Markus HerbrandFDP - Kindergeld für im Ausland lebende Kinder
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Dieses Thema beschäftigt uns nicht das erste Mal. Schon in der letzten Legislaturperiode gab es dazu eine Initiative von Wolfgang Schäuble, die damals noch an der SPD scheiterte. Nunmehr hat – das festzustellen, gebietet die Wahrheit – Bundesminister Heil einen neuen Versuch gestartet. Das ist ehrenwert, aber leider auch bislang ohne Erfolg.
In der Sache gibt es gute Gründe, sich mit aller Kraft bei den europäischen Partnern für die Änderung an der bestehenden EU-Regelung einzusetzen. Das ungute Gefühl, dass durch unsere vergleichsweise hohen Kindergeldzahlungen auch Fehlanreize gesetzt werden, gärt seit langem.
Jetzt haben wir wieder diese emotional aufgeladene Debatte im Plenum, und sie bietet erneut denjenigen ein Spielfeld, die sagen: Wir haben für alles eine Antwort, auch wenn das Problem noch so schwer ist.
(Marianne Schieder [SPD]: Das ist ja keine Antwort! Das ist nur Hetze!)
Die AfD vermittelt nämlich absichtlich und in mehrfacher Hinsicht in diesem Antrag falsche Eindrücke.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Erstens ist es Absicht der AfD, den Eindruck zu erwecken, andere würden sich dieses Themas überhaupt nicht annehmen. Ich habe eben schon etwas dazu gesagt: Es stimmt eben nicht.
Zweitens. Liest man Ihren Antrag, dann könnte man glauben, dass es bei den Zahlungen ins Ausland um die Mehrheit der Kindergeldausgaben in Deutschland geht. Dabei ist aber – die Zahlen sind schon genannt worden – rechnerisch 2017 weniger als 1 Prozent unserer Kindergeldzahlungen ins Ausland gegangen. Herr Gauland sagt dazu wohl „Vogelschiss“.
Dabei verschweigen Sie, dass es auch beispielsweise Fälle von im Ausland studierenden Kindern gibt. Das ist etwas völlig anderes. Es handelt sich hier keineswegs um Einwanderung in unsere Sozialsysteme.
Sie erwecken also – und das völlig beabsichtigt – den Eindruck, Deutschland sei wieder einmal der Zahlmeister Europas. Und diesen Eindruck mischen Sie in der Begründung mit Ihren ausländerfeindlichen Ressentiments. Alles beabsichtigt!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Wiebke Esdar [SPD])
Drittens lässt Ihr Antrag an überhaupt keiner Stelle erkennen, dass die Indexierung natürlich in beide Richtungen Auswirkungen hat. Schon die von Ihnen gewählte Überschrift des Antrags, die ja sehr irreführend ist, macht klar, dass es Ihnen hier beispielsweise nicht um in der Schweiz lebende Kinder geht. Für die müsste nämlich der deutsche Steuerzahler mehr Geld aufbringen.
Viertens vermitteln Sie in geradezu abenteuerlicher Art den Eindruck, dass auch Fälle von Missbrauch – das ist alles schon gesagt worden – durch Ihren Antrag erfasst würden. Das sind Einzelfälle von im Ausland lebenden Kindern, die erfunden wurden. Beide Fälle haben rein gar nichts miteinander zu tun.
Missbrauch von staatlichen Sozialleistungen muss selbstverständlich bekämpft werden – da sind wir alle einer Meinung –, und er muss auch sanktioniert werden. Mit dem Anliegen einer Indexierung allerdings haben diese Fälle nichts zu tun.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Es gibt strukturelle Schwächen im Kindergeldverfahren. Da muss man rangehen. Wenn Sie die beiden Fälle immer miteinander vermischen, entsteht automatisch ein falscher Eindruck, und genau das wollen Sie erreichen.
Und fünftens – das ist der entscheidende Punkt – wollen Sie den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes den Eindruck vermitteln, dass wir hier in eigener Zuständigkeit dieses Thema regeln können. Auch das hätten Sie eigentlich besser wissen können bzw. wissen müssen. Ansonsten kann man es auch nachlesen.
Es ist immer das gleiche Muster. Es ist genau die Absicht, die spürbare Unzufriedenheit der Menschen unter anderem auch mit EU-Vorgaben zu benutzen, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Diese Kampagne hier eignet sich aber dazu nun überhaupt nicht, weil wir nicht einmal zuständig sind.
(Beifall der Abg. Kerstin Tack [SPD])
Alles zusammengenommen mag der Antrag der AfD bei aller berechtigten Kritik in der Sache am Ende doch recht unappetitlich sein. Er ist weder zielführend noch zustimmungsfähig, weil uns ein europarechtskonformer Gesetzentwurf, wie gefordert, nicht einen Zentimeter weiterbringt.
In der Sache fordern wir die Bundesregierung allerdings auf, auf europäischer Ebene die Angelegenheit weiter zu verfolgen und den Missbrauch beim Kindergeld effektiver zu bekämpfen.
Ich darf mich für die Aufmerksamkeit bedanken.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank, Kollege Herbrand. – Nächster Redner: Jörg Cezanne für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7282653 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 58 |
Tagesordnungspunkt | Kindergeld für im Ausland lebende Kinder |