17.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 57 / Tagesordnungspunkt 1

Jürgen HardtCDU/CSU - Regierungserklärung: Europäischer Rat u. ASEM-Gipfel

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meinen Redeteil darauf verwenden, über das Asiatisch-Europäische Gipfeltreffen zu sprechen. Der ASEM-Gipfel ist ein ebenfalls extrem wichtiges Ereignis. Die Europäische Union umfasst 6 Prozent der Weltbevölkerung. Die 51 Staats- und Regierungschefs, die morgen in Brüssel zusammenkommen, repräsentieren über 60 Prozent der Weltbevölkerung, über 60 Prozent des Weltbruttosozialprodukts und über 60 Prozent des Welthandels.

Wir als Europäische Union und als Deutschland haben mit Blick auf die Staaten Asiens eine ambitionierte Agenda. Unsere Antwort auf die stockenden Handelsgespräche mit den Vereinigten Staaten von Amerika war, dass wir die Bemühungen um gute und faire Handelsabkommen mit anderen Staaten intensiviert haben. So ist es gut, dass die Europäische Union das Handelsabkommen mit Japan abgeschlossen hat – im Übrigen ein Abkommen, das die Europäische Union in voller Souveränität abschließt –, und wir werden auch am Rande des Gipfels das Handelsabkommen mit Singapur unterzeichnen – ein Abkommen, dessen Investitionsteil im Übrigen eines Tages auch den Deutschen Bundestag beschäftigen wird; denn der ist noch nicht fertig und wird im Zweifel auch in die Zuständigkeit der nationalen Parlamente fallen.

(Ulrich Lechte [FDP]: Hoffentlich bald CETA!)

Die Handelspolitik ist übrigens ein schönes Beispiel dafür, dass übertragene Souveränität wiedergewonnene Souveränität ist. Betrachten wir zum Beispiel die Handelsauseinandersetzung mit den Vereinigten Staaten von Amerika: Wo stünden wir als Deutschland, als Belgien, als die Niederlande, als Portugal und auch als Großbritannien, wenn jeder auf sich allein gestellt wäre? Dann würde man den Briten ihre geplanten Exporte von schottischem Whiskey, uns natürlich die Automobilindustrie usf. vorhalten. Nein, dadurch dass wir zusammenstehen, haben wir die Kraft und die Souveränität wiedergewonnen, uns mit unseren Vorstellungen von fairem Handel durchzusetzen. Das zeigt sich gerade in der Handelspolitik in besonderer Weise, und deswegen gibt es eben nicht die Alternative: nationale Souveränität oder europäische Souveränität. Vielmehr gibt es ganz viele und eine wachsende Zahl von Themen, bei denen die Souveränität für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes nur dadurch bewahrt und geschützt werden kann, dass wir bereit sind, sie ein Stück weit auf eine multinationale und multilaterale Ebene zu verlagern.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Ulrich Lechte [FDP])

Mit Blick auf die 51 Staaten, die beim ASEM-Gipfel zusammenkommen, sei auch darauf hingewiesen, dass wir in Europa und in Asien keine Situation wollen, in der sich einzelne Staaten entscheiden müssen, ob sie ihre Wirtschaftsbeziehungen zur Europäischen Union intensivieren wollen, ihre Wirtschaftsbeziehungen zu China oder eben ihre Wirtschaftsbeziehungen im Rahmen der Eurasischen Wirtschaftsunion, die ja maßgeblich von Russland mitbestimmt wird.

Ich bin vor wenigen Tagen in Kasachstan und in Georgien gewesen. Eines der Themen war genau, dass wir auf diesem Doppelkontinent eine Handelsatmosphäre schaffen sollten, in der eben nicht das Entweder-oder, sondern das gemeinsame Win-win im Mittelpunkt steht. In diesem Sinne, glaube ich, sollten die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung auf diesem ASEM-Gipfel auch für eine Freihandelszone von Lissabon bis Wladiwostok werben, was letztendlich für alle Bürgerinnen und Bürger unseres Doppelkontinents von großem Nutzen wäre.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE])

Wir müssen natürlich auch im Blick haben, dass es auch Unterschiede in unseren Wirtschaftssystemen und Wirtschaftsordnungen gibt, die uns zu bestimmten Schlussfolgerungen veranlassen. Die chinesische Regierung – das gilt aber auch für die russische Regierung – hat etwa eine im Wirtschaftssystem des Landes begründete Herrschaft über die Wirtschaft, die es der Regierung erlaubt, wirtschaftliche Instrumente als politisches Instru­ment einzusetzen. Walter Eucken hätte gesagt: China ist eine Zentralverwaltungswirtschaft. Dort entscheidet nicht der CEO auf der Grundlage von Wirtschaftszahlen, ob eine Investition sinnvoll ist, sondern er muss im Zweifel die Kommunistische Partei Chinas fragen, ob er diese Investitionen so oder anders vornehmen kann. – Das wird natürlich auch eingesetzt. Das müssen wir uns vergegenwärtigen, und wir müssen auch Antworten finden, wenn wir den Eindruck haben, dass nicht wirtschaftliche, sondern politische Gründe das entsprechende wirtschaftliche Handeln des Landes bestimmen.

In diesem Sinne glaube ich, dass wir einen guten ASEM-Gipfel haben werden und dass wir die Handelsbeziehungen zu den Staaten im anderen Teil unseres Doppelkontinents entwickeln und ausbauen werden.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Ulrich Lechte [FDP])

Vielen Dank, Herr Kollege Hardt. – Als Nächstes für die SPD-Fraktion der Kollege Dr. Jens Zimmermann.

(Beifall bei der SPD)

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Session 57
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