28.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 53 / Tagesordnungspunkt 25

Cansel KızıltepeSPD - Finanzkrisenprävention

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jubiläen wie der Zusammenbruch von Lehman Brothers sollten uns zum Nachdenken anregen. Vor zehn Jahren hat sich die Finanzbranche verzockt, verstand ihre eigenen Produkte nicht mehr und drohte uns alle mit in den Abgrund zu reißen. Das darf nicht noch einmal passieren. Um das zu verhindern, haben wir richtige Schritte unternommen, am Ziel sind wir aber noch lange nicht angekommen.

(Beifall bei der SPD)

Ein wichtiger Schritt war die Schaffung der Bankenunion, liebe Kolleginnen und Kollegen. Damit haben wir nicht nur die systemrelevanten Banken unter die notwendige Aufsicht gestellt, sondern auch gemeinsame Regeln für Europa geschaffen. Kein Finanzinstitut musste vor der Krise Stresstests durchlaufen, Abwicklungspläne aufstellen und so hohe Anforderungen für Eigenkapital erfüllen, wie das heute der Fall ist. Außerdem gibt es jetzt einen Abwicklungsfonds, der mit einer Bankenabgabe finanziert wird, und Eigenkapitalvorschriften, die eine Beteiligung sicherstellen. Mit den neuen Regeln wollen wir eins sicherstellen: Eigentümer von Banken müssen die Kosten der Rettung tragen – nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Außerdem gehen wir seit der Finanzkrise massiv gegen Steuerhinterziehung und ‑vermeidung vor; denn die Krise hat uns eines gelehrt: Nur ein gut finanzierter Staat kann im Zweifelsfall handeln und die Wirtschaft vor den Folgen der Zockerei retten. Die BEPS-Initiative der OECD ist hier ein wichtiger Schritt. Einige Maßnahmen wurden bereits umgesetzt, wie Länderberichte von multinationalen Konzernen und neue Standards bei Verrechnungspreisen. Andere setzen wir demnächst um, wie zum Beispiel die Anzeigepflicht für Steuergestaltungen und eine bessere Besteuerung von digitalen Unternehmen.

(Beifall bei der SPD)

Doch wir müssen auch feststellen: Diese Maßnahmen reichen nicht aus. Viele Menschen teilen das Gefühl, dass die Banker und die Finanzindustrie viel zu gut weggekommen sind. Das hat den Nährboden für den Populismus, für Populisten wie die AfD geschaffen. Antworten bieten sie zwar nicht, aber sie nutzen den Frust der Menschen. Deswegen dürfen wir die Finanzelite nicht von der Angel lassen; und das werden wir auch nicht tun.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen auch eine Finanztransaktionsteuer. Wir als SPD kämpfen seit Jahren für deren Einführung und haben sie in den Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode hineinverhandelt. Doch der Kampf, wie sich zeigt, erweist sich als schwierig. Immer wieder werden uns Steine in den Weg gelegt. Die Finanzlobby wehrt sich mit Händen und Füßen. Ihr kommt dabei zugute, dass wir eine wirksame Finanztransaktionsteuer eben nur auf europäischer Ebene umsetzen können. Doch wir dürfen und wir wollen uns davon nicht abhalten lassen. Mit der Finanztransaktionsteuer stellen wir nämlich sicher, dass die Krisenverursacher auch für die Kosten der Krise verantwortlich gemacht werden und sich an den Kosten für das Gemeinwohl beteiligen. Wenn uns die Einführung in Europa nicht gelingt, dann müssen wir eben in Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen aber auch Entwicklungen im Finanzbereich beobachten, wir müssen aufmerksam sein; denn Finanzmarktentwicklungen sind nicht statisch, sondern dynamisch. Wir müssen immer wieder gucken, was schiefläuft, wo Lücken gesucht und auch gefunden werden.

Im Moment sollten uns insbesondere die Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt Sorgen machen. Seit der Finanzkrise stürzt sich die Industrie auf Wohnungen in Deutschland. Sie pumpt den Sektor mit Geld voll. Leider entstehen dadurch kaum neue Wohnungen, sondern bestehende Mietwohnungen werden immer mehr zu Kapitalanlagen und handelbaren Waren. Das treibt wiederum die Preise in die Höhe. Das gefährdet nicht nur die Finanzstabilität, sondern verdrängt auch Menschen aus ihren Wohnungen. Wohnen ist keine Ware. Das kann und darf nicht sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir sollten auch nicht vergessen: Die Finanzkrise hat auf dem amerikanischen Häusermarkt angefangen. Aber nicht nur das: Finanzkrisen zeigen auf dem Wohnungsmarkt auch ihr hässlichstes Gesicht. Wir müssen nur an die Menschen in Spanien denken, die ihre Häuser, ihre Wohnungen verloren haben. Damit wir solche Szenen nicht in Deutschland haben, braucht die Finanzindustrie klare und strenge Regeln für den Immobiliensektor. Das, was auf dem Wohngipfel beschlossen wurde, nämlich das Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, ist ein erster wichtiger Schritt.

Wir müssen aber auch Steuerschlupflöcher wie die Share Deals, mit denen die Grunderwerbsteuer umgangen wird, schließen.

(Beifall bei der SPD)

Auch das haben wir als Sozialdemokraten in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt. Das wurde auf dem Wohngipfel beschlossen, und das ist auch gut so.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen: Wir arbeiten national wie europäisch und international, um Finanzkrisen in Zukunft vorzubeugen. Wir wollen die Finanzwende. Unterstützen Sie uns dabei! Ich freue mich auf die Diskussion im Finanzausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Für die FDP-Fraktion hat das Wort die Kollegin Bettina Stark-Watzinger.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7276782
Wahlperiode 19
Sitzung 53
Tagesordnungspunkt Finanzkrisenprävention
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