18.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 58 / Tagesordnungspunkt 6

Sabine ZimmermannDIE LINKE - Qualifizierungschancengesetz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor kurzem kam Frau B. in meine Bürgersprechstunde und erzählte mir, sie wollte eine Umschulung zur Ergotherapeutin machen. Sie ist 48 Jahre und schon vier Jahre erwerbslos. Früher hat sie in einer Bäckerei gearbeitet, die geschlossen wurde. Frau B. rechnete sich damit mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt aus, auch mit Blick darauf, sich vielleicht selbstständig zu machen. Aber: Sie hat diese Maßnahme nicht genehmigt bekommen. Eine Umschulung selber zu finanzieren, fällt bei der Höhe des Regelsatzes natürlich aus, und so ist sie weiter im Hartz‑IV-System gefangen.

Genau das ist doch das Problem, Herr Heil: Ein Recht auf Weiterbildung ist in Ihrem Gesetzentwurf nicht zu finden. Die Linke fordert einen Rechtsanspruch auf regelmäßige Weiterbildung,

(Beifall bei der LINKEN)

damit Erwerbslose eben nicht als Bittsteller dastehen. Die Zahl derer, die eine Weiterbildung mit dem Ziel eines Berufsabschlusses absolvieren, ist im Vergleich zur Zahl der Erwerbslosen ohne Berufsabschluss verschwindend gering. Im Jahr 2017 gab es im Bereich des SGB II 939 000 Menschen ohne Berufsabschluss; aber nur 12 631 haben eine Weiterbildung mit dem Ziel eines beruflichen Abschlusses begonnen. Vor dem Hintergrund des vermeintlichen und auch von Ihnen so oft zitierten Fachkräftemangels ist das doch absurd. Die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung besteht darin, den Großteil der erwerbslosen Menschen einfach abzuschreiben. Und das, meine Damen und Herren, wird Die Linke nie akzeptieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt Menschen in irgendwelche sinnlosen Billigmaßnahmen zu stecken, müssten die Jobcenter doch endlich mal finanziell deutlich besser ausgestattet werden.

(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Das machen wir doch!)

Das ist in Ihrem Gesetzentwurf überhaupt nicht vorgesehen. Statt die derzeit gute Finanzlage der Bundesagentur für Arbeit zu nutzen, um die Arbeitslosenversicherung zu stärken, beschenkt die Regierung lieber die Unternehmen mit einer Beitragssatzsenkung.

(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Die Arbeitnehmer!)

Beschäftigte werden nur marginal entlastet. Für sie würde es sich mehr lohnen, wenn die Leistungen und der Zugang zur Arbeitslosenversicherung verbessert werden würden. Zwei Drittel der Erwerbslosen befinden sich im Hartz‑IV-System.

Die Linke fordert: Die Arbeitslosenversicherung muss wieder zum Hauptinstrument der sozialen Sicherung werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Rahmenfrist muss wieder von 24 auf 36 Monate ausgedehnt werden und nicht wie in Ihrem Gesetzentwurf auf 30 Monate und auch nicht erst im Jahr 2020. Denn da gehen wir ja schon wieder auf die Wahlen zu, da wollen Sie sich wieder lieb Kind machen. Aber wir wissen ja auch gar nicht, wie lange diese Koalition noch hält. Die Wahlen können ja auch schon früher sein. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld muss bereits nach vier Monaten Beitragszeit entstehen. Für langjährige Beitragszahler muss die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld I erweitert werden, vor allen Dingen für Ältere und Menschen mit Behinderungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zum Schluss. Statt den Menschen Chancen zu eröffnen, steht der vorliegende Gesetzentwurf für den lähmenden Stillstand dieser Großen Koalition.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Nächster Redner in der Debatte ist der Abgeordnete Wolfgang Strengmann-Kuhn für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7282499
Wahlperiode 19
Sitzung 58
Tagesordnungspunkt Qualifizierungschancengesetz
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