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Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider ist diese Debatte – mit wenigen Ausnahmen an Rednern – zum wiederholten Male ein eindrückliches Beispiel dafür, warum Bürger dieses Landes immer wieder den Eindruck haben, dass sich ihre Lebenswirklichkeit in diesem Hause nur unzureichend widerspiegelt.

(Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Das liegt an der AfD!)

Man muss der Ansicht der AfD mitnichten folgen. Man muss sachlich mit den Anträgen umgehen und ansonsten Kinkerlitzchen-Spielchen über Sandförmchen unterlassen. Das müssen wir unbedingt.

Lassen Sie mich daher eine Frage stellen: Gehört die Scharia in all ihren Varianten, wenn Sie mögen, zu Deutschland? Die Antwort lautet: Leider ja. – Bereits 2011 warnten die Juristen Joachim Wagner und Seyran Ates, dass sich im Schatten des deutschen Rechtsstaates eine islamische Paralleljustiz etabliert hat – immerhin geben einige von Ihnen das sogar zu –, mit Friedensrichtern und sogar mit staatlicher Zusammenarbeit deutscher Behörden mit Imamen. Der Rechtsstaat hat sein Gewaltmonopol nicht nur in Stadtgebieten wie Neukölln, sondern heimlich, still und leise an vielen Orten unseres Landes abgegeben und vor der Scharia – egal in welcher Variante – kapituliert.

Um es ganz unmissverständlich zu sagen: Der Islam ist nicht deckungsgleich mit Kulturmuslimen, die säkularisiert sind, die unsere Rechtsprechung als maßgeblich ansehen. Aber wenn wir vor der Scharia einknicken – und da ist es egal, ob es ein Drittel sind oder 40 Prozent; da ist jeder einer zu viel –, dann verraten wir gerade jene Menschen, die sich von dieser religiösen Bevormundung befreit haben, und erweisen genau diesen aufgeklärten Menschen einen Bärendienst.

Und ja, fragen Sie doch die Experten, die Religionswissenschaftler: Die Utopie des Euroislam oder des deutschen Islam – das ist längst bewiesen, ist längst diskutiert –: Ihn gibt es nicht, und es wird ihn auf absehbare Zeit nicht geben. Selbst der Vordenker des Euroislams Bassam Tibi sieht diese Idee als gescheitert an. Das sollten wir als Politiker zur Kenntnis nehmen und nicht so tun, als wüssten wir es besser.

Im Übrigen: Schon Thomas Mann legte dem Jesuiten Naphta die Worte in den Mund: Ein liberalisierter Islam, das ist aufgeklärter Fanatismus. – Und wenn Sie ein aktuelles Beispiel bevorzugen: Ein Blick in die ehemalig laizistische Türkei genügt. Es sitzen genug Kollegen im Haus, die die Zustände in der Türkei sehr zutreffend kritisieren. Daraus folgt, dass es ebenso verkehrt ist, alle Muslime über einen Kamm zu scheren, wie den Islam und seine blutige Vergangenheit sowie Gegenwart zu verharmlosen und somit maßgeblich durch Wegschauen zum deutschen Antisemitismusproblem beizutragen.

Wenn es Ihnen also um ein friedliches rechtsstaatliches Zusammenleben in Deutschland geht, dann lassen Sie uns Behörden und Justiz in der konsequenten Anwendung unseres Rechtssystems bestärken. Sogenannte Kulturrabatte darf es dann nicht geben. Genau die sind aber Realität in Deutschland.

(Beifall des Abg. Mario Mieruch [fraktionslos])

Das Wort hat der Kollege Dr. Lars Castellucci für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7280229
Wahlperiode 19
Sitzung 55
Tagesordnungspunkt Islam
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