Sebastian MünzenmaierAfD - Qualifizierungschancengesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider ist es der Bundesregierung auch hier wieder einmal nicht möglich, einen großen Wurf zu wagen. Vielleicht liegt es daran, Herr Heil, dass Sie im Prinzip gar keine Lust mehr auf nationale Gesetzgebung haben. Ihr Kollege Scholz fordert ja schon die europäische Arbeitslosenversicherung. Ich kann verstehen, dass gerade für Sie von der SPD oder von den Grünen als Großeuropäer diese ganzen nationalen Gesetzentwürfe irgendwie überflüssig und lästig sind.
(Beifall bei der AfD – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Blödsinn!)
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schrauben Sie wieder einmal nur minimal an kleinen Rädchen.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: So ist das in der Demokratie! In der Diktatur können Sie große Würfe machen!)
Das wird die Lebenssituation unserer Bürger leider nicht grundlegend verbessern. Bestes Beispiel hierfür – ich bitte Sie, zuzuhören, dann können Sie vielleicht noch etwas lernen –
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Von Ihnen garantiert nicht!)
ist die Sozialversicherungspauschale. Ich begrüße ausdrücklich, dass Sie die Pauschale von 21 auf 20 Prozent senken wollen. Endlich denkt, so scheint es, die Regierung an die Entlastung der Bürger. Aber die Pauschale ist doch an sich schon vollkommen ungerecht. Es kann doch nicht sein, dass ein Arbeitsloser 21 Prozent, in Zukunft dann 20 Prozent Sozialversicherungspauschale bezahlt, während ein Arbeitnehmer momentan bei 19,475 Prozent Arbeitnehmeranteil an den Sozialversicherungsbeiträgen liegt. Das heißt, der Arbeitslose zahlt prozentual mehr Geld in die Sozialversicherung ein als der Arbeitnehmer. Wo liegt denn da die Logik Ihres Gesetzes, Herr Heil? Wobei: Mit Logik haben Sie es ja sowieso nicht so.
Die Sozialversicherungspauschale ist starr per Gesetz festgelegt, während sich die Werte, die ihr zugrunde liegen, beispielsweise die Krankenversicherungsbeiträge, ja ständig verändern. Wieso wagen Sie also hier nicht einmal den Versuch einer wirklich vernünftigen Lösung und regeln beispielsweise durch eine zweijährliche Erhebung der Werte durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch eine entsprechende Rechtsverordnung die Festlegung der Sätze? So würden Sie Vergleichbarkeit schaffen zwischen den Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitslosen, und Sie würden Ihrem Schlagwort „soziale Gerechtigkeit“ zumindest einmal einen Funken Leben einhauchen.
(Beifall bei der AfD – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Sagen Sie das mal Ihren eigenen Leuten!)
Sie widmen sich in diesem Gesetzentwurf ja auch der Arbeitslosenversicherung. Beim ersten Lesen habe ich mich regelrecht gefreut und mir gedacht: Jetzt werden diese Kämpfer für soziale Gerechtigkeit endlich die Arbeitslosenversicherung reformieren und eine Lösung ansteuern, die dafür sorgt, dass Arbeitnehmer, die länger eingezahlt haben, belohnt werden. Weit gefehlt, meine Damen und Herren! Der große Wurf der nicht mehr ganz so großen Koalition sieht hier vor, dass die Rahmenfrist von 24 auf 30 Monate erhöht wird. Das heißt, dass Menschen, die länger als 12 Monate gearbeitet haben, dies in Zukunft nicht innerhalb der letzten 24, sondern der letzten 30 Monate getan haben müssen, um ALG I zu bekommen. Entschuldigung, das ist schon alles? Die Rahmenfrist hat doch überhaupt keine Aussagefähigkeit für das Arbeitsleben eines Menschen. Das kann doch nicht zu einer gerechten Beurteilung der Ansprüche führen.
Wir als AfD-Fraktion wollen die Menschen belohnen, die 20, 25 oder 30 Jahre in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt haben. Da ist eine Rahmenfrist von 30 Monaten geradezu lächerlich.
(Beifall bei der AfD – Kerstin Tack [SPD]: Und die anderen?)
Wir brauchen einen ganzheitlichen Blick auf die Arbeitslosenversicherung. Das Lebenswerk eines Arbeitnehmers muss im Vordergrund stehen, und die Bezugsdauer des ALG I muss ganz klar an die Einzahlungsdauer geknüpft sein. Vereinfacht gesagt: Wer viel und lange gearbeitet und eingezahlt hat, soll auch länger Arbeitslosengeld I bekommen. Aber ich weiß – Ihr Schreien zeigt es ja wieder –: Für realitätsnahe oder für wahrlich gerechte Lösungen sind Sie ja schon seit längerem gar nicht mehr zuständig.
(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Durch die Abschaffung der Arbeitslosenversicherung? Unglaublich! Das ist eine wichtige Botschaft für die Leute in Deutschland!)
Denn entweder müssen Sie sich täglich mit dem eigenen Koalitionspartner beschäftigen oder mit sich selbst, mit dem Arbeitskreis Pferd oder ab und zu mit dem Kampf gegen rechts. Wissen Sie was, der deutsche Arbeiter dreht sich kopfschüttelnd um und wählt die AfD, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Der deutsche Arbeiter? Da spricht der Strasser-Flügel!)
Aber es bleibt festzuhalten: Das Einzige – das zeigt auch wieder dieser Gesetzentwurf –, was die Menschen an der SPD noch mit sozial gerecht verbinden und was tatsächlich sozial gerecht ist, sind Ihre Wahlergebnisse in Bayern und demnächst auch in Hessen.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Nächste Rednerin ist die Abgeordnete Antje Lezius für die Fraktion CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7282504 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 58 |
Tagesordnungspunkt | Qualifizierungschancengesetz |