Stefan LiebichDIE LINKE - Friedensprozess zwischen Äthiopien und Eritrea
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „ Lasst die Ära der Liebe und Versöhnung beginnen.“ – Das sind Worte, die man in den letzten Monaten und Jahren nur noch selten hört in einer Welt, in der es vor allen Dingen schlechte Nachrichten gibt. Deswegen will ich hier auch einmal der Koalition danken – das mache ich ja nicht so oft –: Ich finde es gut, dass wir als Außenpolitiker hier stehen und über Außenpolitik reden, ohne dass es um ein Bundeswehrmandat geht. Das kommt nämlich sehr selten vor.
(Beifall bei der LINKEN – Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Haben wir gestern auch schon gemacht!)
Der Außenminister hat gesagt, dass Sätze wie dieser wie aus einem Märchen klingen; da gebe ich ihm recht. Als Äthiopiens Premierminister Abiy diesen Satz im Juni gesagt hat, waren wir alle überrascht und erfreut. Ehrlich gesagt, war ich noch überraschter über die Reaktion des Präsidenten von Eritrea. Er sagte:
Nun sind wir, die Äthiopier und die Eritreer, eins. Wir sind nicht mehr zwei verschiedene Völker und wir werden daran arbeiten, das nachzuholen, was wir in den letzten Jahren verpasst haben.
Afewerki, der in seinem Land keine Pressefreiheit zulässt, in dessen Land es einen schrecklichen Zwangsdienst gibt, wo gefoltert und gemordet wird, hat sich trotzdem auf diesen Friedensprozess eingelassen. Damit wird ein jahrzehntelanger, ebenso sinnloser wie blutiger Krieg, der 80 000 Tote gekostet hat, beendet. Wer von uns hätte das in diesen Zeiten gedacht – in Zeiten, in denen Hass, Lügen und Propaganda weltweit, auch hier in Deutschland, auf dem Vormarsch sind, in einer Zeit, wo Diplomatie mehr und mehr durch das Megaphon auf Twitter ersetzt wird?
Aber wir sehen: Es kann funktionieren, und das macht Mut. Eritrea und Äthiopien haben es mit diesem Friedensschluss der Welt gezeigt. Sie haben gezeigt, wie Frieden gemacht werden kann, wenn er wirklich gewollt wird. Es ist ein Sieg, den wir vor allen Dingen dem Mut des äthiopischen Premierministers Abiy zu verdanken haben. Er hat gezeigt, dass selbst solche langjährigen, eingefahrenen Konflikte gelöst werden können. Das ist nicht nur ein Sieg für die Menschen in Eritrea und Äthiopien, das ist ein Sieg für die Diplomatie und für alle Menschen auf der Welt, die weiter daran glauben, dass sich Konflikte auch ohne Waffen und ohne militärische Gewalt lösen lassen.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Katharina Landgraf [CDU/CSU])
Und es ist ein Signal an all jene Staatsführer weltweit, die auf Basis von Hass gegenüber anderen ihre Macht sichern. Das Signal lautet: Hört auf damit!
(Beifall bei der LINKEN)
Eine Lehre, die wir aus diesem Konflikt ziehen können, ist, dass die Gewalt, die Eritrea und Äthiopien so lange gefangen gehalten hat, zu nichts geführt hat außer zu mehr Gewalt. Frieden kann man eben nur durch Vernunft erreichen.
Das sage ich auch im Hinblick auf die Aufrüstungsbestrebungen der Bundesregierung. Wir haben im Haushalt 2019 – der Kollege Lechte kam ja schon auf den Haushalt zu sprechen – die Situation, dass von der Bundesregierung der höchste Verteidigungsetat seit dem Ende des Kalten Krieges vorgelegt wurde, während der Etat des Außenministers effektiv gesunken ist. Was ist denn das für ein Signal?
(Ulrich Lechte [FDP]: Das ist ein Skandal!)
Außerdem sind die Waffenexporte der Bundesrepublik Deutschland in alle Welt weiterhin nicht gestoppt worden – übrigens sind auch nach Äthiopien Waffen exportiert worden. Gerade in den letzten Wochen gab es ethnische Konflikte und Tote auf den Straßen von Äthiopien. Ich kann nur hoffen, dass die Menschen dort nicht durch deutsche Munition ums Leben gekommen sind. Diese Form fragwürdiger Unterstützung für den afrikanischen Kontinent sollte schleunigst beendet werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Allerdings gehen die Signale, die wir erhalten, eher in die andere Richtung. Ich finde es ein von Grund auf falsches Signal, dass die Bundeskanzlerin bei ihrem Besuch in Angola Waffenlieferungen dorthin angekündigt hat. Was soll denn dadurch besser werden?
Bei allem Optimismus gibt es natürlich auch Herausforderungen, zum Beispiel die Gewaltherrschaft in Eritrea; – das ist hier angesprochen worden. Auch die Neuordnung des Landes und der Gesellschaft in Äthiopien wird schwer. Ja, es gibt immer noch Gewalt. Ja, es gibt 2 Millionen Menschen, die im eigenen Land auf der Flucht sind. Trotzdem finde ich, dass heute mal der Zeitpunkt ist, eine positive und optimistische Rede zu halten; denn das Tempo, in dem sich beide Länder aufeinander zubewegt haben, ist wirklich historisch. Das muss hier angemessen gewürdigt werden.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das ist ein Moment, der Mut macht. Ich möchte deshalb mit einem Zitat von Äthiopiens Präsident Abiy schließen: Liebe wird immer siegen. Andere zu töten, ist eine Niederlage. All denjenigen, die versucht haben, uns zu entzweien, will ich sagen: Ihr habt es nicht geschafft!
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Nina Scheer [SPD])
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort der Kollege Dr. Frithjof Schmidt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7280965 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 56 |
Tagesordnungspunkt | Friedensprozess zwischen Äthiopien und Eritrea |