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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Zuschauertribünen! Zur Beratung steht der Antrag der AfD-Fraktion zum Thema Islam und die angeblich untrennbar mit ihm verbundene Scharia. Es ist wieder ein Antrag, der spät kam und der dem Parlament am besten erspart geblieben wäre, ein Antrag, dessen Ziel unpräzise mäandert zwischen Religionspolitik und Berufung auf Rechtsstaatlichkeit.

Konzentrieren wir uns für die Analyse dieses Antrags einmal auf Letzteres. Dieser Antrag zeigt mal wieder: Die AfD hat tiefgreifende Probleme, unsere rechtsstaatliche Ordnung zu verstehen.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Eva Högl [SPD] und Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dabei befassen sich Ihre Mitglieder doch nahezu täglich selbst mit dem Austesten der rechtlichen Grenzen und sollten Erfahrung damit haben, wie der Rechtsstaat verfährt. Deshalb sollten auch Sie inzwischen die Definition der demokratischen Grundprinzipien ebenso verstanden haben wie die Frage, was in diesem Land erlaubt und was verboten ist. Wenn die Initiatoren des Antrags das selbst nicht wussten, könnte eventuell Herr Brandner versuchen, eine kleine Vorlesung dazu zu halten – Herrn Brandners Name findet sich auf diesem juristisch mangelhaften Antrag nicht; warum?

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Das, was Sie als Appell formulieren, ist schlicht überflüssig.

Angesprochen wurde: Durch das Bundesministerium des Innern wurden 20 Vereinsverbote in den letzten Jahren ausgesprochen. Sieht so fehlende Aktivität aus? Wohl nicht.

Wieder einmal belästigen Sie uns mit einem schlampigen Antrag, den Sie aus durchsichtigen, auf Ihrer Ideologie fußenden Gründen stellen. Vielleicht versuchen Sie es zur Abwechslung mal mit der Realität. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gibt da klare Hinweise. Artikel 4 des Grundgesetzes:

Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

Daraus folgt das staatliche Neutralitätsgebot. Eine Religionsgemeinschaft darf ihren Glauben nach innen leben, soweit dies ohne Zwang und im Einklang mit der Rechtsordnung geschieht. Mehr noch, es ist den staatlichen Stellen untersagt, Glaubensinhalte vor dem Hintergrund eines Verbots als richtig oder falsch zu bewerten, selbst wenn diese mit grundlegenden Verfassungsprinzipien in Widerspruch stehen. Aber sobald jemand aus seiner Religion Verhalten ableitet, das mit der Rechtsordnung des Grundgesetzes in Widerspruch steht, findet das Grundrecht der freien Religionsausübung eine unüberwindliche Schranke in der allgemeinen Rechtsordnung.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Jeden Tag merken wir das!)

Ich darf hierzu meinen früheren Bielefelder Staatsrechtslehrer und ehemaligen Verfassungsrichter, Professor Dr. Grimm, in der „FAZ“ vom 22. April 2016, zitieren:

Kein Glaube muss mit dem Grundgesetz vereinbar sein, aber nicht alles, was ein Glaube fordert, darf unter dem Grundgesetz verwirklicht werden.

Mit dem hier Gesagten dürften doch die Mängel Ihres Antrags offensichtlich sein.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Sie hätten sich entscheiden müssen, rechtlich oder religionspolitisch zu argumentieren. Beides ist Ihnen misslungen. Es ist eine Frechheit, den Bundestag mit einem solchen wirren Antrag zu überziehen. Auch ein Eiferer wie Sie, Herr Curio, sollte sich zumindest die Mühe machen, anhand der existierenden Rechtsordnung zu argumentieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU] und Dr. Jürgen ­Martens [FDP]) – Zuruf von der LINKEN: Setzen, sechs!)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Filiz Polat, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7280215
Wahlperiode 19
Sitzung 55
Tagesordnungspunkt Islam
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