Bärbel KoflerSPD - Kamerun
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin den antragstellenden Fraktionen dankbar für die Anträge, weil es uns die Gelegenheit gibt, über die Situation in Kamerun zu sprechen. Ich glaube, es ist dringend nötig, dass wir das jetzt, zu diesem Zeitpunkt, hier im Bundestag machen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist von einigen Vorrednern angesprochen worden: Die Situation – ich möchte insbesondere auf die humanitäre und menschenrechtliche Situation in Kamerun eingehen – verschlechtert sich permanent und ist in manchen Regionen des Landes katastrophal. Die Krise im Norden ist angesprochen worden. Wenn man den Zahlen von Amnesty International folgt, stellt man fest: Es sind im Jahr 2017 150 Angriffe dort erfolgt, 48 Selbstmordanschläge mit Folgen für die Zivilbevölkerung – zig Tote, Leid, unerträgliche Zustände, die zu einer Flucht von 240 000 Menschen aus der Region Extrême-Nord geführt haben. Gleichzeitig – das muss man auch deutlich erwähnen – haben Streitkräfte der kamerunischen Regierung mit willkürlichen Festnahmen, auch mit Folterungen und Tötungen, auf diese Situation in einer Art und Weise reagiert, die die Lage der Menschenrechte und die Situation der Bevölkerung nicht verbessert, sondern verschlechtert hat.
Die verschärfte Gesetzeslage in Kamerun seit 2014 aufgrund des Antiterrorgesetzes unterbindet die Möglichkeiten von Journalisten in der Region, sich über diese Tatsachen und über diese Vorgänge auszutauschen und das zu veröffentlichen. Dass Journalisten sich selbst zensieren, ist in Kamerun leider eine weitverbreitete Tatsache. Dazu kommt der Konflikt, der seit zwei Jahren aufgebrochen ist, zwischen dem englischsprachigen und dem französischsprachigen Teil des Landes. Von der französischsprachigen Zentralregierung wurden Dinge eingefordert, die eigentlich, finde ich, ganz normal sind: Gleichberechtigung, gleiche Behandlung im Bildungs- und Justizsystem, die Möglichkeit, sich im Land gut vertreten zu fühlen und seine Rechte wahrzunehmen, auch als Sprecher der anderen Sprache, also nicht der Sprache der Zentralregierung.
Protestaktionen der Bevölkerung, die auch nach wie vor andauern, wurden mit einem militärischen Vorgehen beantwortet, das nicht zu einer Deeskalation und nicht zu einer friedlichen Lösung, sondern zu einer Verschärfung des Konflikts beigetragen und auch hier wieder zu einer Situation geführt hat, die zu sehr, sehr vielen Toten – Amnesty International spricht von blutigen Auseinandersetzungen seit Herbst 2014 mit 400 getöteten Zivilisten, 170 toten Sicherheitskräften – und zu einer großen Fluchtbewegung aus den beiden betroffenen Regionen, Southwest und Northwest, geführt hat. UNOCHA, also der Koordinator für humanitäre Angelegenheiten, spricht mittlerweile von 160 000 Binnenvertriebenen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Die Zahl derer, die vertrieben worden sind, ist weit höher: ungefähr 250 000 Binnenvertriebene, und man geht von 30 000 Vertriebenen nach Nigeria, in die Nachbarländer aus.
Es ist also hohe Zeit, dass wir uns hier intensiv mit diesem Konflikt und diesen katastrophalen humanitären, menschenrechtlichen Folgen, insbesondere für die Zivilbevölkerung in Kamerun, beschäftigen. Was kann man tun? Was kann die Bundesregierung tun? Man kann die Situation immer wieder ansprechen. Und da, lieber Herr Kekeritz, muss ich Ihnen widersprechen: Das wird gemacht. Sie haben es ja so dargestellt, als würde die Bundesregierung nichts machen. Es wird immer wieder angesprochen und bei Vertretern der kamerunischen Regierung thematisiert, dass der Einsatz von Militär keine Lösung dieses Konflikts ist, dass es nur in einem Dialogformat eine Lösung des Konfliktes geben kann.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Dafür gibt es auch konkrete Beispiele vor Ort.
Würden Sie bitte zum Ende kommen.
Ja, mache ich. Schade, ich hätte die Frage gern zugelassen.
Jetzt gibt es keine Fragen mehr.
Bei der Frage „Was können wir konkret noch tun?“ ist das Thema Dezentralisierung ganz wichtig. Ich komme leider nicht mehr dazu, aber das wird sicher die Kollegin Vogt noch ansprechen.
Bestimmt.
Die Förderung von Konfliktprävention, Dezentralisierungsmaßnahmen und Mediationsmaßnahmen für die Zivilbevölkerung ist ein ganz wichtiger Punkt.
Danke.
(Beifall bei der SPD)
Gerne. – Jetzt kommt aber erst mal für die FDP-Fraktion der Kollege Dr. Christoph Hoffmann.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7280742 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 55 |
Tagesordnungspunkt | Kamerun |