12.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 56 / Tagesordnungspunkt 22

Ulrike Schielke-ZiesingAfD - Gesetzliche Rentenversicherung

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Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Bürger! Uns liegt nun ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Leistungsverbesserung und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung vor. Sehr schönes Wording, macht die Sache aber auch nicht besser; denn von einer Leistungsverbesserung, geschweige denn von einer Stabilisierung, kann keine Rede sein.

(Beifall bei der AfD – Andrea Nahles [SPD]: Hä?)

Herr Minister Heil, Sie belasten die heutigen Beitragszahler, indem der Beitragssatz nicht so gesenkt wird wie eigentlich gesetzlich vorgesehen, und den Rentenbeziehern werden ständig Verbesserungen versprochen, die jedoch auch zum größten Teil durch die Rentenkasse selbst finanziert werden müssen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Haben Sie eigentlich ein Rentenkonzept?)

Dies geht folglich zulasten aller Rentenbezieher, die auf die gesetzliche Rentenversicherung angewiesen sind, und zulasten der Beitragszahler, die hoffen, irgendwann noch eine auskömmliche Rente zu erhalten.

Sie haben sich auch vorgenommen, die gesetzliche Rentenversicherung zu stabilisieren. In welchem Zeithorizont denken Sie da? Bis zur nächsten Wahl? Anders kann ich mir Ihren Gesetzentwurf nicht erklären.

(Beifall bei der AfD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Bis zur übernächsten! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was schlagen Sie denn vor?)

Die Rentenkommission, hauptsächlich bestehend aus SPD und CDU, soll im März 2020 einen Bericht vorlegen. Bis dahin ist diese Legislaturperiode fast verstrichen, und mit den Ergebnissen der Rentenkommission muss sich die neue Regierung befassen. Herr Heil, Sie führen mit Ihrem Rentenpaket Maßnahmen ein, deren Folgen Ihr Nachfolger ausbaden muss.

(Beifall bei der AfD)

In Ihrem Gesetzentwurf schreiben Sie – Zitat –:

Soweit für die Einhaltung der Haltelinie beim Beitragssatz zusätzliche Mittel notwendig werden, werden diese aus dem Bundeshaushalt geleistet.

Ich weiß nicht, ob es bei meinen letzten Reden nicht so deutlich wurde; ich wiederhole meine Forderung bei diesem Thema jedoch sehr gerne, weil es eine zentrale Fehlentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung ist: Die gesetzliche Rentenversicherung wird schon seit Jahren mit versicherungsfremden Leistungen belastet. Das sind Leistungen, die eigentlich aus Steuern finanziert werden müssen. Alle neu von Ihnen geplanten Leistungen sind versicherungsfremd: die Erhöhung bei der Mütterrente, die Entlastung der Geringverdiener, die Erhöhung der Anrechnungszeiten bei der Erwerbsminderungsrente. Hier wurden keine Anwartschaften in Form von Beiträgen erworben. Aus diesem Grunde sind diese Leistungen auch aus Steuermitteln zu bezahlen.

(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-­Brömer [CDU/CSU]: Was schlagen Sie eigentlich vor?)

Allein diese drei von Ihnen neu geplanten Vorhaben kosten die Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 2019  4,1 Milliarden Euro.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wie viel ist das denn pro Durchschnittsverdiener?)

Ihre Strategie ist Abwarten, bis die gesetzliche Rentenversicherung Ihnen signalisiert, dass sie Bundesmittel benötigt, um ihre Pflichten erfüllen zu können. Nur: Das ist der falsche Weg, den Sie, Herr Minister Heil, da beschreiten. Die gesetzliche Rentenversicherung mag noch gute Beitragseinnahmen haben und kann Ihre Wahlgeschenke noch finanzieren – nur, zu welchem Preis? Bei dieser Rechnung benötigen wir auch keine höheren mathematischen Kenntnisse, das ist wirklich recht einfach: Wenn versicherungsfremde Leistungen durch die gesetzliche Rentenversicherung getragen werden müssen, dann wird die Summe, die an die Rentenempfänger ausgeschüttet wird, logischerweise kleiner. Die heutigen Rentner sind es, die Ihre Wahlkampfgeschenke mit einer geringeren Rente finanzieren müssen.

An dieser Stelle hätte ich mir eine Zusammenstellung der versicherungsfremden Leistungen gewünscht – das ist leider nicht erfolgt –, dann wäre Ihnen sehr schnell klar geworden, wie lächerlich Ihre Jahreszahlung von 500 Millionen Euro eigentlich ist. Als ein kleines Gegenbeispiel: Die jährliche Erleichterung, die den Rentenbeitragszahlern aufgrund Ihrer doppelten Haltelinien verwehrt bleibt, beträgt rund 3,6 Milliarden Euro.

Die Bundesregierung predigt ständig, die Bürger sollen doch bitte privat vorsorgen und sich nicht nur auf die gesetzliche Rentenversicherung verlassen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das sagt Herr Meuthen doch, glaube ich, oder?)

Gleichzeitig erschweren Sie den Bürgern die private Vorsorge, wenn Sie Beitragssenkungen nicht so wie geplant durchführen. Mit Ausnahme des Jahres 2023 liegt der Beitragssatz bis 2025 laut geltendem Recht immer unter dem von Ihnen festgelegten Beitragssatz.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Genau!)

Irgendwie müssen die Wahlkampfgeschenke ja finanziert werden.

(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was schlagen Sie eigentlich vor? Ich höre überhaupt keine Vorschläge!)

Verantwortungslos ist Ihr Handeln auch angesichts der Tatsache, dass die Beiträge in Zukunft noch steigen werden und das verfügbare Einkommen der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten damit noch weiter sinken wird. Die Situation wird zusätzlich noch dadurch verschlimmert, dass parallel dazu natürlich auch ein Anstieg der Beitragslast für die Arbeitgeber einsetzen wird. Ihrer Milchmädchenrechnung nach erhöht sich jedoch das verfügbare Einkommen der Rentner im Gegenzug. Das ist löblich. Aber warum muss bei jeder Erhöhung, die die SPD einführt, die arbeitende Bevölkerung darunter leiden? Damit gefährden Sie die Arbeitsplätze von morgen und sägen an dem Ast, der die Rente sichert.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was ist denn Ihr Konzept? Sagen Sie doch mal, wie es besser geht!)

Von der Arbeiterpartei von damals ist entschieden nichts mehr übrig geblieben.

(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-­Brömer [CDU/CSU]: Keine Vorschläge! Nur kritisieren! Ganz schlecht!)

In Ihrem Gesetzentwurf sehen wir besonders die Entlastung von Geringverdienern kritisch. Geringverdiener sollen bei der Beitragszahlung fiktiv so gestellt werden, als hätten sie monatlich 1 300 Euro verdient. Da auch diese Maßnahme nicht durch den Haushalt des BMAS bezuschusst wird, bedeutet dies, dass alle gesetzlich Versicherten, die mehr als 1 300 Euro im Monat verdienen, diese Beiträge mitzutragen haben.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nicht ein Vorschlag!)

Daraus ergibt sich dann bei der Rentenberechnung, dass Versicherte, die beispielsweise 500 Euro im Monat verdient haben, denselben Rentenanspruch erwerben wie Versicherte, die in diesem Zeitraum 1 300 Euro verdient haben.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Man nennt das Solidarsystem!)

Hier wird das Prinzip der Beitragsäquivalenz komplett aufgegeben, also der Grundsatz der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung. Es erfolgt eine sozialistische Umverteilung, die man keinem Versicherten mehr erklären kann.

(Beifall bei der AfD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Eine solidarische Umverteilung! Wir machen keinen Sozialismus! Man kann uns Vorwürfe machen, aber den nicht!)

Herr Heil, legen Sie ein zukunftsorientiertes Rentenkonzept vor, in dem Sie nicht die Beitragszahler gegen die Rentenbezieher ausspielen!

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wie sieht denn Ihr Vorschlag aus? Immer nur kritisieren ohne Vorschläge!)

Rechnen Sie endlich die versicherungsfremden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung heraus, und hören Sie auf, ständig neue hinzuzufügen!

(Beifall bei der AfD)

Strukturieren Sie darauf aufbauend ein zukunftssicheres Rentenkonzept! Das, was wir heute diskutieren, ist nichts weiter als ein Lindern der Symptome und nicht die Bekämpfung der Ursachen.

(Beifall bei der AfD)

Obergrenze beim Beitragssatz und ein konstantes Rentenniveau sind nicht unbedingt hilfreich, um die Folgen des demografischen Wandels abzumildern. Erweitern Sie die Bandbreite der Einzahler in die gesetzliche Rentenversicherung. Beispielsweise sollten Politiker keine Sonderstellung mehr einnehmen. Es ist nicht vermittelbar, dass wir Politiker innerhalb kurzer Zeit so viele Rentenanwartschaften erwerben, wie ein Durchschnittsverdiener in seinem Leben niemals schaffen wird. Das ist kein haltbarer Zustand.

(Beifall bei der AfD)

Mit dem von uns eingereichten Antrag zur Anrechnungsfreistellung der Mütterrente bei der Grundsicherung im Alter wollen wir Rentnerinnen entlasten, die zwar durch den halben Entgeltpunkt mehr für Kindererziehungszeiten eigentlich eine höhere Rente bekommen, die aber eine so niedrige Rente erhalten, dass sie Grundsicherung im Alter beantragen müssen. Diese Rentnerinnen werden nichts von der Erhöhung ihrer Rente haben, da diese vollständig auf die Grundsicherung im Alter angerechnet wird. Wir als AfD-Fraktion halten dies für ungerecht.

(Beifall bei der AfD – Kerstin Tack [SPD]: Was ist denn Ihr Ding?)

Es erscheint als ein Gebot der Fairness den Müttern gegenüber, keine volle Einkommensanrechnung bei der Mütterrente vorzunehmen. Durch eine angemessene Freistellung der Renten bei der Einkommensanrechnung wird die Altersarmut gezielt bekämpft. Mit einer Einkommensfreibetragslösung würde sich die Änderung bei der Mütterrente auch auf die armen Rentnerinnen auswirken. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, möglichst zeitnah einen Gesetzentwurf zur Änderung des SGB XII vorzulegen, der eine angemessene Anrechnungsfreistellung für die Mütterrente vorsieht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt hat das Wort der Kollege Peter Weiß, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7280904
Wahlperiode 19
Sitzung 56
Tagesordnungspunkt Gesetzliche Rentenversicherung
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