Michael BrandCDU/CSU - Menschenrecht auf Religionsfreiheit
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Das C in unserem Parteinamen ist eine Provokation.“ – Dieser Satz eines ehemaligen CDU-Generalsekretärs hat eine wichtige Bedeutung für unsere heutige Debatte. Die Provokation des C bedeutet nämlich, dass wir dem christlichen Menschenbild verpflichtet sind, und das christliche Menschenbild bedeutet, dass wir allen Menschen verpflichtet sind, nicht alleine den Christen. Das C ist für uns auch ein Leitfaden unseres politischen Handelns.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, übrigens das, was uns von denen unterscheidet, die über Christen reden und die das Reden über Christenverfolgung nicht etwa aus religiösen Gründen, sondern aus politischen Gründen auf die Agenda heben. Denen geht es um Spaltung; denen geht es um Hass.
(Widerspruch bei der AfD)
Das hat die Bemerkung zu Frau Kollegin Özoğuz eben gezeigt. Uns geht es um das Gegenteil: um das friedliche Miteinander.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Thema Christenverfolgung lässt sich auch keineswegs auf einen Kulturkampf zwischen Christentum und Islam reduzieren, wie mancher behauptet – auch um bewusst zu spalten. Mir spricht so aus dem Herzen der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, der formuliert hat:
Unser Einsatz für die Christen ist exemplarisch, aber nicht exklusiv.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Christen sind die größte Gruppe der Gläubigen auf diesem Globus. Sie zählen auch die größte Zahl der Verfolgten. Insbesondere in intoleranten Ländern – ob kommunistisch, islamistisch oder nationalistisch – zählen sie als Minderheit zu den Verfolgten dieser Erde. „ Leben und leben lassen, glauben und glauben lassen“, so treffend hat es der in Kairo geborene und heutige Bischof der koptischen Christen in Deutschland, Bischof Damian, der dort oben sitzt, kürzlich in einem persönlichen Gespräch gesagt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auf der Tribüne sitzen gesuchte wie geschätzte Gesprächspartner, die Vertreter von vielen Religionsgemeinschaften, insbesondere der christlichen Religionsgemeinschaften. Auch Jesiden, Juden, Muslime, die so starker Verfolgung weltweit unterworfen sind, hören uns zu. Wir freuen uns, dass Sie da sind. Wir werden gleich nach der Debatte auf Einladung des Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU Ralph Brinkhaus die Gelegenheit zum Austausch haben. Seien Sie uns herzlich willkommen!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will angesichts auch der Teilnahme von Jesiden sagen: Wir freuen uns, dass eine Jesidin, eine zerbrechliche und eine mutige Frau, Nadia Murad, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wird. Sie hat die Hölle erlebt. Sie setzt sich heute für andere ein. Noch über 3 000 Frauen sind versklavt in IS-Gefangenschaft. Auch die müssen befreit werden, und die Täter müssen vor einem internationalen Gericht zur Verantwortung gezogen werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Jürgen Braun [AfD] und Stefan Liebich [DIE LINKE] – Zuruf von der AfD: Die Täter holen Sie doch hier nach Deutschland!)
Liebe Gäste, keiner von Ihnen und kein wahrer Gläubiger wird auch nur einen Gedanken daran verschwenden, den Schutz von bedrohten Minderheiten zu einer billigen polemischen Münze in einer innenpolitischen Debatte umfälschen zu wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nein, wer die verfolgten Christen wirklich schützen will, der muss konkret arbeiten. Diese Koalition tut das.
(Zurufe von der AfD)
Ich will an dieser Stelle ganz besonders Volker Kauder für seinen langjährigen Einsatz und auch für seinen künftigen Einsatz danken.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Viele aus der Opposition tun das. Wir haben im Koalitionsvertrag Ziele festgelegt, die dem Schutz verfolgter religiöser Minderheiten dienen. Neu ist ein Beauftragter der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, Markus Grübel, der gleich das Wort ergreifen wird. Ich verweise auch auf unseren Stephanuskreis; Heribert Hirte wird sich gleich zu Wort melden. Es wird künftig einen Bericht über die weltweite Lage der Religionsfreiheit mit einem systematischen Länderansatz geben. Das ist was Neues. Das wird sich auch in der konkreten Politik widerspiegeln, und es spiegelt sich eben auch in unserem Antrag wider, den Sie vorliegen haben: „Menschenrecht auf Religionsfreiheit weltweit stärken“. Er umfasst sieben Seiten und enthält sehr konkrete Forderungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die deutsche Außenpolitik ist eine Außenpolitik mit menschlichem Gesicht. Wir setzen uns international mehr als viele andere Länder für Verfolgte ein, besonders auch für Verfolgte, die ihres Glaubens wegen verfolgt werden, und das tun wir nicht als Regierung oder als Opposition; wir tun dies als Bundestag insgesamt. Es zählt zur Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland, dass wir uns für Menschenrechte – und die Religionsfreiheit ist ein zentrales Menschenrecht – weltweit einsetzen. Das ist ein großes und ein wertvolles Gut dieses Landes.
Verfolgung von religiösen und anderen Minderheiten geht zurück auf Ausgrenzung und Intoleranz. Wer sich gegen Hass auflehnt, wer für Toleranz und Miteinander statt für Ausgrenzung kämpft, der tut aus meiner Sicht ein christliches und – auch das möchte ich sagen – ein gottesfürchtiges Werk.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wer aus ehrlichen Motiven den Schutz von christlichen und anderen Minderheiten verbessern will, der ist uns willkommen. Wer aber unaufrichtig und mit der Absicht, zu spalten, das Elend der Schutzlosen missbraucht,
(Widerspruch bei der AfD)
der trifft auf unsere Ablehnung und auf unseren aktiven Widerstand.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE] – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Jetzt ist mal gut mit der Spalterei! Mein Gott! Furchtbar!)
Ich appelliere bei diesem sehr grundsätzlichen Thema an alle Religionsgemeinschaften, an alle politischen Gruppierungen und an alle Menschen guten Willens: Lassen Sie uns gemeinsam für Verfolgte eintreten, so wie wir das auch bisher getan haben! Lassen Sie uns den Dialog der Religionsgemeinschaften fördern, um immer mehr Verständnis zu fördern und immer weniger Ausgrenzung zu erlauben! Unterstützen wir in allen Ländern diejenigen, die in der Mehrheit sind, nämlich solche, die als Christen, als Juden, als Muslime, als Buddhisten, als Hinduisten oder andere wissen, wie wertvoll der Glaube ist, und deshalb so großen Respekt vor denjenigen haben, die ihren Glauben auch praktizieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will mit einer Begebenheit enden. Als Papst Franziskus vor einigen Jahren Albanien besuchte und ein älterer Mann in traditioneller Kleidung gefragt wurde, ob er denn auch zur Begrüßung des Papstes komme, antwortete er – er war ganz offensichtlich ein Muslim – freudestrahlend: Natürlich werde ich den Papst begrüßen. Ich muss nur noch vorher in die Moschee, um zu beten, und dann gehe ich auf die Straße, um ihn zu begrüßen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt Millionen solcher Beispiele, die nicht nur die Verfolgung von Christen und anderen Minderheiten, sondern eben das Miteinander und den Schutz füreinander dokumentieren. Lassen Sie uns gemeinsam, Christen wie Nichtchristen, weiterarbeiten. Wir dürfen nicht aufhören, uns für eine Welt einzusetzen, in der wir Brüder und Schwestern im Glauben sind und in der wir die Freiheit der anderen schützen, Glauben auch zu praktizieren. Das Wichtigste daran ist, wieder und wieder das gute Beispiel zu setzen und immer wieder den Hass und die Ausgrenzung zu bekämpfen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Als Nächstes spricht Dr. Stefan Ruppert für die Fraktion der FDP.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7282990 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 59 |
Tagesordnungspunkt | Menschenrecht auf Religionsfreiheit |