11.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 55 / Tagesordnungspunkt 9

Jens BrandenburgFDP - Europäischer Bildungsraum

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 800 Meter von der belgischen Grenze entfernt bin ich als junger Europäer aufgewachsen, auf einem wiedervereinigten Kontinent mit offenen Grenzen und Freizügigkeit. Meine Generation hat auch an den Hochschulen die Vorteile des vielzitierten Bologna-Prozesses direkt erlebt und davon profitiert: von Bildungsfreizügigkeit, von Masterstudiengängen im Ausland, von internationalen Studiengängen auch bei uns und auch von einzelnen Austauschsemestern. Dieses Europa wollen wir gegen den Hass und den Populismus dieser Tage verteidigen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der bisherige Bologna-Prozess kann dafür nur ein erster Schritt sein. Es braucht eine neue Dynamik, auch zur Weiterentwicklung des europäischen Bildungsraums.

Wir wollen besser werden, und wir müssen besser werden: bei der Angleichung der Semesterzeiten, bei der gegenseitigen Anerkennung von Studien- und Berufsabschlüssen und auch beim Abbau von Bürokratie und sprachlichen Barrieren. Vor allem aber müssen wir viel mehr Menschen als bisher für europäische Bildung erreichen. In gewohnter Manier als Serviceopposition bereiten wir Ihnen dafür drei konkrete Vorschläge vor:

Erstens: die europäische digitale Universität. Herr Staatssekretär – richten Sie das gerne auch der Ministerin aus –, es ist gut, aber längst überfällig, dass die Bundesregierung nun endlich auf die Vorschläge von Herrn Macron reagiert und die 20 europäischen Hochschulnetzwerke dabei unterstützen will, ländergrenzenüberschreitende Studiengänge aufzubauen. Die SPD hat zu Recht kritisiert, dass das viel zu langsam und viel zu träge vorangeht; das sagt auch einiges über die Zerrissenheit dieser Koalition aus.

(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Na, na, na!)

Und sie hat recht: Es reicht nicht, was Sie tun. Nicht jeder bringt die nötige Mobilität mit, von Semester zu Semester zwischen europäischen Staaten hin und her zu jetten. Das hat nicht unbedingt immer finanzielle Gründe. Das kann an beruflichen Verpflichtungen liegen, an dauerhaftem Ehrenamt, an Familiengründung, an zu pflegenden Angehörigen, möglicherweise auch am eigenen hohen Alter oder am gesundheitlichen Zustand. Jeder dritte Studierende studiert de facto schon heute in Teilzeit. Deshalb wollen wir die europäische digitale Universität, um allen Europäern einen Zugang zur besten Lehre in Europa zu ermöglichen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zweite Forderung. Wir dürfen den Bildungsaustausch mit den Briten jetzt nicht abreißen lassen. Zwei Drittel der jungen Briten haben gegen den Brexit gestimmt. Auch für die deutschen Erasmus-Studierenden bleibt Großbritannien das drittwichtigste Gastgeberland. Viel zu zögerlich und zu vage erwähnen Sie, liebe sogenannte Große Koalition, in Ihrem Antrag den Brexit; er ist leicht versteckt in einem Absatz. Wir dürfen die junge Generation jetzt aber nicht im Stich lassen. Wir brauchen die klare Ansage: Ja, wir wollen, dass Großbritannien Programmland im Erasmus-Programm bleibt.

(Beifall bei der FDP)

Dritter Vorschlag: eine europäische Austauschagentur in der beruflichen Bildung. Bis 2020 sollen 10 Prozent der Azubis, mindestens in einem Teil ihrer Lehre, Auslandserfahrungen in Europa sammeln – sagt der Deutsche Bundestag. Von diesem Ziel sind wir meilenweit entfernt. Das liegt an zu engen Lehrplänen an den Berufsschulen und auch an zu hohen bürokratischen Hürden für die Unternehmen. Erasmus-Studierende bekommen vom DAAD eine Art Rundum-sorglos-Paket für den Auslandsaufenthalt. Das brauchen wir auch für die berufliche Bildung.

(Beifall bei der FDP)

Was für die Studierenden funktioniert, darf für Auszubildende nicht unmöglich sein.

Wir Freie Demokraten wollen weltbeste Bildung für alle Europäer. Überlassen wir also die Debatte über die Zukunft der europäischen Bildung nicht allein Emmanuel Macron. Es wird Zeit, dass Deutschland vom Mitläufer zum Vorreiter wird.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat die Abgeordnete Nicole Gohlke für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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Electoral Period 19
Session 55
Agenda Item Europäischer Bildungsraum
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