Alice WeidelAfD - Regierungserklärung: Europäischer Rat u. ASEM-Gipfel
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Zur Desinformation, liebe Bundeskanzlerin, ein Wort: Sie haben den Bundesverfassungsschutzpräsidenten geschasst, weil er Ihrer Desinformation widersprochen hat, und haben damit gezeigt, was Sie für ein Demokratieverständnis haben.
(Beifall bei der AfD)
Zum Brexit. Ich möchte zitieren:
Ich kann nicht ausschließen, dass der britische Austritt Lust auf mehr machen würde in anderen Ländern.
So EU-Kommissionspräsident Juncker im Mai 2016, wenige Wochen vor der Abstimmung über den Brexit. Dank solcher Aussagen war von Anfang an klar, wie die Marschrichtung der Kommission und auch die der Bundeskanzlerin aussehen würde: Statt das Ergebnis einer demokratischen Volksabstimmung eines Partnerlandes in Demut zur Kenntnis zu nehmen und Selbstkritik zu üben, ist man sich in Brüssel sofort einig: Es muss ein Exempel statuiert werden. Großbritannien muss bestraft werden. – Das ist Ihre Politik.
(Beifall bei der AfD)
Daran ändert auch die nun beschlossene halbherzige Verlängerung der Übergangsfrist nichts; denn der Zugang zum Binnenmarkt ist für die Briten bereits jetzt eingeschränkt. Die Verhandlungsführung der Europäischen Union mit der zweitstärksten europäischen Volkswirtschaft ist unfair, ja, sie ist unverantwortlich.
(Beifall bei der AfD)
Die EU-Bürokraten haben Angst. Ohne Drohgebärden lässt sich die Union anscheinend auch nicht mehr zusammenhalten. Und das haben ja auch Sie, Frau Bundeskanzlerin, in Ihrer Rede überdeutlich ausgedrückt: Parteien, die es wagen, zu widersprechen, werden sanktioniert.
(Lachen der Abg. Andrea Nahles [SPD] und Martin Schulz [SPD])
Vernunft spielt anscheinend grundsätzlich keine Rolle mehr. Gesinnungs- statt Verantwortungsethik, das ist Ihre oberste Handlungsmaxime.
(Beifall bei der AfD)
Wenn die historisch gewachsenen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Großbritannien und dem übrigen Kontinent leichtfertig destabilisiert werden, so wie Sie es tun, wenn kollektive Selbstschädigung betrieben wird, wird Europa weltwirtschaftlich das Nachsehen haben. Das trifft vor allem Deutschland; denn Großbritannien ist einer unserer wichtigsten Handelspartner. Für diese Herausforderung brauchen wir Antworten – Antworten, die Sie bis heute, auch in Ihrer Rede, nicht geliefert haben. Wir hingegen sehr wohl.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD)
Es ist im Interesse unseres Landes, dass der freie Warenaustausch mit dem Vereinigten Königreich sicher und auf Augenhöhe geregelt wird.
(Beifall bei der AfD)
Auch muss für künftige Austrittkandidaten der Exit-Artikel 50 der europäischen Verträge reformiert werden. Das habe ich bereits vor dem Brexit gefordert.
(Martin Schulz [SPD]: Das hat aber keiner gehört!)
Die Frage, was hinter der Ausgangstür kommt, muss doch klar definiert werden, und das passende Vertragsformat ist auch dafür bereits da: das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, den EWR, von 1992. Garantiert sind hier die vier Freiheiten, die Freiheiten des Waren-, Kapital-, Dienstleistungs- und Personenverkehrs. Dabei müssen wir aber den Personenverkehr neu fassen. Wir brauchen einen freien Verkehr von Arbeitnehmern und Selbstständigen, keinen freien Zugang in die Sozialsysteme.
(Beifall bei der AfD)
Und in einer Haftungsgemeinschaft ohne Sperrminorität nach dem Brexit, in der am Ende Deutschland zahlt, ist kein Wettbewerb, kein erfolgreiches Wirtschaften mehr möglich. Das ordnungspolitische Prinzip von der Einheit von Handlung und Haftung wird verletzt und führt zur Fehlallokation von Kapital, so wie wir es heute sehen. Und deshalb brauchen wir eine neue Vorstellung von Europa, eine Rückbesinnung auf die individuellen Stärken. „ Staatenbund statt Bundesstaat“ ist hier die Losung.
(Beifall bei der AfD)
In einer erfolgreichen Gemeinschaft muss immer eine Widerspruchs- und Austrittsmöglichkeit angelegt sein, kurz: rote Karte oder Ausgangstür. Das heißt: Die Mitgliedstaaten müssen durch Vetorechte Veränderungen und Abweichungen herbeiführen oder bei Unveränderlichkeit der Regeln die Mitgliedschaft aufkündigen können.
(Martin Schulz [SPD]: Können sie ja!)
Das schafft Wettbewerb, einen Standortwettbewerb, einen Wettbewerb der besten Systeme, den wir so dringend brauchen.
(Beifall bei der AfD)
Europa muss sich wieder auf die Grundprinzipien der Subsidiarität und der demokratischen Rechte nationaler Parlamente besinnen. Darum müssen der EU-Kommission im ersten Schritt die legislativen Hoheitsreche entzogen werden.
(Beifall bei der AfD)
Roman Herzog hat sich bereits 2014 an Sie, Frau Bundeskanzlerin, gewandt und klar gefordert:
Wir brauchen Abwehrrechte der nationalen Parlamente gegen die Kompetenzüberschreitungen in Brüssel …
(Beifall bei der AfD)
Leider sind die Worte des ehemaligen Bundespräsidenten und Verfassungsrichters bei Ihnen auf taube Ohren gestoßen.
Eine Chance für Europa wäre doch:
(Christian Lindner [FDP]: Subsidiaritätsrüge!)
– „Subsidiaritätsrüge“, höre ich hier gerade, verbunden mit einem deutlichen Rückbau der EU, der Institutionen, die ja eben gerade den Standortwettbewerb behindern. Wie kann diese Reform aussehen? Ein Staatenbund mit gleichberechtigten Mitgliedern, die untereinander einen freien Handel organisieren, ohne Haftungsübernahmen und ohne Drohkulissen.
Aber Sie machen genau das Gegenteil: Eine Fiskalunion durch Steuerharmonisierung, eine Sozialunion durch Einwanderung in die Sozialsysteme, die Vergemeinschaftung der Staatsfinanzierung durch die EZB sind keine Antworten für die Zukunft Europas, sehr geehrte Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Die gewählten nationalen Parlamente brauchen ein klares Vetorecht gegenüber Brüsseler Vorgaben. Mitgliedstaaten müssen im Zweifel von EU-Vorgaben abweichen dürfen. Und ganz klar: Den nationalen, demokratisch gewählten Parlamenten gehört die Hoheit über die EU-Institutionen und nicht umgekehrt.
(Beifall bei der AfD)
Nur so hat Europa wieder eine Zukunft. So lässt sich bewahren, was Europa stets ausgemacht hat: eine Einheit in der Vielfalt zu sein.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Nächste Rednerin ist die Vorsitzende der SPD-Fraktion, Andrea Nahles.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 19 |
Session | 57 |
Agenda Item | Regierungserklärung: Europäischer Rat u. ASEM-Gipfel |