Markus GrübelCDU/CSU - Menschenrecht auf Religionsfreiheit
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Bundesregierung und die Koalition aus CDU, CSU und SPD setzen Zeichen. Wir setzen uns noch stärker als bisher für die Religions- und Weltanschauungsfreiheit ein. Religionsfreiheit – ein fundamentales Menschenrecht. Im Dezember werden wir uns an 70 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte erinnern – ein großer zivilisatorischer Fortschritt! Und doch: Die Verletzung der Religionsfreiheit hat massiv zugenommen in der Welt: Drei Viertel aller Menschen leben in Ländern, die Religionsfreiheit einschränken oder gar völlig infrage stellen. Leider zeigt uns der Blick ins Inland: Auch in Deutschland gibt es Verfolgung aus religiösen Gründen. In der Statistik lesen wir: 2017 gab es 1 504 antisemitische Straftaten, 1 074 islamfeindliche Straftaten und 129 christenfeindliche Straftaten in Deutschland. Dem stellen wir uns gemeinsam entgegen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Braun [AfD])
Meine Aufgabe wird sein, einen Bericht über die Lage der Religionsfreiheit in der Welt zu erstellen. Ich will im kommenden Jahr zusammen mit dem Auswärtigen Amt und dem BMZ mit Ihnen, den Abgeordneten des Deutschen Bundestages, aber auch mit der Zivilgesellschaft und insbesondere den Kirchen und Religionsgemeinschaften diesen Bericht erarbeiten und vorlegen. Ich möchte dabei einen länderspezifischen Ansatz wählen, aber auch thematische Schwerpunkte bilden, zum Beispiel zum Recht auf Konversion, aber auch Aufklärung über interreligiöse Kooperationen leisten. Der Bericht soll ein verständliches Nachschlagewerk werden für eine breite Öffentlichkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Religionsfreiheit ist nie exklusiv, sie gilt immer auch allen benachteiligten religiösen Minderheiten.
In meiner letzten Rede hier im Deutschen Bundestag habe ich über die Lage der Jesiden und Christen im Norden Iraks geredet. Heute möchte ich über die Lage der Rohingya in Myanmar und Bangladesch sprechen. Ich habe die Camps in Cox’s Bazar im Süden Bangladeschs besucht. Da leben 600 000 Rohingya auf engstem Raum unter schlimmsten Bedingungen. 40 Prozent von ihnen sind unter zwölf Jahre alt: Kinder, die keine richtige Schule besuchen können. Die Erwachsenen haben keine Arbeit. Die Grundbedürfnisse werden zwar befriedigt; aber die Lage ist insgesamt aussichtslos. Regen führt zu Erdrutschen; während des Monsuns leben die Menschen buchstäblich im Schlamm. In dieser Region Bangladeschs ist das Verhältnis von Einheimischen zu Flüchtlingen eins zu sechs, ein Einheimischer, sechs Flüchtlinge: Wir wissen, was das für Spannungen erzeugen kann. Die Mehrzahl der Rohingya will zurück in ihre Heimat Myanmar. Die Angst vor Verfolgung und die Frage nach einer Existenzgrundlage halten sie davon ab.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man Radikalisierung und islamistischen Hasspredigern besser den Boden bereiten als mit solchen Zuständen? Wir müssen im europäischen Rahmen dringend dafür sorgen, dass religiöse Diskriminierungen nicht belohnt werden. Die Weltgemeinschaft darf niemals hinnehmen, dass Staaten versuchen, sich religiöser oder ethnischer Minderheiten zu entledigen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Gyde Jensen [FDP])
Es gibt Regionen in Myanmar, in denen Buddhisten, Muslime und Christen friedlich zusammenleben; das muss der Maßstab sein. Wenn die Bundesregierung sich dem Thema Religionsfreiheit widmet, dann immer mit einem Ziel: alle Menschenrechte zu stärken. Ich möchte an dieser Stelle explizit meiner Kollegin, der Menschenrechtsbeauftragten Frau Kofler, und dem Antisemitismusbeauftragten Herrn Klein danken.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Den Grünen sage ich: Für jeden von uns gibt es wahrlich genug Arbeit.
Zurück zur Religionsfreiheit: Leider werden Religionen heute häufig von Staaten oder Gruppen missbraucht. Ich möchte aber auch eine andere Seite betrachten, nämlich das große Potenzial der Religionen. Es gibt weltweit viel mehr religiöse Menschen guten Willens als Fanatiker. Wir müssen noch viel mehr tun, um das positive Potenzial der Religionen auszuschöpfen. Ich rege deshalb auch an, dass wir bei der Ausbildung von Diplomaten und WZ-Referenten an den Botschaften die Religionssensibilität und die Religionskompetenzen stärken.
Ich möchte meine Rede mit zwei positiven Beispielen schließen, die ganz hervorragend zeigen, wie interreligiöses Miteinander funktionieren kann. Solche guten Beispiele können auch zur Nachahmung dienen.
Beispiel Mosul: In dieser vom IS zerstörten Stadt haben jüngst 30 junge Irakerinnen und Iraker gemeinsam ein Zeichen gesetzt. Sie reinigten zusammen die örtliche Moschee und die beschädigte Kirche der Heiligen Jungfrau Maria – wahrlich ein Zeichen der Hoffnung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Beispiel Senegal: Vor einer Woche habe ich mit dem senegalesischen Bildungsminister gesprochen. Im Senegal hat das friedliche Miteinander der Religionen Tradition – Karamba Diaby nickt. Der erste Präsident war Christ, und das in einem Land mit über 90 Prozent Muslimen. Damit Religionsfreiheit auch heute in Zeiten von Radikalisierung fortbesteht, schaut der senegalesische Staat jetzt stärker in die Koranschulen und bindet sie in das öffentliche Schulsystem ein. Ziel ist, einerseits religiöse Schulbildung zu ermöglichen, aber auch die Werte der Republik wie Religionsfreiheit und Toleranz zu vermitteln. So verhindert man fundamentalistische Einflussnahme, die entstehen könnte, wenn andere diese Koranschulen finanzieren.
Diese Beispiele illustrieren das Anliegen unseres Antrages. Religionsfreiheit ist ein zentrales Menschenrecht und steht für nachhaltige Entwicklung. Religionen werden missbraucht – leider viel zu oft. Religionen haben aber auch ein großes Potenzial, zum Frieden in der Welt beizutragen. Lassen Sie uns in diesem Sinne für Religions- und Weltanschauungsfreiheit kämpfen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Nächste Rednerin ist die Abgeordnete Gyde Jensen für die Fraktion der FDP.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7282998 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 59 |
Tagesordnungspunkt | Menschenrecht auf Religionsfreiheit |