Saskia EskenSPD - Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor einigen Tagen hat mein Kollege Staatssekretär Fuchtel – ich habe gar nicht damit gerechnet, dass er jetzt hier sitzt – in unserem Wahlkreis ein Bierzelt zum Kochen gebracht mit der Ankündigung, er wolle die Datenschutz-Grundverordnung ändern.
(Michael Theurer [FDP]: Ui!)
Ich hatte dann die unschöne Aufgabe, das wieder einzusammeln; denn alleine können wir ja nun eine europäische Verordnung nicht ändern; das dauert vielleicht noch ein bisschen.
(Michael Theurer [FDP]: Aber der Kollege Fuchtel kann viel!)
– Ja, das ist wohl wahr.
Die ganz große Aufregung, die um den 25. Mai dieses Jahres herum entstanden ist, hat sich ein bisschen gelegt. Aber an diesem Abend wurde mir doch klar, welche Welle diese europäische Verordnung tatsächlich verursacht hat. Ich wiederhole mich, wenn ich hier offen eingestehe: Wir haben das unterschätzt. Und wir haben es versäumt, die zweijährige Übergangsfrist als Umsetzungsfrist zu nutzen und die Menschen dabei zu unterstützen, den Datenschutz als das zu erleben, was er ist: ein wichtiges Bürger- und Verbraucherrecht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Datenschutz schützt keine Daten, er schützt Menschen, auch wenn sich viele derzeit nur genervt und nicht geschützt fühlen. Ziel der europäischen Verordnung war es natürlich, das Recht durch Harmonisierung zu stärken, nicht nur für Bürgerinnen und Bürger und für Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern vor allem auch für Unternehmen in Deutschland und Europa, die ein Level Playing Field vorfinden sollen.
Wir beraten heute ein 500-Seiten-Werk voller rechtstechnischer Anpassungen an die DSGVO; die Kolleginnen und Kollegen haben einiges schon angesprochen. Da geht es zunächst darum, verbliebene Lücken in unterschiedlichen Rechtsbereichen zu schließen. Und es ist schon erstaunlich, in wie vielen Bereichen der Schutz personenbezogener Daten eine Rolle spielt. Manch einer hofft jetzt natürlich darauf, dass wir die für Mai 2020 vorgesehene Evaluation schon mal vorziehen, dass wir schon jetzt Ausnahmen – vor allem für Vereine und kleine selbstständige Unternehmen – bei den Pflichten oder wenigstens bei den Bußgeldern ermöglichen, wie sich das ein europäischer Mitgliedstaat ausgedacht hat. Da muss ich um Verständnis bitten: Für diese Evaluation, finde ich, müssen wir uns schon die nötige und auch die vereinbarte Zeit nehmen. Wir wollen die Verordnung ja nicht schon reformieren, bevor sie sich in gesprochenes und vor allem in gelebtes Recht entwickelt hat und wir wirklich verstehen können, wo der Schuh drückt.
(Beifall bei der SPD)
Was auf europäischer Ebene noch zur Modernisierung und Harmonisierung aussteht – das ist auch schon angesprochen worden –, ist die E-Privacy-Verordnung, der besondere Schutz der Privatheit von Kommunikation und Surfverhalten. Wir hoffen und wünschen uns natürlich, dass die Bundesregierung ihren Teil dazu beitragen kann, dass die Verordnung im Trilog noch vor der Europawahl abgeschlossen werden kann. Ansonsten droht womöglich eine nationale Reform des Telemediengesetzes; das kann auch nicht im Sinne des Binnenmarktes sein.
Die DSGVO – das habe ich hier schon mal gesagt – ist kein Grund zur Panik, aber ein guter Anlass zum Aufräumen. Deshalb finde ich es auch nicht überfordernd, sondern im Gegenteil sogar ratsam, auch in Vereinen und kleinen Unternehmen einen Datenschutzbeauftragten zu benennen. Denn wenn einer dafür zuständig ist, dann hilft das doch bei der Umsetzung. Eine gute Umsetzung bietet die Chance, Gewinne einzufahren durch bessere Daten, bessere Prozesse und sichere Kommunikation. Unter uns gesagt: Die Pflichten gelten ohnehin unabhängig davon, ob jetzt ein Datenschutzbeauftragter bestellt werden muss oder nicht. Die Pflichten ändern sich dadurch gar nicht; sie müssen trotzdem umgesetzt werden.
Wirklich wichtig ist – da sind wir dran, und da sind wir uns auch einig –, dass überzogene und ungerechtfertigte Datenabmahnungen unterbleiben, und zwar ganz egal, ob es um den Datenschutz oder um andere Bereiche wie zum Beispiel das Urheberrecht geht. Wir machen Schluss mit der unlauteren Abmahnindustrie.
(Beifall bei der SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind spät dran mit dieser gründlichen Umsetzung – das ist auch schon gesagt worden –, und doch sind wir damit schneller als die meisten anderen europäischen Mitgliedstaaten. Es bleiben Rechtsbereiche offen, wie zum Beispiel der Beschäftigtendatenschutz. Auch Arbeitnehmer wollen sich nicht auf Schritt und Tritt beobachtet fühlen. Das ist aber keine Sache, die man mal eben am Freitagnachmittag durchzieht. Wir sind dran, im BMAS etwas zu entwickeln, und auch guten Mutes, dass da etwas vorankommt.
Kommen Sie jetzt freundlicherweise zum Schluss, Frau Kollegin.
Freundlicherweise. – Insgesamt, denke ich, sind wir auf einem guten Weg, mit unserer Arbeit zu Vertrauen und Sicherheit in der digitalen Welt beizutragen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Frau Kollegin. Sie haben mit der Information, dass im bayerisch-baden-württembergischen Grenzgebiet auch Bierzelte zum Kochen gebracht werden können, sehr zu meiner Weiterbildung beigetragen. – Als nächster und letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt der Kollege Axel Müller.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7281025 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 56 |
Tagesordnungspunkt | Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU |