18.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 58 / Tagesordnungspunkt 10

Detlev SpangenbergAfD - GKV-Versichertenentlastungsgesetz

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Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „ Einführung von kostendeckenden Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung für die Bezieher von Arbeitslosengeld II aus Steuermitteln“ lautet der Titel des Antrags der AfD-Fraktion zu diesem Thema. Wir beziehen uns hier auf das berechtigte Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag Seite 102, Zeile 4764. Wir haben auch hier wieder einen Fall, wo Leistungen ausgereicht werden, die vom Auftraggeber nicht gedeckt werden. Ich gehe einmal auf den Begriff der sozialen Versicherung ein. Das ist eine Gemeinschaft zur Abdeckung von Risiken mit der Möglichkeit, Leistungen zu empfangen. Es gilt das Solidarprinzip und jeder leistet Beiträge nach seinen Möglichkeiten. Aber es gilt auch – das ist der Unterschied – einen Grundbetrag zu leisten, einen Mindestbetrag, um auch Leistungsempfänger in der Solidargemeinschaft, in der Versicherung, zu sein; das ist der Grund. Bei den Arbeitslosengeld-II-Empfängern gibt es aktuelle Stellungnahmen des GKV-Spitzenverbandes vom Oktober 2018 und der Knappschaft mit der Aussage: Die Sicherheit des Lebensunterhalts der Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen, obliegt dem staatlichen Träger. Aber eigentlich müsste auch die gesundheitliche Vorsorge dort mit eingebaut sein; das ist sie aber nicht. So fehlt laut GKV-Spitzenverband der Betrag zur gesundheitlichen Grundsicherung, der normalerweise durch den Staat in den Gesundheitsfonds einzuzahlen wäre.

(Alexander Krauß [CDU/CSU]: Es bezahlt eigentlich nicht jeder das Gleiche! „Solidarisches Prinzip“ heißt das!)

Allerdings wurde die gesetzliche Krankenversicherung verpflichtet, die Sicherstellung der Gesundheit dieses Personenkreises zu gewährleisten. Mit dieser Verpflichtung ergeht ein Auftrag an die Krankenkassen, das zu tun, aber der Auftraggeber müsste diese Verpflichtung ausgleichen. Er müsste natürlich das Geld zahlen, das diese Personengruppe kostet.

Jetzt kommen wir zu den Zahlen. Es wird festgestellt, dass 96,81 Euro pro Monat für jeden arbeitslosen ALG-II-Empfänger eingezahlt werden. Laut „Ärzte Zeitung“ vom Dezember 2017 fallen aber rund 245 Euro Kosten pro Monat an, was einen Fehlbetrag im Gesundheitsfonds von rund 148 Euro ergibt.

(Alexander Krauß [CDU/CSU]: Das ist das Solidarprinzip! Kinder zahlen null Euro!)

Meine Damen und Herren, es gibt bereits einige, die weniger bezahlen müssen, zum Beispiel Studenten, Selbstständige und freiwillig Versicherte. Hier liegen die Beiträge zwischen 112 Euro und ungefähr 176 bis 190 Euro. Das heißt, selbst die Beiträge von denjenigen, die in irgendeiner Form privilegiert sind, liegen immer noch höher als die Beträge, die der Staat für seine Betreuungspflichtigen, nämlich die Arbeitslosengeld-II-Empfänger, bezahlt.

Den Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen von 12,7 Milliarden Euro für diese Gruppe sind rund 4 Milliarden Euro gegenüberzustellen, die eingezahlt werden. Das ergibt eine Deckungslücke von 8,7 Milliarden Euro, die hier fehlen. Das heißt, nicht einmal ein Drittel der Aufwendungen der Kassen werden durch Steuermittel gedeckt. Das ist nicht in Ordnung. Wenn ich jemandem einen Auftrag erteile, dann muss ich ihn auch so stellen, dass er den Auftrag erfüllen kann. Aber hier gibt es eine Riesenlücke in der Deckung.

(Beifall bei der AfD)

Das ist als eine nicht zu rechtfertigende Lastenverteilung auf Kosten der GKV-Versicherten zu werten, die durch Steuermittel auszugleichen ist.

Nicht nachvollziehbar oder auch bemerkenswert ist außerdem im Gegensatz dazu die Zusage, wie viel der Staat Arbeitslosengeld-II-Empfängern zahlt, die privat versichert sind. Sie bekommen von staatlicher Seite den Mindestbetrag von rund 340 Euro. Für sie werden also rund 244 Euro mehr gezahlt als für die Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die gesetzlich versichert sind. Das widerspricht jeder Logik. Wie gesagt: Hier muss man sich überlegen, was zu tun ist. Es ist nicht einzusehen, dass die gesetzlich Versicherten eine Leistung aufbringen müssen, die eigentlich eine gesamtgesellschaftliche Leistung ist. Wir haben eine Versicherungsgemeinschaft, und wenn ich jemanden dort hineinpacke, dann muss derjenige, der den Auftrag erteilt – ich sagte es schon –, auch die dafür nötigen Kosten aufbringen.

Die Forderungen von FDP und Linken, alle freiwillig versicherten Selbstständigen von den vorgesehenen abgesenkten 1140 Euro Mindestbeitragsbemessungsgrenze auf 450 Euro abzusenken, würde bedeuten, die Situation noch zu verschlimmern; denn dann bekämen die gesetzlichen Krankenkassen gerade mal 70 oder 65 Euro. Dadurch wird das Problem noch mehr verschärft; es sei denn, der Staat zahlt dem Gesundheitsfonds die Differenz, die ich eben nannte, von ungefähr 200 bis 240 Euro ein. Aber davon habe ich nichts gehört.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Dann bleiben wir doch lieber unfair! Typisch AfD!)

Meine Damen und Herren, es gibt eine Unterdeckung, die auszugleichen ist. Nun kommen wir zu einer interessanten Zahlenspielerei. Wir könnten nämlich, wenn der Staat seinen Verpflichtungen nachkommen würde, den Zusatzbeitrag komplett streichen. Die Summen – Sie haben eben von 8 Milliarden Euro gesprochen – stimmen ungefähr überein. Wenn der Staat seiner Verpflichtung nachkommen würde, die Krankenkassen mit dem Geld auszustatten, das ihnen für die Arbeitslosengeld-II-Empfänger zusteht, dann können wir den Zusatzbeitrag komplett streichen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Außerdem ist eine kleine Mogelpackung dabei: Wenn Sie den Arbeitgebern nämlich die Hälfte des Zusatzbeitrages aufdrücken, was passiert dann mit dem Geld? Das erscheint dann wieder in ihrer Kostenrechnung, und dann erhöhen diese entweder den Preis, oder sie entlassen Arbeitnehmer und zahlen weniger Steuern. – Das ist verschroben, aber wenn man sich ein bisschen mit BWL auskennt, dann müsste man das nachvollziehen können.

Recht vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Als Nächstes spricht der Kollege Dr. Karl Lauterbach für die SPD.

(Beifall bei der SPD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7282582
Wahlperiode 19
Sitzung 58
Tagesordnungspunkt GKV-Versichertenentlastungsgesetz
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