18.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 58 / Tagesordnungspunkt 13

Thomas SeitzAfD - Gründung eines Forum Recht in Karlsruhe

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist kurios, dass wir heute über zwei Anträge diskutieren, die inhaltlich vollständig identisch sind. Hintergrund ist offenbar, dass die Linken von den übrigen beteiligten Fraktionen boykottiert wurden.

Es kommt offensichtlich für die Mehrheit dieses Hauses nicht darauf an, was jemand sagt, sondern wer es sagt. Allein dieser entlarvende Umstand bringt den Zustand unserer Gesellschaft und damit auch unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung auf den Punkt. Es geht nicht um Werte und Rechtsgüter, sondern um Gesinnung. Und das, meine Herren und meine Damen, ist schäbiger als jede Form von Populismus.

(Beifall bei der AfD)

Zum Antrag selbst. Es geht um ein „Kommunikations-, Informations- und Dokumentationsforum“ mit drei „interagierenden ‚Denk- und Handlungsräumen’“ – schönes Geschwurbel. „ Recht und Rechtsstaatlichkeit sollen in einem spezifisch gestalteten öffentlichen Raum … erlebbar werden.“

In der Machbarkeitsstudie werden die Gesamtbaukosten auf 75 Millionen Euro und die jährlichen Betriebskosten auf rund 5,8 Millionen Euro geschätzt. Nach Elbphilharmonie, Stuttgart 21 und Berliner Flughafen wissen wir alle, was diese Schätzungen wert sind: nichts.

(Beifall bei der AfD)

Wir rechnen also mit Gesamtkosten von mindestens 100 Millionen Euro sowie jährlichen Betriebskosten von mindestens 8 Millionen Euro. Für die ersten zehn Jahre bedeutet dies also in der Summe 180 Millionen Euro für ein weiteres Museum. Von mir aus nennen Sie es „Museum 4.0“, dann ist wenigstens die FDP glücklich.

(Beifall bei der AfD)

Ein solches Museum braucht es aber nicht; denn der Raum, in dem Recht und Rechtsstaat erlebbar und begreifbar sind, existiert längst. Manche nennen diesen Raum ein „mieses Stück Scheiße“, die meisten Menschen nennen diesen Raum dagegen genauso wie wir von der Fraktion der AfD einfach „Deutschland“, „Heimat“ oder „Vaterland“.

(Beifall bei der AfD)

Der Bürger erlebt tagtäglich, ob sich die Regierung an die Gesetze hält oder nicht. Der Blick auf einen beliebigen Bahnhof in Deutschland reicht aus, um zu begreifen, dass seit über drei Jahren Artikel 16a Grundgesetz von der Bundesregierung mit Füßen getreten wird.

(Beifall bei der AfD – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Das ist alles zum Fremdschämen! – Niema Movassat [DIE LINKE]: Die Bevölkerung fragt sich, ob die AfD sich an die Gesetze hält!)

Am Kölner Hauptbahnhof hatte das am Montag schon wieder beinahe tödliche Folgen. Das von einem syrischen Terroristen in Brand gesteckte Mädchen wird sein Leben lang an seinen erlittenen Verletzungen zu leiden haben.

(Michel Brandt [DIE LINKE]: Bullshit-Rede! So viel kann man gar nicht trinken! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der LINKEN)

Der Bürger, der Bauchschmerzen hat, wenn seine Frau abends alleine zum Joggen geht, spürt unmittelbar, dass Leben, Gesundheit und Freiheit seiner Liebsten nicht mehr ausreichend geschützt werden,

(Beifall bei der AfD)

und zwar deshalb, weil die dafür Verantwortlichen es nicht können, es nicht für wichtig halten oder es vielleicht auch gar nicht wollen.

Der Bürger, der erleben muss, wie herabsetzende Äußerungen im Internet ausufernd verfolgt und drakonisch bestraft werden, während Vergewaltiger mit Bewährungsstrafen davonkommen,

(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Völliges Zerrbild! Das ist doch unglaublich, was Sie hier sagen! – Niema Movassat [DIE LINKE]: Wer so etwas erzählt, ist zu Recht kein Staatsanwalt mehr!)

braucht kein Museum, um zu begreifen, dass unser Rechtssystem völlig aus dem Gleichgewicht geraten ist und es in immer stärkerem Umfang nur noch darum geht, die offiziell gewünschte Gesinnung durchzusetzen.

(Beifall bei der AfD)

Über den Umfang der Aufgaben eines Staates kann man streiten. Oft ist da weniger mehr. Aber alle Befürworter sind sich einig: Der Schutz der Staatsgrenzen nach außen,

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das ist jetzt aber nicht das Thema!)

der Schutz von Leben, Freiheit und Eigentum sowie die Gewährleistung einer unabhängigen Justiz sind unverzichtbar. Wenn der Staat dies nicht mehr leisten kann oder will, dann wird die Staatsgewalt zum Unterdrückungsinstrument.

(Gökay Akbulut [DIE LINKE]: Setzen, sechs!)

Ich erinnere Sie an ein Zitat: „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande“. Vor fast genau sieben Jahren hat Papst Benedikt Ihnen diese Erkenntnis des Kirchenvaters Augustinus in seiner Ansprache an das Hohe Haus ins Stammbuch geschrieben. Bewirkt hat dies nichts;

(Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Bei der AfD jedenfalls nicht!)

denn 2011 war Deutschland im Vergleich zu heute noch fast vorbildlich in puncto Rechtsstaatlichkeit.

Noch 2011 wäre es auch von einer – angesichts bevorstehender dramatischer Wahlverluste in Panik geratenen – Staatspartei CSU als offensichtlich unverhältnismäßig erkannt worden, wegen des Verdachts auf Sachbeschädigung mittels abwaschbarer Sprühkreide und Kunstblut mit oberster polizeilicher Priorität eine Vielzahl von Hausdurchsuchungen durchzuführen.

(Beifall bei der AfD – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Zum Thema! – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Kommen Sie jetzt zum Thema!)

Ich komme zum Schluss.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Endlich!)

Liebe Kollegen aller Fraktionen, wenn Sie 180 Millionen Euro zur Förderung des Rechtsstaats übrig haben, dann stellen Sie diese Mittel bitte den Ländern zur Verfügung, damit diese die Ausstattung von Justiz und Polizei verbessern.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Mit Föderalismus kennen Sie sich nicht so aus!)

Denn, liebe Kollegen, vor allem aber Sie auf der Regierungsbank, die fast leer ist: Den Rechtsstaat muss man leben, anstatt ihn in einem popkulturellen Propagandamuseum auszustellen.

(Beifall bei der AfD – Marianne Schieder [SPD]: Und Hetze muss man lassen!)

Nächster Redner: Dr. Johannes Fechner für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7282634
Wahlperiode 19
Sitzung 58
Tagesordnungspunkt Gründung eines Forum Recht in Karlsruhe
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