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Herr Binding, Sie sprechen ja gleich. Aber ja: Auch Plutonium in der Atombombe ist völlig harmlos, solange niemand den Zünder drückt.

(Beifall bei der AfD)

Dieses komplette Ausblenden von Risiken, das wir heute schon an anderer Stelle gehört haben, ist infantile Vogel-Strauß-Politik.

(Marianne Schieder [SPD]: Unsinn bleibt Unsinn!)

Auch die SPD und andere Fraktionen – das sage ich auch in Richtung CSU – müssen endlich einmal das Zerstörungspotenzial von faulen Krediten verstehen.

(Beifall bei der AfD)

TARGET2 ist ein superteures Ventil – ja, es ist nur ein Symptom; das, was hier heute gesagt wurde, ist richtig – zur Verlängerung der Lebenslüge des fehlkonstruierten Euro. Der Euro ist tatsächlich die Ursache; das ist richtig, da gebe ich Ihnen recht. Ohne den Euro müsste es keine steuerbesicherte Kreditvergabe ohne Fälligkeitsdatum, ohne Tilgungsverpflichtungen und ohne Verzinsung geben.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Kreditvergabe!)

– Oh ja. – Internationale Geldtransaktionen würden dann vom privaten Interbankenmarkt ausgeführt – wie immer, seit Jahrzehnten, ich könnte sogar sagen: seit Jahrhunderten.

Lieber Frank Schäffler, liebe Frau Steffen oder Herr Schick, Sie haben alle gesagt: Es gab eine Welt vor TARGET2. Es gab sie. Es konnte auch damals international gehandelt werden.

(Marianne Schieder [SPD]: Es gab auch eine Welt vor der AfD!)

Auch der Freihandel war ohne TARGET2 möglich. Es ist völlig absurd, hier das Gegenteil zu behaupten.

(Beifall bei der AfD)

TARGET schaltet planwirtschaftlich die angemessene Risikoprämie der Länder aus. Keine marktwirtschaftlich agierende Bank würde solche Kredite vergeben.

Ich zitiere jetzt noch den Wirtschaftsrat der CDU, auf den Sie hören sollten: Es ist eine „demokratisch nicht legitimierte“, „erzwungene Umverteilung“ per „Goldener Kreditkarte“. – Ihr eigener Wirtschaftsrat sagt das. Da hat er recht.

(Beifall bei der AfD)

Unser Antrag schlägt mit der Besicherung der Forderungen eine Lösung vor. Wir sind auch für andere Vorschläge, die teilweise schon angeklungen sind, und zwar zu Recht angeklungen sind, offen. Aber das hier ist ein durchdachter Lösungsvorschlag. Vielleicht gibt es auch andere, vielleicht sogar bessere. Wir nehmen Gold und auch andere Sicherheiten an. Wir akzeptieren auch Obergrenzen. Aber das ist der im Raum stehende Vorschlag. Viel Erfolg in den Ausschussdebatten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Kollege Lothar Binding.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. André Berghegger [CDU/CSU])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7276742
Wahlperiode 19
Sitzung 53
Tagesordnungspunkt Besicherung von Target-Forderungen
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