Katrin Helling-PlahrFDP - Umsetzung des Rechts auf gleichgeschlechtliche Ehe
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich etwas tun, was Sie von einer Oppositionspolitikerin vielleicht nicht erwarten: Ich möchte der Bundeskanzlerin danken. Dafür, dass sie die Öffnung der Ehe vor der letzten Bundestagswahl, nachdem diese von allen potenziellen Koalitionspartnern zur Koalitionsbedingung erklärt worden war, in einem beispiellosen Wendehalsmanöver zur Gewissensentscheidung erklärt hat und dafür, dass ihr der Machterhalt wie so oft wichtiger war als ihre inhaltliche Überzeugung.
(Dr. Hermann-Josef Tebroke [CDU/CSU]: Oh! – Marianne Schieder [SPD]: Wissen Sie genau, was Sie da sagen?)
Aber freuen wir uns mit den Paaren, die seit Inkrafttreten des Eheöffnungsgesetzes endlich die Ehe eingehen konnten, freuen wir uns, dass endlich das möglich wurde, wofür auch wir Freie Demokraten lange gekämpft haben.
(Marianne Schieder [SPD]: Aber nicht die Bundeskanzlerin!)
Nun stehen wir heute, ein Jahr, drei Monate und elf Tage nach Verabschiedung des Eheöffnungsgesetzes, hier, um über ein Umsetzungsgesetz des Eheöffnungsgesetzes zu beraten, das dazu dienen soll – ich zitiere –, „die einheitliche Umsetzung der Umwandlung von Lebenspartnerschaften in Ehen zu gewährleisten“ und „Unklarheiten zu beseitigen ...“. Ein Jahr, drei Monate und elf Tage, liebe Große Koalition: Wäre es nicht zu erwarten gewesen, dass Unklarheiten unmittelbar im Zuge der Öffnung der Ehe beseitigt werden?
(Beifall bei der FDP)
Nun ja, man könnte nun meinen: Was lange währt, wird endlich gut. Aber weit gefehlt. Die Krux liegt in juristischen Details. Darin, dass für ein Paar, das eine eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen will, die ehebedingten Rechte und Pflichten nicht ab dem Zeitpunkt der Umwandlung, sondern rückwirkend gelten sollen. So richtig das rein emotional ist, so rechtlich nachteilig ist das für die Paare.
Ein Beispiel. Denken wir an ein Paar, das 2004 eine Lebenspartnerschaft begründet hat. Damals gab es den Anspruch auf einen Versorgungsausgleich, auf Teilung der Rentenanrechte, bei einer Scheidung für gleichgeschlechtliche Paare noch nicht. Das Paar hat also, als es sich Gedanken um seine Altersvorsorge gemacht hat, entsprechend geplant. Nun gehen Sie her und wollen diesem Paar für den Zeitraum, für den es seit Jahren anders disponiert hat, eine Teilung der Renten aufdrücken, wenn es nun eine Ehe möchte? Dann sagen Sie, das Paar könnte ja zum Beispiel notariell andere Regelungen treffen. Sie wissen so gut wie ich, dass solche Regelungen mitunter gar nicht zulässig, zum Beispiel sittenwidrig sind.
Was steckt dahinter? Wollen Sie Umwandlungen in Ehen verhindern, oder wollen Sie die Sozialkassen durch die Hintertür zulasten der selbstbestimmten Altersvorsorge der Paare entlasten? Beides kann nicht sein.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
In diesem Sinne freue ich mich auf die weitere Beratung im Rechtsausschuss.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Simone Barrientos von der Fraktion der Linken.
(Beifall bei der LINKEN)
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Electoral Period | 19 |
Session | 55 |
Agenda Item | Umsetzung des Rechts auf gleichgeschlechtliche Ehe |