Lothar BindingSPD - KMU-Forschungsförderungsgesetz
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Es ist spät genug. Vielleicht können wir mal die Augen zumachen
(Katrin Werner [DIE LINKE]: Der da drüben hat schon geschlafen!)
und uns einen kleinen Moment Deutschland ohne Forschungsförderung vorstellen, uns ausmalen, wie die Landschaft dann wäre. Wir hätten keine Universitäten, keine Stiftungen aus der Gesellschaft, keine Wirtschaftsstiftungen, keine Stiftungen aus der Politik,
(Marianne Schieder [SPD]: Und wir hätten keine AfD!)
wir hätten keine Forschungsstiftungen, wir hätten viel weniger Forschung in der Industrie, in den großen und kleinen Unternehmen, keine Forschung der DFG, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, keinen Deutschen Akademischen Austauschdienst, keine Forschung durch die EU, durch die Bundesländer, durch den Bund. Sie merken, in welche Richtung ich gehe. Wir hätten keine Förderangebote der Forschungsgemeinschaften wie Helmholtz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Leibniz-Gemeinschaft, last, but not least auch keine wissenschaftlichen Preise.
Wir haben eine riesige Förderlandschaft. Das hat Deutschland stark gemacht. Diese Förderlandschaft beruht auf Forschung und Entwicklung, die durch Projektförderung entwickelt wurde. Das ist erst einmal gut.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir haben ein gutes Werkzeug. Das haben wir kennengelernt. Aber jeder weiß: Ein einzelnes Werkzeug funktioniert nicht für alle Anwendungsfälle. Auch wenn es toll ist, passt es nicht überall. In dem einen Fall ist es zu groß, in dem anderen zu schwer, zu kompliziert, und vor allem kommt es nicht in die Ecken. Wir sehen: Die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten von kleinen und mittleren Unternehmen sind ausbaufähig. Deshalb müssen wir dort mehr machen als bisher. Dort werden Potenziale nicht ausgeschöpft. Kerstin Andreae hat gesagt: Gebt denen 15 Prozent der Aufwendungen, dann ist alles ganz einfach. – So einfach ist es nicht.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee, die hat gesagt: Endlich mal machen!)
Deshalb brauchen Sie eine Zertifizierungsstelle, wie auch alle anderen eine brauchen. Denn sonst kann man das gar nicht so leicht organisieren. Einstein hat gesagt, man muss die Dinge so einfach machen wie möglich, aber nicht einfacher.
(Beifall bei der SPD)
Wir wollen hier ein Angebot mit einem neuen Werkzeug machen, das Forschungsförderung heißt.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann?)
Es soll leicht handhabbar sein, unbürokratisch und flexibel, und es soll motivieren, dort zu forschen, wo Erkenntnispotenzial ungenutzt herumliegt.
Es ist nicht ganz leicht, diese Steuerung hinzukriegen. Sie soll leichtgängig, unbürokratisch und flexibel sein, aber trotzdem zielgenau funktionieren und bestimmten Qualitätsstandards entsprechen. Auch das wollen wir sicherstellen. Das Geld soll nicht einfach rausgeschmissen werden. Hier könnte man sich an dem „Frascati Manual“ orientieren. Es definiert gewisse Dinge, wie man da vorgeht. Das ist zunächst mal ein Statistikmodell, enthält aber viele inhaltliche Beschreibungen. Jeder Finanzpolitiker hätte seine Aufgabe verfehlt, wenn er nicht darauf achten würde, was mit der Förderung tatsächlich passiert und dass tatsächlich mehr geforscht wird. Wir müssen also bedenken, dass es Mitnahmeeffekte gibt und dass es fast unmöglich ist, zu wissen, was die steuerliche Forschungsförderung den Staat kostet. Wir können auch Fehlverwendungen nicht ausschließen, und es ist unsere Aufgabe, die Aufgabe der Finanzpolitiker, darauf zu achten.
Wir wollen tatsächlich die Innovationsaktivitäten steigern. Das ist nicht ganz leicht. Wir wollen die Wahrscheinlichkeit, dass disruptive Prozesse entstehen, erhöhen.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für Prozesse?)
Wir wollen die Zahl der Sprunginnovationen erhöhen. Wir wollen, dass Neues an der Stelle von Altem entsteht. Die Wahrscheinlichkeit dafür wollen wir durch ökologische, digitale und kulturelle Transformation erhöhen. Wir sehen: Die Forschungsförderung in KMUs ist eine relativ komplexe Angelegenheit. Man kann nicht einfach mal sagen, dass mit 15 Prozent alles gegessen ist. Nein!
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dauerthema!)
Wir beobachten auch, dass die Projektförderung mitunter sogar besser funktioniert als die steuerliche Forschungsförderung. Wir wollen die steuerliche Forschungsförderung als Ergänzung zur Projektförderung einführen. Durch diese Dualität hat die Forschungsförderung eine sehr gute Zukunft.
Es gibt hier verschiedene Modelle. Österreich ist hier ganz gut auf dem Weg; Professor Spengel hat was Gutes vorgestellt. Wir können uns viele Dinge vorstellen. Insgesamt braucht man aber eine Zertifizierungsstelle, die zum guten Schluss einen Grundlagenbeschluss mitgibt, damit man die Forschungsförderung, die man verdient hat, auch bekommt. Das ist unsere Aufgabe; daran arbeiten wir. Das Finanzministerium unterstützt uns bei dieser Arbeit. Das hat eine gute Zukunft.
Schönen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Thomas Sattelberger für die FDP.
(Beifall bei der FDP – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wegen ihm müssen wir jetzt hier noch sitzen!)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 19 |
Session | 55 |
Agenda Item | KMU-Forschungsförderungsgesetz |