11.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 55 / Tagesordnungspunkt 7

Alexander Graf LambsdorffFDP - Bundeswehreinsatz zur Bekämpfung des IS-Terrors

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als wir im März hier zusammengekommen sind, um über dieses Mandat zu sprechen, um es bis Ende Oktober dieses Jahres zu verlängern, hatte meine Fraktion einen Kritikpunkt und vier Unklarheiten identifiziert. Der Kritikpunkt bezog sich auf die Zusammenlegung der Mandate Anti-IS, also der Mandate für den Kampf gegen den IS-Terrorismus, mit dem Mandat „Stabilisierung des Irak über Stabilisierung im Zentralirak“.

Die Unklarheiten, die wir in Bezug auf diesen zweiten Teil identifiziert haben, waren die innenpolitische Situation im Vorfeld der Wahl. Es war die Frage: Wie geht es weiter mit den Kurden? Es war die Frage der Popular Mobilization Forces der schiitischen Milizen im Irak, und es war die Frage der im Entstehen begriffenen ­NATO-Mission. Wir haben uns deswegen damals enthalten, weil das Ja meiner Fraktion zum Anti-IS-Einsatz unzweifelhaft bis auf den heutigen Tag da ist. Wir unterstützen den Kampf gegen diese Geißel der Menschheit nach wie vor ohne jeden Abstrich.

Trotzdem wird das Mandat erneut kombiniert vorgelegt. Es ist erneut ein Mandat, mit dem zwei völlig unterschiedliche Aufgabenbereiche zusammengeschmissen werden. Der zweite Teil enthält nach wie vor eine ganze Reihe von Unklarheiten.

Das Verhältnis der Bundesregierung zur irakischen Zentralregierung ist deswegen unklar, weil es noch keine irakische Regierung gibt. Die Regierungsbildung ist noch nicht abgeschlossen. Wie es in der Innenpolitik mit dem Verhältnis der Autonomieregion Kurdistan im Nordirak zur Zentralregierung weitergeht, weiß man auch nicht, obwohl wir da sagen, dass der Mandatstext im Prinzip in Ordnung ist.

Ein Punkt, der nach wie vor überhaupt nicht geklärt ist, ist die Frage: Was passiert eigentlich mit den Popular Mobilization Forces? Was ist mit den Schiiten? Immerhin haben die Schiiten die Wahl gewonnen. Das Mandat besagt: Wir bilden nur die regulären Streitkräfte aus. – Aber diese PMF sind ja in die regulären Streitkräfte integriert worden. Also auch hier ein großes Fragezeichen.

Der dritte Punkt – das ist im Moment eindeutig der wichtigste –: Im Juli dieses Jahres hat die NATO eine Mission aufs Gleis gesetzt, in der es darum geht, Ausbildung zu leisten, Capacity Building zu betreiben, die Stabilisierung voranzutreiben, der Regierung unter die Arme zu greifen – exakt das gleiche Mandat, das die Bundeswehr jetzt dort hat. Das ist eine wichtige Mission für die NATO.

Herr Maas, Sie haben in Ihrer Rede hier gesagt, Sie wollten den Multilateralismus stärken. Wir haben Ihre anderen Reden gehört. Da sagten Sie, Sie wollten unsere Bündnisse stärken, Sie wollten die internationalen Organisationen stärken. Dazu sagen wir Freien Demokraten Ja. Es macht uns fassungslos, dass die Bundesrepublik Deutschland hier nicht im Rahmen der NATO agiert. Kollege Hardt aus Ihrer eigenen Koalition hat es ja gerade gesagt. Das ist nicht nur ein Schönheitsfehler, lieber Kollege Hardt; das ist ein echtes Problem dieses Mandats.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn man sich mal klarmacht, dass die CDU-Bundestagsfraktion es im Rahmen der NATO machen will, dass das Bundesverteidigungsministerium es im Rahmen der NATO machen will, ja, dass Ihre eigenen Experten aus dem Auswärtigen Amt es im Rahmen der NATO machen wollen,

(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Aber die FDP will es nicht in der Regierung machen!)

dann frage ich mich wirklich: Warum machen wir es dann nicht in der NATO? Dabei schaue ich in die SPD-Bundestagsfraktion.

Wenn ich in die SPD-Bundestagsfraktion schaue, dann sehe ich da keine Hasardeure sitzen, dann wende ich mich direkt an die Kollegen Niels Annen, Rolf Mützenich, Siemtje Möller, Fritz Felgentreu: Was ist los? Warum widersprechen Sie der Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der NATO? Was ist das Problem? Sie sind doch keine Hasardeure.

Aber es reicht nicht, die Zerstörung der multilateralen Ordnung zu beklagen. Wir müssen für diese Ordnung kämpfen – gerade auch angesichts der Lage der transatlantischen Dinge.

Der Satz mag Ihnen bekannt vorkommen. Er stammt aus einem Artikel des Bundesaußenministers. Sie als SPD-Bundestagsfraktion lassen Ihren eigenen Bundesaußenminister im Regen stehen, wenn Sie der Beteiligung der Bundesrepublik an diesem Mandat im Rahmen der NATO nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Florian Hahn [CDU/CSU])

Meine Damen und Herren, es zählt jetzt: Jetzt ist die internationale Ordnung in Schwierigkeiten. Jetzt müssen wir unsere Bündnisse stärken. Jetzt geht es darum, dem Multilateralismus unter die Arme zu greifen. Stimmen Sie dafür, dass unsere Soldatinnen und Soldaten ihren Auftrag im Irak im Rahmen der NATO erledigen können. Lassen Sie Deutschland da nicht alleine handeln, wie wir es sonst den Amerikanern vorwerfen. Ich bin wirklich enttäuscht von Ihrem Verhalten. Ich bin das von Ihnen nicht gewohnt. Bitte kommen Sie zu Sinnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Graf Lambsdorff. – Nächste Rednerin: Sevim Dağdelen für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7280502
Wahlperiode 19
Sitzung 55
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz zur Bekämpfung des IS-Terrors
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