Gyde JensenFDP - Gesetzliche Rentenversicherung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stehe hier heute stellvertretend für die junge Generation, die sich wünschen würde, dass wir das hier heute nicht verabschieden.
(Beifall bei der FDP – Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Die Minderheit der jungen Generation!)
Das Rentenpaket mit den Versprechungen des Finanzministers kostet, geschätzt bis 2030 – das haben wir schon gehört –, eine viertel Billion Euro – wahnsinnig viel Geld, das für Investitionen in die Zukunft fehlt. Statt mehr in die Zukunft zu investieren, macht die Große Koalition unverantwortliche milliardenschwere Wahlgeschenke.
(Beifall bei der FDP – Andrea Nahles [SPD]: Was heißt „Wahlgeschenke“? Rente! – Weitere Zurufe von der SPD)
Die Frage der Finanzierung lagern Sie lieber in eine Kommission aus. Ich verstehe nicht, warum Sie diese Kommission überhaupt einsetzen, wenn Sie die Ergebnisse dieser Kommission gar nicht abwarten – alles getreu Ihrem Motto „Nach uns die Sintflut“.
(Beifall bei der FDP)
Der Zuschuss des Bundes zur Rentenversicherung ist der mit Abstand größte Posten im Bundeshaushalt. Es ist aber heute schon klar, dass Sie Erwartungen wecken, die unfinanzierbar sind. Selbst bei gleichbleibend guter Konjunktur wie der derzeitigen – wir haben gestern erst gehört, dass die Wirtschaftsweisen ihre Prognose gesenkt haben – ist dieses Vorgehen nicht nur naiv, sondern auch grob ungerecht gegenüber der jungen Generation, die es am Ende bezahlen muss.
(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine Damen und Herren, an dieser Prioritätensetzung können wir ablesen, wie unwichtig das Thema Generationengerechtigkeit dieser Großen Koalition und der Bundesregierung ist.
(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber sehr einseitig!)
Finanzminister Scholz hat sogar selbst einmal darauf hingewiesen, es gehe um die Balance zwischen den Leistungen für die Älteren und den Belastungen für die Jüngeren.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt das denn praktisch? Sagen Sie das mal!)
Was ist denn daraus geworden? Bei der Nachhaltigkeit der Rente schneidet Deutschland übrigens international mittlerweile genauso schlecht ab wie bei den Bildungsausgaben. Beides belastet vor allem die Jungen.
(Beifall bei der FDP)
Zudem ist Bildung die soziale Frage des 21. Jahrhunderts, eine Frage, die darüber entscheidet, wie durchlässig eine Gesellschaft ist und wie Aufstiegschancen genutzt werden können.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles Phrasen!)
Mit immer höheren Belastungen, die Sie hier heute wahrscheinlich beschließen werden, und viel zu geringen Investitionen verspielen Sie genau diese Aufstiegschancen kommender Generationen.
Meine Damen und Herren, ich möchte gern, dass Sie auch eines verstehen: Mit Ihren Vorschlägen zur Rente begeben Sie sich in einen Wettlauf mit Populisten – einen Wettlauf, den Sie nicht gewinnen können. Populisten werden immer mehr fordern und weiter falsche Versprechungen machen, für die sie am Ende selbst gar nicht einstehen müssen. Das sehen wir in Italien, das sehen wir in Polen. Das will ich für dieses Land nicht.
(Beifall bei der FDP)
Sie machen Versprechungen, die niemals jemand wird halten können. Sie schaden so dem Vertrauen in die Politik und in die Demokratie insgesamt.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Wir müssen die Rente enkelfit machen. Wir müssen Zickzacklebensläufe mit bedenken und einbeziehen,
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie denn? Sagen Sie mal konkret, was denn!)
die starre Altersgrenze endlich aufheben und ein Rentensystem aufbauen, in dem ich nach dem Baukastenprinzip entscheiden kann, wie ich Vorsorgeelemente – gesetzlich, privat und betrieblich – individuell kombiniere.
(Beifall bei der FDP – Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss man sich leisten können!)
Das Wichtigste: Ich möchte gerne wissen – heute schon, online –, wie meine Rente in ein paar Jahren aussehen könnte. Ich will nicht in 20 Jahren von der Rentenversicherung einen Brief kriegen, wo drinsteht, was ich erwarten kann. Ich will das jetzt wissen.
(Beifall bei der FDP)
Ihr Konzept geht an dieser Sache vollkommen vorbei und wird den Herausforderungen in einer ständig sich verändernden Welt nicht im Ansatz gerecht. Es wird wirklich Zeit, dass hier Generationengerechtigkeit auf die Tagesordnung kommt und zum Leitbild Ihrer Politik wird. Das passiert leider nicht. Ich appelliere an die jungen Politikerinnen und Politiker in der Großen Koalition: Überlegen Sie sich das noch mal mit dieser Verabschiedung.
Danke.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist für die Fraktion der SPD der Kollege Ralf Kapschack.
(Beifall bei der SPD)
Ich bitte Sie ganz herzlich um etwas mehr Ruhe, damit wir den beiden letzten Rednern in dieser Debatte noch folgen können. – Bitte sehr, Herr Kapschack. Sie haben das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7289104 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 61 |
Tagesordnungspunkt | Gesetzliche Rentenversicherung |