18.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 58 / Tagesordnungspunkt 21

René RöspelSPD - Mobilitätsforschung

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Guten Abend, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hallo, Hamed auf der Tribüne! Wir freuen uns über einen Zuschauer.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Tino Chrupalla [AfD]: Das ist euer letzter Wähler!)

Er wird wahrscheinlich erleben, dass wir jetzt noch eine Stunde – oder vielleicht weniger – hier an unserem Arbeitsplatz verbringen. Dann werden wir wahrscheinlich alle ein Ziel haben, nämlich diesen Arbeitsplatz zu verlassen und nach Hause zu kommen. Ich vermute jedenfalls, dass niemand heute hier übernachten wird.

Das heißt, wir alle werden gleich sehr unterschiedliche Formen von Mobilität produzieren, und diese hängt ab von den Rahmenbedingungen, die sich jeder irgendwann einmal selbst gesetzt hat. Da gibt es zum Beispiel diejenigen, die gesagt haben: „Ich wohne lieber in einem Außenbezirk von Berlin, wo es ruhiger ist, wo es weniger Lärm gibt, wo die Mieten niedriger sind“; die werden heute wahrscheinlich mit dem Auto, weniger wahrscheinlich mit der U‑ oder S‑Bahn dahin fahren müssen, also eine solche Form von Mobilität produzieren. Und dann gibt es andere, die gesagt haben: „Ich wohne lieber in der Innenstadt, wo es vielleicht lauter und die Miete etwas höher ist, aber ich bin eben in 15 Minuten zu Fuß vom Reichstag zu Hause“; das ist die andere Form von Mobilität. Mit diesem Beispiel will ich sagen, dass wir nicht allein über Mobilität reden können, sondern dass es eine viel breitere, eine globalere Betrachtung des Problems geben muss.

Tatsächlich machen die Große Koalition und die Bundesregierung seit 2015 auch das, zum Beispiel indem wir ein Modellvorhaben „Langfristige Sicherung von Versorgung und Mobilität in ländlichen Räumen“ auf den Weg gebracht haben. Auch das ist kein lächerliches Spielprojekt, wie man bei der Büttenrede gerade vielleicht hätte denken können, sondern es ist für Menschen, die auf dem Dorf leben, sehr wohl interessant, ob es dort noch einen Laden gibt, ob die Kita in der Nähe ist und sie sich das Autofahren ersparen können, weil die Vor-Ort-Versorgung funktioniert – ein wichtiges Thema, mit dem man überflüssige Mobilität verhindern kann.

Ich habe aus meiner Kindheit in Erinnerung, dass es in jeder zweiten Straße einen Tante-Emma-Laden gab und man maximal ein Auto in der Familie brauchte, das man vielleicht für Urlaubsfahrten benutzte. Also auch da muss man Mobilität, muss man Gesellschaft, muss man Stadtentwicklung breiter denken, als vielleicht einige dazu in der Lage sind.

(Beifall bei der SPD)

Tatsächlich haben die Grünen recht: Auch Mobilität muss betrachtet werden, wir brauchen moderne Mobilitätskonzepte. Auch da sind wir eigentlich schon – Herr Steier hat es bereits gesagt, und Arno Klare wird noch ein paar ganz konkrete Beispiele nennen – auf einem recht guten Weg. Seit 2015 gibt es den Wettbewerb Zukunftsstadt, wo in der Endauswahl acht Kommunen zu Modellprojekten werden, wo die Kommunen Reallabore entwickeln, wo innovative Ideen einem Praxistest unterzogen werden, um zu zeigen: Vielleicht müssen wir Stadtentwicklung auch anders machen, vielleicht gibt es Mobilität, die nicht ohne Weiteres zulasten der künftigen oder schon der heutigen Generationen geht. Wer zu lange am Auspuff steht, wird vielleicht merken, dass das gar nicht so gesund sein kann.

Letztes Jahr hat es eine Konferenz und daraus folgend einen Agendaprozess gegeben: „Wege zur Mobilitätswende – Forschung und Innovation für nachhaltige urbane Mobilität“. Herr Steier hat das gerade schon erwähnt. Das ist tatsächlich der richtige Ansatz. Das ist kein Ansatz, der uns zurückfallen lässt in alte Zeiten, sondern ein innovativer, kreativer Ansatz.

Meine Kinder kennen nichts anderes als den Euro; das finden die normal. Und ich behaupte, dass spätestens die Kinder meiner Kinder nicht mehr darauf insistieren werden, ein eigenes Auto zu haben. Wie langweilig ist es, das den ganzen Tag vor der Tür stehen zu haben! Die werden auf ihrer App einprogrammieren, dass sie bitte schön um 17.18 Uhr zu Hause abgeholt werden – umweltfreundlich –, um dann eine Stunde später irgendwo anders sein zu können. Das ist doch Hightech. Das ist eine gute Zukunft, und die muss man heute organisieren.

Deswegen werden die Ergebnisse aus solchen Konferenzen in die Agenda einfließen, die zurzeit vom BMBF erarbeitet wird. Es werden Modellprojekte, Experimentierräume geschaffen, wie wir sie schon im Koalitionsvertrag beschrieben haben und wie sie auch in der Hightech-Strategie nachzulesen sind.

Ich komme zum Schluss, indem ich sage: Ja, Forschung ist wichtig und gut, und man braucht sie auch, um neue Ideen zu bekommen und Umsetzungsmöglichkeiten zu finden. Aber ich glaube, dass das eigentliche Problem mittlerweile auf einer ganz anderen Ebene liegt. Erstens haben wir eine Automobilindustrie, die die Zeichen der Zeit lange Jahre verpennt hat. Wir könnten viel weiter sein: Es gibt schon seit 2009 Modellprojekte, Modellregionen, wo Elektromobilität gefördert wird. Ich fahre seit vier Jahren ohne Problem ein E-Mobil, und das ist wunderbar. Man kann es mit dem überschüssigen Strom der Photovoltaikanlage speisen; das macht auch noch Spaß. Man sieht, wie man rekuperiert und Energie spart. Da könnte die Industrie viel weiter sein.

Den noch wichtigeren zweiten Punkt habe ich schon ganz zu Anfang angesprochen: Auch wir müssen unser Verhalten ändern. Bundespräsident Gustav Heinemann, in meinem Wahlkreis geboren, sagte: Wenn wir mit dem Finger auf andere zeigen, zeigen immer drei Finger auf uns zurück. – Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Dann gelingt auch die mobile Wende.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat Dr. Thomas Sattelberger für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7282906
Wahlperiode 19
Sitzung 58
Tagesordnungspunkt Mobilitätsforschung
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