Katrin StafflerCDU/CSU - Europäischer Bildungsraum
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frage, die wir heute hier diskutieren, ist, wenn wir sie runterbrechen, doch: Wie kann die Europäische Union einen echten Mehrwert für die Menschen in diesem Land entwickeln, und wie kann dieser Mehrwert für die Menschen auch spürbar und greifbar werden? Ich habe vor kurzem ein Gespräch zu diesem Thema in meinem Büro gehabt. Ich habe die Frage gestellt: Wo habt ihr in eurem Leben schon einmal einen echten Mehrwert, eine echte Auswirkung durch Europa bemerkt? Von allen drei Mitarbeiterinnen in meinem Büro kam wie aus der Pistole geschossen: Ich habe Erasmus gemacht. – Eine Mitarbeiterin war zum Austausch in Schweden, eine in Litauen, und eine gebürtige Rumänin war zum Austausch in Deutschland. Das Ergebnis daraus? Ich kann heute in meinem Büro von den Erfahrungen, die meine Mitarbeiter in dieser Zeit gemacht haben, profitieren. Für unsere Arbeit hier in Berlin hat Europa also einen konkreten Mehrwert ergeben.
Wenn ich hier in den Saal schaue, sehe ich am Nicken oder am wohlwollenden Schauen der Kolleginnen und Kollegen, dass offensichtlich ganz viele von Ihnen auch schon solche Erfahrungen gemacht haben, wobei – wenn ich so nach rechts schaue – sich die Erkenntnis aber offensichtlich noch nicht überall durchgesetzt hat. Ich kann an der Stelle jedoch verraten: Ich bin sehr gespannt, was Ihnen heute zu diesem Thema einfällt; denn ich habe bislang noch keinen einzigen konkreten Grund gehört, der für mich nachvollziehbar war, warum eine gemeinsame europäische Bildungspolitik schlecht für die Menschen in Europa sein sollte. Wir können gespannt sein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Mir hingegen fallen eine ganze Reihe von Gründen ein, warum gerade im Bereich der Bildung die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene sehr wohl sinnvoll ist. Die Herausforderungen, vor denen die einzelnen EU-Mitgliedstaaten in diesen Tagen stehen, sind komplex. Natürlich bereiten sie den Bürgerinnen und Bürgern in Europa Sorgen hinsichtlich ihrer Zukunft. Und die meisten Themen, die ich hier anspreche, kann ein einzelner Mitgliedstaat kaum oder schwer alleine lösen. Ein Teil der Antwort auf die drängenden Herausforderungen kann und muss aus meiner Sicht sein, dass wir die Menschen fit für den internationalen Wettbewerb machen und ihnen die besten Chancen für ihre persönliche Entwicklung geben. Dabei spielen zum Beispiel die allgemeine und natürlich auch die berufliche Bildung eine zentrale Rolle, weil Bildung aus meiner Sicht der zentrale Schlüssel für die Zukunft jedes Einzelnen in Europa ist.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Natürlich haben wir im Bereich der Bildung zuerst die Hausaufgaben in den einzelnen Staaten zu machen. Es gibt aber aus meiner Sicht sehr wohl Bereiche, in denen wir nur durch die Zusammenarbeit der einzelnen Länder auf europäischer Ebene einen echten Schritt vorankommen können. Aus dem Grund haben sich die Mitgliedstaaten im vergangenen Jahr dazu bereit erklärt, einen europäischen Bildungsraum einzurichten. Dass jeder Europäer überall in der EU lernen, studieren oder forschen kann, ohne dass er von Grenzen behindert wird, das sollte doch nicht nur ein schöner Traum bleiben, sondern wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dass dieser Traum Realität für alle wird. Wie machen wir das möglich?
Ich sehe übergreifend drei Themenbereiche, bei denen es durchaus sinnvoll und aus meiner Sicht notwendig ist, dass wir auf europäischer Ebene zusammenarbeiten: erstens das Thema „Mobilität im Bildungsbereich innerhalb der EU“, zweitens das Thema „Vernetzung der Bildungseinrichtungen“ und drittens: Wir müssen auch hier die Chancen der Digitalisierung nutzen. Im vorliegenden Antrag haben wir Maßnahmen definiert, die wichtige Impulse geben können, damit wir diese drei Ziele erreichen können. Ich möchte ein paar konkrete Punkte herausgreifen.
Zum Thema Mobilität. Wir haben mit dem Bologna-Prozess die Mobilität in der Hochschulbildung erfolgreich erhöht. Diese Kooperation wollen wir jetzt vertiefen. Deshalb fordern wir in unserem Antrag, den Austausch über den DAAD und die Alexander von Humboldt-Stiftung deutlich auszubauen. Ich komme nun zum Programm Erasmus: Es ermöglicht seit über 30 Jahren Studierenden und inzwischen auch Schülern, Auszubildenden, Berufseinsteigern, Lehrern und Dozenten Auslandsaufenthalte. Ich glaube, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass das Programm Erasmus dabei sehr erfolgreich gewesen ist. Von der EU-Kommission gibt es jetzt einen Vorschlag, wie wir ein neues Erasmus-Programm einrichten können. Mit Bezug auf diese Vorschläge fordern wir jetzt Verbesserungen in dem Programm, damit es flexibler wird und die Antragsverfahren einfacher gestaltet werden. Ein Punkt ist uns dabei besonders wichtig, dass nämlich auch die Bereiche „lebenslanges Lernen“, „Erwachsenenbildung“ und „berufliche Bildung“ stärker finanziell Niederschlag finden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die stärkere Vernetzung der Hochschulen innerhalb der EU – der zweite Punkt – ist für uns auch von großer Bedeutung. Durch die stärkere Zusammenarbeit können wir die Wettbewerbsfähigkeit in der Wissenschaft und Forschung erhöhen. Vor diesem Hintergrund wollen wir uns weiterhin stark an der Umsetzung von europäischen Hochschulen beteiligen. Das BMBF hat hier aus meiner Sicht schon gute Vorarbeit geleistet. Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2019 haben wir 7 Millionen Euro eingestellt, die wir dafür verwenden wollen, dass wir Modelle entwerfen, wie diese europäischen Hochschulen umgesetzt werden können. Die Zusammenarbeit im Hochschulbereich – das will ich an dieser Stelle auch noch einmal ganz deutlich sagen – darf und soll nicht vor den EU-Außengrenzen haltmachen. Wir stehen kurz vor dem Brexit. Wir wissen es alle. Es ist uns und auch mir persönlich ein echtes Anliegen, dass das Vereinigte Königreich auch nach dem Ausscheiden aus der Europäischen Union Teil des akademischen und forschenden Europas bleibt. Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass wir die Zusammenarbeit der Hochschulen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich auch nach einem möglichen Brexit weiterführen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Der dritte und letzte Punkt ist das Thema Digitalisierung. Natürlich macht Digitalisierung auch nicht vor den Schulen und Hochschulen halt. Wir müssen die Chancen der digitalen Technologien nutzen, damit wir neue Ansätze für Lernen und Lehren eröffnen können. Ich möchte exemplarisch nur ein Beispiel herausgreifen – auch hier bin ich wieder beim Thema Erasmus –: Es gibt eine ganze Reihe von IT-Produkten und Tools, die wir stetig weiter verbessern müssen. Als Beispiel nenne ich den Ausbau des Onlinesprachkursportals ErasmusplusOLS.eu. Ich glaube, auch hier können wir einen Mehrwert für die Studenten schaffen.
Zusammenfassend ist zu sagen: Wir brauchen mehr Mut zur europäischen Zusammenarbeit im Bereich der Bildung. Die Schaffung des europäischen Bildungsraums wird die Qualität und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Bildungssysteme steigern. Deswegen: Lassen Sie uns an der Stelle geeint und in Vielfalt den europäischen Bildungsraum für die jungen Menschen in Europa realisieren. Ich bitte Sie um Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Marc Jongen für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7280702 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 55 |
Tagesordnungspunkt | Europäischer Bildungsraum |