Johannes FechnerSPD - Islam
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Tribünen! Einmal mehr zeigt die AfD mit diesem Antrag, dass es ihr tatsächlich nicht um die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger geht. Der AfD geht es nur darum, pauschal alle Muslime als Gewalttäter zu verunglimpfen. Einmal mehr geht es Ihnen von der AfD nur darum, gegen Flüchtlinge und Muslime zu hetzen. Und das lassen wir Ihnen auch heute nicht durchgehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Mit Ihrem Antrag wollen Sie glauben machen, die Scharia würde in Deutschland gelten und vor allem die Mehrheit der Muslime würde der Scharia folgen. Aber das ist völliger Unsinn. In Deutschland gilt das Grundgesetz; das ist auch gut so. In Deutschland gilt die freiheitlich-demokratische Grundordnung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Das zeigt sich etwa am Fall der sogenannten Sharia Police in Wuppertal. Dort, in Wuppertal, hatten sich einige Männer als „Sharia Police“ bezeichnet, und sie patrouillierten in den Straßen. Dann gab es in der Tat erst juristische Unklarheiten. Aber jetzt ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes klar: Wer sich in Deutschland als Scharia-Polizei bezeichnet und patrouilliert, der macht sich strafbar. Das zeigt ganz klar und deutlich, dass die Scharia als Rechtsgrundlage in Deutschland überhaupt keine Chance hat. Bei uns gilt der Rechtsstaat. Er wehrt sich, und er funktioniert.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN und der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
An diesem einfachen Beispiel zeigt sich: Es gelten bei uns die Werte unseres Grundgesetzes. Auch haben wir die Kinderehen verboten. Wir dulden keine Paralleljustiz. Vor allem Gewalttaten verfolgen wir, und zwar egal, ob sie von Islamisten, Rechtsradikalen oder Linksradikalen verübt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Besonders bemerkenswert finde ich, dass gerade die AfD unsere Sicherheit und unseren Rechtsstaat durch die Scharia bedroht sieht. Ich finde, die Sicherheit in unserem Land ist eher bedroht durch eine Partei, durch eine Fraktion, die in ihren Reihen einen Staatsanwalt duldet, dem wegen Hetze der Beamtenstatus aberkannt wurde,
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Pfui!)
die in ihren Reihen einen verurteilten Gewalttäter duldet,
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Noch schlimmer!)
die in Thüringen einen Landtagsabgeordneten duldet, der wegen Betruges verurteilt wurde, und in Brandenburg einen, der wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde.
(Stephan Protschka [AfD]: Ihr habt Kinderschänder in der Partei! Und jetzt?)
So etwas bedroht die freiheitlich-demokratische Grundordnung viel mehr als die Scharia, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Der Gipfel der Verlogenheit ist, dass Sie in diesem Antrag vor islamistischen Gewalttaten warnen – gerade Sie, die Sie Seit’ an Seit’ mit Neonazis und Rechtsradikalen in Chemnitz und anderswo marschieren. Klären Sie erst einmal Ihr Verhältnis zu rechtsradikalen Gewalttätern, bevor Sie Muslimen Gewalttaten vorwerfen, meine Damen und Herren von der AfD!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die größere Bedrohung für die Sicherheit sind mit Sicherheit Sie, ist nicht die Scharia in Deutschland.
(Lachen bei der AfD)
Wenn Ihnen dieses Thema tatsächlich wichtig wäre und wenn Sie es tatsächlich nicht nur auf Show ankommen lassen würden, dann würden Sie eigene Vorschläge bringen. Stattdessen betteln Sie nur kraftlos die Bundesregierung an, irgendwelche Maßnahmen, die aus Ihrer Sicht notwendig sein sollen, zu präsentieren.
(Stephan Protschka [AfD]: „Betteln“? Ha, ha!)
Sie bringen keine eigenen Vorschläge. Das liegt daran, dass auch Sie genau wissen: Es gibt keinen Grund, sich zu sorgen, dass die Scharia in Deutschland nennenswerten Einfluss hat. Wir haben einen starken Rechtsstaat, und das ist auch gut so, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Wir haben in der letzten Wahlperiode eine Menge Gesetze gemacht. Wir haben die Kinderehen verboten. Wir haben die Gesetze gegen islamistischen Terrorismus verschärft. Wir haben beim Generalbundesanwalt neue Stellen zur Bekämpfung von islamistischem Terror geschaffen. All das zeigt: Wir wehren uns gegen Terrorismus und Extremismus, und zwar egal von welcher politischen Seite.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Deutschland ist eine wehrhafte Demokratie, von wo auch immer der Angriff kommt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Schließlich: Sie kritisieren in Ihrem Antrag, dass die Bundesregierung sich nicht klar genug zur Scharia und zum Islam äußern würde. Das ist völliger Unsinn. Ich möchte die Bundesjustizministerin Katarina Barley aus der „Zeit“ zitieren.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD], an die AfD gewandt: Das ist übrigens eine Zeitung!)
Sie hat es dort im März dieses Jahres ganz klar auf den Punkt gebracht – ich zitiere:
Der Staat setzt das Recht. ... Darüber gibt es ... keine zwei Meinungen.
Klarer kann man es nicht auf den Punkt bringen. Deshalb ist Ihr Antrag auch in dieser Hinsicht vollkommen unnötig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der AfD-Antrag will Muslime pauschal als Scharia-gläubige Gewalttäter abstempeln, und er hat nur zum Ziel, Vorurteile gegen Muslime zu befeuern. Dem ist in aller Deutlichkeit zu widersprechen, auch wenn es in Deutschland islamistische Bedrohungen und Terrorismus gibt:
(Zurufe von der AfD: Aha! – Oh! – Ehrlich?)
Die große Mehrheit der Muslime lebt anständig bei uns. Deshalb: Hören Sie auf, das friedliche Zusammenleben der Menschen in Deutschland mit derart unsinnigen Anträgen zu stören und das Zusammenleben der Menschen zu behindern, indem Sie sie gegeneinander aufhetzen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat die Abgeordnete Christine Buchholz für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 19 |
Session | 55 |
Agenda Item | Islam |