07.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 60 / Zusatzpunkt 1

Stefan KeuterAfD - Aktuelle Stunde zu Cum-Ex-Gestaltungen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Damen und Herren! Um es mit Shakespeare zu sagen: Irgendwas ist faul im Staate Dänemark. – Oder: „Alles gar nicht so schlimm, wir haben uns nichts vorzuwerfen“, um es mit den Worten der Bundesregierung zu sagen. Dieses Fazit habe ich heute im Finanzausschuss dem Vortrag der Parlamentarischen Staatssekretärin Lambrecht zu den Cum/Ex-Geschäften entnommen, angereichert mit pauschalen Vorwürfen gegen die Medien. Die Schadensummen, die hier genannt worden sind, seien abstrus konstruiert. Nach ihrer Meinung alles fürchterlich substanzlos! Na ja, die Deutsche Bank hat erst im September letzten Jahres zwei Steuerbescheinigungen widerrufen, die sie allein zwei Kunden über 40 Millionen Euro ausgestellt hatte. Die Spitze des Eisberges? Wir denken uns jetzt einfach unseren Teil.

Seit mindestens 2002 plünderten Banken und Großinvestoren den deutschen Steuerzahler aus, Rentner, alleinerziehende Mütter, die sich finanziell gerade über Wasser halten konnten, Landwirte, den Bandarbeiter in der Automobilindustrie, die Kassiererin an der Supermarktkasse. Kurzum: Jeder von uns wurde mitbetrogen. Schuld ist in erster Linie immer der Betrüger. Aber eine Mitschuld trägt auch derjenige, der Betrug erst zulässt bzw. diesen nicht verhindert hat. Das ist in diesem Fall leider unsere Bundesregierung,

(Beifall bei der AfD)

insbesondere das Bundesfinanzministerium, damals noch geführt von Herrn Dr. Schäuble. Nur am Rande sei erwähnt – wir haben es eben schon gehört –, dass mutmaßlich eine Durchsuchung bei BlackRock stattgefunden hat. Der Aufsichtsratsvorsitzende Friedrich Merz ist ja schon genannt worden. Ich gehe nicht weiter darauf ein.

Es ist das gute Recht eines jeden Steuerzahlers, seine Abgabenlast zu steuern und in legalem Rahmen zu minimieren. Und, liebe Bundesregierung, seien Sie sich gewiss: Grauzonen und Schlupflöcher werden gnadenlos ausgenutzt. Mit einer Kriminalisierung des Steuerzahlers ist es da nicht getan. Die erkannten Schwächen der Gesetze sind jeweils zügig abzustellen. Das ist der eigentliche Skandal: Das hat in diesem Fall zehn Jahre gedauert. Ich wiederhole: zehn Jahre. Der deutsche Schaden wird in der Presse häufig auf 12 Milliarden Euro geschätzt. Das entspricht knapp dem jährlichen Aufkommen der Grundsteuer in Deutschland. Dieses Geld brauchen wir. Da wollen die Altparteien ja nicht ran. Wir reden hier also nicht über eine Rundungsdifferenz im Haushalt.

Hierzu hat es in der letzten Legislaturperiode einen Untersuchungsausschuss gegeben, genau gesagt: Der Abschlussbericht enthält 811 Seiten plus Anlagen. Als ich mir das angeschaut habe, war ich echt beeindruckt. Dieser Untersuchungsausschuss hat sehr gute Arbeit gemacht. Das hat gezeigt, dass hochgradig komplexe Zusammenhänge in diesem Hohen Haus gnadenlos aufgeklärt werden können, wenn nur der Wille da ist. Der Abschlussbericht zeigt aber auch eindrucksvoll ein Systemversagen im Bundesfinanzministerium. Eine effiziente Zusammenarbeit zwischen der Steuerabteilung und der Finanzmarktabteilung hat nicht stattgefunden. Auch ein früheres Einschalten der BaFin als Aufsichtsbehörde hätte hier möglicherweise Schlimmeres verhindern können. Es folgte dann blinder Aktionismus. Das 2007 in Kraft getretene Gesetz, welches den Zweck hatte, Cum/Ex zu unterbinden, führte im Ergebnis zu einem noch schwungvolleren Handel. Hier hat der Finanzminister zu unkritisch auf seine Lobbyberater gehört.

(Beifall bei der AfD)

Nun entnehmen wir der Presse, dass im europäischen Ausland erneut solche Geschäfte ausgewählten Investoren angeboten worden sind. Damit wären wir wieder am Anfang meiner Rede, beim Staate Dänemark. Dänemark hat sich hier mit der Frage nach Erkenntnissen an Deutschland gewandt. Nein, Frau Lambrecht, auch wenn Sie uns glauben machen wollen, dass dies ein dänisches Problem sei, es ist ein europäisches. Ich frage die Bundesregierung: Bedarf es immer erst Investigativjournalisten, um solche Missstände aufzudecken? Vielmehr muss im Ministerium eine Stelle eingerichtet werden, die systematisch den Markt absucht und Schlupflöcher schließt.

(Beifall bei der AfD)

Um das Ausnutzen von Doppelbesteuerungsabkommen in diesem Zusammenhang zu verhindern, ist eine internationale Zusammenarbeit an dieser Stelle dringend anzuraten. Von der EU, die auch in anderen großen Fragen unserer Zeit komplett versagt hat, ist da nicht viel zu erwarten. Übrigens wird der Schaden – wir haben eben von Schadenshöhen gehört – europaweit auf deutlich über 50 Milliarden Euro geschätzt, Geld, das unseren europäischen Bürgern und uns fehlt. In der Schule heißt das: Sechs, setzen, Klassenziel verfehlt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächstes für die SPD-Fraktion der Kollege Lothar Binding.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7288912
Wahlperiode 19
Sitzung 60
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu Cum-Ex-Gestaltungen
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