19.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 59 / Tagesordnungspunkt 29

Kay GottschalkAfD - Steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Liebe Mitbürger auf den Tribünen und – hoffentlich zahlreich – zu Hause vor den Bildschirmen! Heute debattieren wir ein Gesetz – die Staatssekretärin Frau Lambrecht hat es vorgestellt –, durch das der Mietwohnungsneubau steuerlich gefördert werden soll, so wie eben von ihr beschrieben. Ich nenne das einfach – ich werde das auch im Folgenden ausführen – „Scheinheiligkeitsplacebogesetz“ und werde Ihnen auch gleich belegen – hören Sie gut zu –, warum Sie in Deutschland so hohe Mietpreise, insbesondere in den rot regierten Ballungsräumen, haben.

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Da sind wir aber gespannt!)

Als Ziel gibt dieses Gesetz an, dass 1,5 Millionen neue Wohnungen gebaut werden. Das lassen wir uns auf der Zunge zergehen: 1,5 Millionen neue Wohnungen. Dafür soll sowohl – Sie haben es ausgeführt – der Neubau von Gebäuden als auch der Ausbau bestehender Gebäude gefördert werden. Aber wie immer bei dieser Regierung: Gut gedacht ist eben nicht handwerklich gut gemacht. Ihr Entwurf ist im Prinzip eine Wiedereinführung des § 7b Einkommensteuergesetz. Sie wollen in den ersten vier Jahren zuzüglich zu der vorhandenen 2-prozentigen Abschreibung eine Sonderabschreibung von 5 Prozentpunkten ermöglichen. Anschaffungs- und Herstellungskosten sind dort dann zu berücksichtigen. Dies entspräche immerhin einer Förderung von 28 Prozent in den ersten vier Jahren.

Jetzt kommen wir zum Thema Bauanträge. Ich glaube, Investoren und Menschen, die investieren, können selbst am besten entscheiden, wann sie investieren. Sie haben diese gesetzliche Regelung zeitlich begrenzt.

Zum Zweiten hat dieser Paragraf, den Sie dort einführen, eine Realitätsverweigerung schon innewohnend, nämlich – Sie sagten es bereits – Anschaffungskosten von 3 000 Euro pro Quadratmeter. Meine Damen und Herren, überlegen Sie noch mal! 3 000 Euro pro Quadratmeter! Wir von der AfD wie auch viele Experten da draußen – der Bund der Steuerzahler und viele mehr – sehen gerade hier das existenzielle Problem dieses Gesetzes. Diese Grenze berücksichtigt nämlich nicht das Preisgefälle zwischen Stadt und Land oder zwischen Ost und West, meine Damen und Herren. Vielleicht können Sie in der Börde für 3 000 Euro pro Quadratmeter eine Luxuswohnung erstellen, was Sie ja eigentlich nicht wollen, Frau Lambrecht; aber versuchen Sie das mal in München, Hamburg oder Stuttgart! Es ist schier ein Witz und Realitätsverweigerung. Schon hier versagt dieses Gesetz.

(Beifall bei der AfD)

Weiterhin fallen Kaufnebenkosten voll in diese Grenze hinein. Die Nebenkosten – das werde ich Ihnen gleich zeigen –, bis zu 15 Prozent in den rot regierten Ballungsräumen, führen dazu, dass tatsächlich nur Hardwarekosten, so nenne ich es mal, von 2 550 Euro entstehen können. Nochmals: Viel Spaß dabei in Berlin und München!

Nun zur harten Realität, liebe Steuer- und Abgabenjunkies der GroKo! Sie verschweigen, dass die Hauptkostentreiber in den letzten Jahren sowohl bei den Warmmieten wie auch bei den Herstellungskosten und damit auch bei den Kaltmieten Bund, Länder und Gemeinden sind, meine Damen und Herren. Da sind noch nicht mal die Kosten Ihrer exorbitanten Gier bei der Grunderwerbsteuer dabei. Seit 2015 sind die Baunebenkosten insbesondere durch Bund, Länder und Gemeinden um über 15 Prozent – die sitzen dort, die Preistreiber! – gestiegen. Man macht eigentlich nur eines: Man gibt ihnen – und versucht, sie zu beruhigen – Geld zurück, das man den Menschen einfach nimmt.

Hinzu kommt noch Ihre geniale Energiewende. Ja, klasse, nicht? Die Nebenkosten! Um 20 Prozent sind die Stromkosten dank Ihrer Energiepolitik seit 2009 gestiegen. Und wer badet das aus? Die Mieter! Und Sie versuchen hier, in guter linker Manier, natürlich die bösen Vermieter dafür zu instrumentalisieren. Die Mietwucherer sitzen hier, bei der GroKo, meine Damen und Herren da draußen!

(Beifall bei der AfD)

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung einer Kollegin der SPD, von Frau Esken?

Selbstverständlich. Die Zeit ist ja gestoppt; wunderbar.

Natürlich ist die Zeit gestoppt.

Danke.

Frau Esken, bitte.

Herr Kollege Gottschalk, mich würde mal interessieren, weil Sie immer wieder darauf hinweisen, dass wir das, was wir tun, aus Steuern oder Abgaben finanzieren, wie denn Sie, wenn Sie als AfD-Fraktion hier mal einen ernsthaften Antrag einbringen würden, den Staat zu finanzieren gedenken.

Ich glaube nicht, dass eine Mietpreisbremse oder solche Instrumentarien wirken. Geben Sie den Menschen doch wie in den 70er-Jahren wieder die Chance, sich in den sogenannten Speckgürteln niederzulassen! Muss der Mensch wirklich unmittelbar zur Arbeit, bauen Sie wieder die Infrastruktur, damit die Menschen pendeln können. Fördern Sie das Pendeln!

(Zurufe der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Saskia Esken [SPD])

– Hören Sie mir doch zu! – Entlasten Sie den Druck in den Städten und in den Gemeinden, indem Sie ganz einfach die ländlichen Regionen wieder fördern, auch mit dem ÖPNV.

(Beifall bei der AfD – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn man gar nicht antwortet, sollte die Uhr weiterlaufen!)

– Ich glaube, ich habe geantwortet. – Das wäre ein Konzept. Nicht immer so eine Mietpreisbremse! Ja, ich weiß, der Ruf nach dem Staat, nach Gesetzen – das sehen wir bei der Mietpreisbremse.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Zwei Stunden hin und zwei Stunden zurück sind auch keine Lösung!)

Also, meine Damen und Herren, Sie haben hier die nächste Mogelpackung; ein Placebo.

Die zweite Bedingung ist dann aber wirklich makaber und auch lächerlich. Zehn Jahre muss die Wohnung entgeltlich überlassen werden; so heißt es im Gesetz. Der Erstkäufer muss im Falle des Verkaufs – Flexibilität; Sie wollen ja eigentlich Privatleute, nicht Investoren, insbesondere nicht institutionelle Investoren, fördern – dafür Sorge tragen, dass die Wohnung auch vom Käufer entgeltlich, so heißt es im Gesetz, weitervermietet wird. Administrativer Aufwand, den die EU nicht besser inszenieren könnte! Man merkt, warum Ihnen die EU so gefällt. In diesem Fall: Absurdistan lässt grüßen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der AfD – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Die EU hat damit gar nichts zu tun!)

Kommen wir zum nächsten Punkt. 1,5 Millionen Wohnungen sollen geschaffen werden. Marktwirtschaft! Fragen Sie die Handwerker! Versuchen Sie heute doch mal, einen Handwerker zu kriegen! Der kommt in ein, eineinhalb Monaten. Die Auftragsbücher sind voll. Das sagt sogar die CDU-Kollegin Scharrenbach in NRW. Auch Experten des DIW bescheinigen: Die Auftragsbücher sind voll. – Wie wollen Sie denn in dieser Zeit 1,5 Millionen Wohnungen bauen? Das ist schlichtweg aufgrund der Kapazitätsengpässe nicht möglich.

Nun kommen wir zur Marktwirtschaft. Kleine Lehrstunde, meine Kollegen von der SPD: „Marktwirtschaft“ heißt: Wenn Sie jetzt die Nachfrage zusätzlich ankurbeln, führt das sogar noch zu Preissteigerungen, was Ihre 3 000-Euro-Grenze völlig ad absurdum führt.

Also, meine Damen und Herren: Dieses Gesetz ist handwerklich schlecht gemacht. Es führt an der Marktwirtschaft vorbei. Es wird zu weiteren Preissteigerungen führen, weil es auch Mitnahmeeffekte gibt – auch ein Stichwort, das Sie sich vielleicht hinter die Ohren schreiben sollten.

Wie ich also eingangs sagte: Dieses Gesetz ist vielleicht gut gedacht, aber grottenschlecht gemacht. Deshalb können wir von der AfD-Fraktion nicht zustimmen, und wir werden dann auf weitere konstruktive Diskussionen im Ausschuss setzen.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ohne eigene Vorschläge!)

Vielen Dank. – Nächster Redner: Olav Gutting für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7283042
Wahlperiode 19
Sitzung 59
Tagesordnungspunkt Steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus
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