19.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 59 / Tagesordnungspunkt 27

Gyde JensenFDP - Menschenrecht auf Religionsfreiheit

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was im April galt, Herr Braun, das gilt immer noch. Dieser Antrag der AfD-Fraktion ist nichts als ein Feigenblatt für Ausgrenzung von Religionsgemeinschaften.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Spaltung!)

– Die Spaltung kommt noch, Herr Gauland.

(Frank Schwabe [SPD]: Schön, dass er es schon selber sagt! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Ah ja! Dann ist es ja gut!)

Christenverfolgung wird in Ihrem Antrag einseitig als Problem islamischer Staaten deklariert. Damit zerstören Sie das Prinzip der Gleichwertigkeit aller Glaubensgemeinschaften.

Meine Damen und Herren, in diesem Antrag steht, dass Christen geschützt werden sollen. Dem stimmen wir als Freien Demokraten natürlich definitiv zu.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU])

Die Wirkung des Antrags der AfD-Fraktion ist allerdings eine ganz andere. Religionen werden hier gegeneinander ausgespielt. Das ist Ihr Ziel. Unser Ziel ist das nicht. Wer Religionen gegeneinander ausspielt, schadet allen Religionen – auch dem Christentum.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion geht es bei diesem Thema nicht um den Schutz vor Verfolgung; es geht um die Ausgrenzung von Muslimen. Genau so verstehen Sie eben auch Menschenrechte: Für die einen gelten sie ein bisschen mehr, für die anderen ein bisschen weniger.

Im Gegensatz zu Ihnen bin ich fest davon überzeugt, dass uns in diesem Hohen Hause gerade der Glaube an die Gültigkeit der Menschenrechte und daran, dass diese für alle gleichermaßen gelten, einen sollte.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich Ihren Antrag lese, muss ich feststellen: Sie scheinen das Konzept von Menschenrechten vorsätzlich falsch verstehen zu wollen. Als Vorsitzende im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe habe ich schnell eines gelernt: Die Art, wie Sie Politik machen, hat Methode. Was Sie machen, ist eigentlich nichts anderes als gesellschaftliche Brandstiftung.

(Zuruf von der AfD: Legen Sie mal eine neue Platte auf!)

Ich möchte Ihnen gern noch mal erklären, warum das so ist. Im politischen Streit darf es nie um das Ob von Menschenrechten gehen. Niemand in diesem Haus darf ernsthaft die These aufstellen, dass Menschenrechte für bestimmte Gruppen mehr oder weniger gelten. Es gibt keine Menschenrechte light.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt auch keine Menschen erster und zweiter Klasse. Ihr Auftreten an dieser Stelle ist ein ausgewiesenes Beispiel für die Demagogie, die Sie in die Gesellschaft tragen wollen.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das hat auch nichts mit schlechter Kinderstube zu tun. Vielmehr entscheiden Sie sich bewusst für Provokation um jeden Preis. Wir müssen hier viel mehr darüber reden, wie Menschenrechte zur Geltung gebracht werden können. Da ist noch viel zu tun: international, national. Doch während wir hier über die Akzeptanz von Vielfalt sprechen, versuchen Sie nur – und jetzt kommt es, Herr Gauland –, zu spalten.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Wunderbar!)

– Sie können gerne Bullshit-Bingo spielen; es ist trotzdem wahr. – Menschenrechte sind nicht an Bedingungen geknüpft. Sie müssen nicht verliehen werden. Sie sind für alle gleich, und sie sind unveräußerlich. Das hat Herr Gehring von den Grünen ebenfalls gesagt.

Genau aus diesem Grund fordert das Grundgesetz nicht: Die Würde des Menschen darf nicht angetastet werden. Vielmehr steht dort: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Jeder, der Menschenrechte anrührt, verletzt sie. Zu Menschenrechten kann man daher auch keine Meinung haben. Entweder man achtet sie und liegt richtig, oder man achtet sie nicht und liegt falsch.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Deutsche Bundestag sollte auf dem Boden der Verfassung, auf dem Boden von Rechtsstaatlichkeit ein Zeichen gegen jedwede religiöse Gewalt setzen. Wir sind in der einzigartigen Position, so viel für Menschenrechte tun zu können – für den Schutz von Leben, für Religionsfreiheit, für Freiheit und Menschenrechte weltweit.

Mit diesem Antrag machen Sie von der AfD-Fraktion sich zu einer unheiligen Sammlung von Biedermännern und Brandstiftern. Das ist ein Buch von Max Frisch. Das sollten Sie vielleicht auch mal lesen.

(Beifall bei der FDP und der SPD – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Der liest ja nur die Tageszeitung!)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Sebastian Brehm für die Fraktion CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7283000
Wahlperiode 19
Sitzung 59
Tagesordnungspunkt Menschenrecht auf Religionsfreiheit
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