Wiebke EsdarSPD - Solidaritätszuschlag
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich will mal daran erinnern, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Damals, als Sie noch Regierungsverantwortung übernommen haben,
(Zurufe von der FDP: Oh!)
damals, als Sie Ihre Steuergeschenke für die Hoteliers verteilt haben, hat Ihnen „Der Spiegel“ ein Herz für Reiche zugeschrieben. Und mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf bleiben Sie dieser Linie treu; Sie bleiben die Klientelpartei für die Reichen und Vermögenden.
(Beifall bei der SPD)
Dies trifft im Übrigen auch auf den Antrag der AfD zu – und leider auch auf die Position von Teilen unseres Koalitionspartners: auf die CSU im bayerischen Wahlkampf, auf den Wirtschaftsflügel der CDU und – so hört man aus der Presse – wohl auch auf Sie, Herr Brinkhaus. Ich freue mich, dass Sie da sind, wenn wir das hier diskutieren. Nach Aussagen, die wir im „Focus“ nachlesen können, sind wohl auch Sie für eine vollständige Abschaffung des Solis schon jetzt. Sie halten das für geboten.
Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des werten Kollegen Kubicki?
Nein, da halte ich es wie mein Kollege von der CSU: Wir wollen dem Klamauk an dieser Stelle nicht noch mehr Bühne bieten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Um das noch einmal klar zu sagen: Wenn Sie das fordern, dann widersprechen Sie an der Stelle dem Koalitionsvertrag. Ich gehe davon aus, dass dieser Koalitionsvertrag gilt.
(Christian Dürr [FDP]: Was gilt denn jetzt? Was die SPD sagt oder was die CDU sagt?)
Aber mit dem vorliegenden Vorschlag und mit dieser Position zeigen Sie, dass es Ihnen bei Ihrer Politik ganz offensichtlich nicht um die Geringverdienenden und auch nicht um die Mitte der Gesellschaft geht; denn das, was Sie hier formuliert haben und fordern, ist ein neues dickes, fettes Geschenk, einzig und allein für die reichsten 10 Prozent in unserem Land. Wer hat, dem wird gegeben. Das aber – das sage ich ganz klar – ist mit der SPD nicht zu machen. Darum ist es an dieser Stelle gut, dass wir Teil der Bundesregierung sind.
(Beifall bei der SPD – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Dann stimmen Sie gleich dagegen! Bekennen Sie sich!)
Wir haben nämlich vereinbart, den Solidaritätszuschlag ab dem Jahr 2021 für 90 Prozent derer, die ihn heute zahlen, mithilfe einer Freigrenze abzuschaffen. Das sind Steuererleichterungen im Gegenwert von rund 10 Milliarden Euro jährlich. Für die oberen 10 Prozent, für die Einkommensspitzenverdienerinnen und -verdiener, hingegen fällt der Soli noch an, und für diese 10 Prozent soll er später abgebaut werden. Aber bis dahin möchten wir von der SPD mit dem Koalitionspartner noch über eine insgesamt gerechtere Besteuerung in diesem Land diskutieren – im Sinne des Grundsatzes, dass starke Schultern mehr tragen können als schwächere.
(Unruhe)
Das wollen wir noch umsetzen. Das ist dann nicht nur folgerichtig, sondern am Ende auch sozial gerecht – im Gegensatz zu dem, was Sie fordern.
(Beifall bei der SPD)
Warten Sie mal bitte! – Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eine unglaubliche Geräuschkulisse hier. Hören Sie bitte zu!
(Siegbert Droese [AfD]: Sehr richtig, Frau Präsidentin!)
Führen Sie Ihre Gespräche woanders! Oder organisieren Sie bestimmte Dinge woanders! Jetzt hören wir der Kollegin bitte zu.
(Zuruf von der FDP: Nein!)
– Doch! Auch Sie hören jetzt zu, auch Sie.
(Beifall bei der SPD)
Bitte.
Danke schön. – Reden sollten wir auch über die riesigen Ausfälle, die Ihr Vorschlag bedeutet. Zusätzliche 8 Milliarden Euro würde das kosten, wenn der Soli auch für die oberen 10 Prozent abgeschafft würde. 8 Milliarden Euro, die dem Staat dann fehlen für Investitionen in unsere Zukunft, für Bildung, Digitalisierung, gegen Kinderarmut, für neue Straßen. Das würde dann fehlen, nur damit das Bankkonto der Reichen noch voller wird.
(Zurufe von der FDP: Oh!)
Das gibt es mit uns nicht, liebe FDP und auch AfD, liebe Neoliberalen der Union. Wenn Sie das fordern, dann sagen Sie bitte auch mal, wo das Geld herkommen soll.
(Beifall bei der SPD)
Als Große Koalition haben wir dazu eine feste Vereinbarung. Herr Brinkhaus ist ja glücklicherweise da und kann das dann stellvertretend für den Koalitionspartner entgegennehmen. Ich sage Ihnen: Wenn Sie ernsthaft an einer sofortigen und vollständigen Abschaffung des Solis interessiert sind, wenn Sie den Koalitionsvertrag an der Stelle ändern möchten, dann lassen Sie uns über gerechtere Steuern reden; denn wir können uns eine Neugestaltung,
(Christian Dürr [FDP]: Sollen wir moderieren zwischen euch?)
wenn sie zu mehr Gerechtigkeit führt, immer vorstellen. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Anpassung des Spitzensteuersatzes nach oben?
(Beifall des Abg. Michael Schrodi [SPD])
Liebe Opposition, ich denke, Sie sehen an dieser Stelle sehr deutlich, dass es da unter den Koalitionären noch Meinungsverschiedenheiten gibt.
(Christian Dürr [FDP]: Das haben wir festgestellt!)
Darum gibt es auch Beratungsbedarf; das haben wir im Ausschuss dargelegt.
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Die Sachlage ist klar!)
Unsere Position an der Stelle ist aber auch klar: Wir wollen Entlastungen für die, die dadurch spürbar mehr Geld im Portemonnaie haben; aber wir brauchen die Einnahmen zur Finanzierung des Gemeinwohls von denen, die das locker leisten können.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Wiebke Esdar. – Nächster Redner: Jörg Cezanne für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7280800 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 55 |
Tagesordnungspunkt | Solidaritätszuschlag |