11.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 55 / Tagesordnungspunkt 5

Katja MastSPD - SGB II - Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf den Besuchertribünen und zu Hause an den Bildschirmen! An die FDP gerichtet: Ich hätte mich wirklich gefreut, wenn Sie einmal eigene Vorschläge gemacht hätten. Nachdem Sie, als Sie mit der CDU/CSU in der Regierung waren, den Eingliederungstitel zusammengespart haben und die Instrumente zur Unterstützung von Langzeitarbeitslosen reduziert haben, stellen Sie sich hierhin und geben keine einzige Antwort. Das ist wirklich schade an dieser Stelle.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Das stimmt nicht! Was ist denn da reduziert worden, Katja?)

Zu meiner Vorrednerin: Viele Punkte werden wir im parlamentarischen Verfahren diskutieren, weil sie ein sehr gutes Gesetz noch besser machen würden. Deshalb: Schauen wir mal, was in zweiter und dritter Lesung herauskommt.

Ich will Ihnen zu Anfang etwas erzählen, was mir begegnet ist in meiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordnete. Ich habe vor ungefähr zehn Jahren bei der städtischen Beschäftigungsgesellschaft in Pforzheim eine ungefähr so groß geratene Frau wie ich, etwas stämmig, etwa 55 Jahre alt, kennengelernt, die mir von ihrem Alltag als Langzeitarbeitslose erzählt hat.

(Abg. Pascal Kober [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Kollegin Mast, ich unterbreche Sie jetzt ungern.

Nein, ich möchte das gerne fertig erzählen; denn diese Frau hat unsere ganze Aufmerksamkeit verdient. – Die Frau war in einer Arbeitsgelegenheit; diese war kurz davor, auszulaufen. Sie hat gesagt: Endlich habe ich wieder einen Grund, morgens aufzustehen. Ich will arbeiten. Diese Arbeit gibt mir Würde zurück. Frau Mast, was können Sie dafür tun, dass mein Vertrag verlängert wird? Ich will einen Arbeitsvertrag. – Diese Begegnung hat mich über die ganzen Jahre als Abgeordnete begleitet, sie hat mich bewegt, sie hat sich ganz tief in mein Herz eingegraben, weil ich finde: Politik muss dieser Frau eine Antwort geben.

Heute, hier von diesem Redepult, kann ich sagen: Den sozialen Arbeitsmarkt machen wir genau für diese Frau und für viele andere Menschen in der Bundesrepublik Deutschland, damit sie endlich soziale Teilhabe bekommen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb will ich mich an dieser Stelle auch nicht unterbrechen lassen, wenn ich über Bürgerinnen und Bürger spreche. Ich will betonen, dass wir zum allerersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland kein erneutes Beschäftigungsprojekt – immer und immer wieder – für diese Langzeitarbeitslosen machen, sondern wir machen endlich ein Gesetz. Wir organisieren Arbeit in Würde mit einem Arbeitsvertrag; auch das war der Frau wichtig. Keine Arbeitsgelegenheit, bei der man 1 oder 1,50 Euro obendrauf kriegt, sondern die Menschen bekommen einen Arbeitsvertrag. Und wir ermöglichen echte Teilhabe am richtigen Arbeitsmarkt, nicht durch irgendwelche Scheinbeschäftigungen und Projekte, sondern durch würdevolle Arbeit.

Deshalb ist es auch ein großer Paradigmenwechsel, den wir hier heute vornehmen. Es ist für mich eine große Zeitenwende in der Sozialpolitik, auch weil wir Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren, den Passiv-Aktiv-Transfer endlich Realität werden lassen; das finde ich einen ganz wichtigen Punkt. Deshalb finde ich es wichtig, hier von diesem Redepult den Menschen in der Bundesrepublik Deutschland auch zu sagen, dass wir da weitergehen.

Für uns in der SPD war es lange unverständlich, warum es so lange gedauert hat, unseren Koalitionspartner davon zu überzeugen, dass wir dieses Gesetz ändern müssen; denn es ist eine pragmatische Antwort auf echte Probleme in dieser Republik. Ich weiß, dass viele meiner Genossinnen und Genossen in der SPD diesem Koalitionsvertrag zugestimmt haben, weil der soziale Arbeitsmarkt drinsteht. Sie haben gesagt: Wir müssen uns den Menschen zuwenden und dafür sorgen, dass es ein Miteinander gibt. Wir dürfen sie nicht in der Isolation zu Hause sitzen lassen, alimentieren, aber sagen: Würdevolle Arbeit gibt es für dich – auch als Vorbild für deine Kinder – in dieser Republik nicht. Deshalb bin ich froh, dass ich dieses Gesetz heute hier im Deutschen Bundestag einbringen kann. Ich bin froh, dass unser Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil mit seinem Haus das ermöglicht hat.

Wir diskutieren in dieser Woche ja noch über vier weitere große Gesetzentwürfe aus seinem Haus, wo es um andere Punkte geht. Das ist eben genau das, was sozialdemokratische Politik für dieses Land ausmacht: uns den Menschen zuzuwenden und ein Miteinander zu organisieren. Ich bin froh, dass wir das heute auf den Weg bringen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Kober das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/cvid/7280246
Wahlperiode 19
Sitzung 55
Tagesordnungspunkt SGB II - Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose
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