Wilfried OellersCDU/CSU - Streikrecht bei Ryanair durchsetzen
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Linken haben heute einen Antrag zu der besonderen Situation bei der Fluggesellschaft Ryanair eingereicht. Lassen Sie mich dazu zunächst etwas Allgemeines sagen.
Tarifautonomie und Mitbestimmung sind Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft, die unser Land stark gemacht haben. Wir haben gesehen – ich denke da insbesondere an 2008/2009 zurück –, dass gerade die Tarifpartnerschaft dazu geführt hat, dass man gut durch diese schwierige Zeit gekommen ist. Deswegen ist es wünschenswert – das sollte für jedes Unternehmen selbstverständlich sein –, die Tarifpartnerschaft zu leben und sie mit Inhalten zu füllen.
Wenn man solche Entwicklungen wie bei Ryanair sieht, dann muss man aber ganz ehrlich sagen: Das kann man in keiner Weise gutheißen und schönreden. Das sage ich ganz deutlich, und das mache ich auch nicht.
(Zuruf von der LINKEN: Wow!)
Das, was dort geschieht, ist in dieser Form sicherlich zu verurteilen. Da bin ich also gar nicht ganz so weit von Ihnen weg.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Frage ist natürlich, wie wir darauf reagieren. Sie, liebe Kollegen von den Linken, haben zwei Vorschläge eingereicht. Ich will auf den ersten Vorschlag, den im Hinblick auf § 117 Betriebsverfassungsgesetz, eingehen. Wenn man sich diese Regelung anschaut, muss man sich natürlich fragen: Was ist da damals geregelt worden, und was war der Hintergrund? Dass man zwischen Bodenpersonal und Flugpersonal unterschieden hat, hatte den Hintergrund, dass es eine Ortsungebundenheit der im Flugbetrieb tätigen Mitarbeiter gibt, die gesetzgeberisch nicht ganz einfach zu regeln ist. Deswegen ist es in meinen Augen nicht verkehrt, dass man die Tarifpartnerschaft heranzieht, um diese Einzel- und Sonderfälle speziell regeln zu können.
In diesem Zusammenhang muss man aber auch zur Kenntnis nehmen, dass es, bezogen auf § 117 Absatz 2 Betriebsverfassungsgesetz, mehr als zehn Tarifverträge gibt. Wenn man jetzt fordert, diesen Paragrafen zu streichen, dann entzieht man den Tarifverträgen ein bisschen die Grundlage. An dieser Stelle muss man also aufpassen. Ich will nicht in Abrede stellen, dass man sich den § 117 Betriebsverfassungsgesetz vor dem Hintergrund dieser neuen Situation – und an solchen Situationen muss man Gesetze immer messen – noch einmal genau anschauen muss. Aber ich denke, an der Stelle müssen wir vorsichtig sein, wie wir damit umgehen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum denn?)
Der Vorschlag, den Minister Heil unterbreitet hat, ist schon angesprochen worden. Ich will meinem Vorredner ein bisschen widersprechen. Er hat das nicht übernommen. Er hat vielleicht den Grundgedanken übernommen, dass wir § 117 angehen müssen, aber er hat nicht Ihren Vorschlag übernommen, § 117 zu streichen. Das muss man der Ehrlichkeit halber dazusagen.
Wir werden uns das Problem ganz genau anschauen. Sie machen mit Ihrem Antrag dazu den Aufschlag. Ich bitte aber, wie gesagt, zu berücksichtigen, dass wir trotz § 117 Absatz 2 schon funktionierende Tarifverträge haben. Daher muss man das sicherlich auch aus diesem Lichte heraus betrachten.
Sie haben als zweiten Punkt die ILO-Kernarbeitsnormen angesprochen, die einzuhalten sind. Ich meine, das sollte für diejenigen, die sie ratifiziert haben, eine Selbstverständlichkeit sein. Aber bei der konkreten Formulierung in Ihrem Vorschlag muss man berücksichtigen, welche Kreise das dann im Ergebnis zieht. Sie haben jetzt den Fall Ryanair im Blick. Die ILO-Kernarbeitsnomen sind zwar von vielen Nationen ratifiziert worden, aber inwieweit sie sich tatsächlich daran halten, muss man vielleicht noch einmal genau überprüfen. Ich habe so meine Bedenken, ob der Antrag an der Stelle nicht zu weitgehend ist.
Insgesamt muss man sicherlich auch feststellen – das ist auch ein Appell an die Allgemeinheit –: Natürlich versucht erst einmal jeder, für sich das Günstigste herauszuholen, um möglichst viel zu verdienen. Aber da, wo man Dumpingpreise einsetzt, gibt es in der Tat erst einmal Wettbewerbsunterschiede, und man muss vor allem sehen, dass die Dumpingpreise auf dem Rücken von bestimmten Leuten ausgetragen werden. Das darf nicht sein.
Deswegen freue ich mich schon auf die Beratungen. Damit werden wir uns intensiv befassen. Sehen Sie mir nach, dass ich in der Kürze der Zeit – der Antrag wurde erst gestern verteilt – nicht näher darauf eingehen kann. Aber das sehen wir uns sicherlich noch ganz genau an.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7283011 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 59 |
Tagesordnungspunkt | Streikrecht bei Ryanair durchsetzen |