Karl-Heinz BrunnerSPD - Zwei-Prozent-Rüstungsziel der NATO
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf den Zuschauertribünen! Wenn ich am kommenden Samstag wieder in meinem Wahlkreis bin und auf dem Wochenmarkt mit den Menschen über dieses Thema und die heutige Debatte spreche, dann kann ich sogar verstehen, wenn sie zu mir sagen: Was macht ihr denn da überhaupt? Über was redet ihr denn da? Was ist das überhaupt für eine Diskussion? – Diese Diskussion ist heute in manchem Bereich absolut absurd.
Ich sage das, liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade deshalb, weil mit großer Hingabe vom 2-Prozent-Ziel gesprochen wird und offensichtlich der eine oder andere überhaupt nicht weiß, wovon er redet. Deshalb möchte ich gerne das Beispiel des Kollegen Faber aufnehmen, um ein bisschen Wahrheit reinzubringen.
Richtig ist es, dass dann, wenn man sich gegenseitig verspricht: „Jeder gibt 500 Euro“, jeder dann auch diese 500 Euro gibt. Stellen Sie sich einmal vor, Sie würden gegenüber Ihrer Bank folgendes Versprechen im Rahmen der Finanzierung Ihres Hauses geben: Ich zahle das Darlehen immer nur in Raten in Höhe von 2 Prozent meines Einkommens ab. – Was würde diese Bank sagen, wenn Sie kein Einkommen mehr haben und nichts mehr zum Ausgeben da ist?
(Zuruf des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP])
Daher würde die Bank Ihren Vorschlag ganz schnell ablehnen, und die Angelegenheit wäre erledigt.
Warum sage ich das, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren? Weil es 2 Prozent von irgendetwas nicht gibt. Das Bruttoinlandsprodukt kann nach oben und kann auch deutlich nach unten gehen.
Ich erinnere mich sehr gut an den Chart von Verteidigungsministerin von der Leyen: Die Verteidigungsausgaben waren im Jahr 2008 prozentual am höchsten, weil es diesem Land damals am schlechtesten ging. Seien wir doch glücklich darüber, dass wir derzeit ein hohes Bruttoinlandsprodukt haben, das es uns ermöglicht, nahe an 1,5 Prozent bei den Ausgaben für die Verteidigung zu kommen, das es uns ermöglicht, auch die ODA-Quote zu erhöhen, das es uns ermöglicht, das zu erledigen, was wir erledigen müssen, nämlich unseren Soldatinnen und Soldaten Material zur Verfügung zu stellen, Ausrüstung auf den Hof zu stellen und nicht wie beim A400M immer nur nachzubessern, sondern den Auftrag im Land und im Bündnis ordnungsgemäß zu erledigen. Ich glaube, das hat die Koalition, das haben wir Sozialdemokraten sauber hingekriegt. Das haben wir geliefert, und das ist wirklich gut für dieses Land und für die Sicherheit Deutschlands.
(Beifall bei der SPD – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Überhaupt nicht!)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich halte die 2-Prozent-Debatte auch deswegen für vollkommen absurd, da ich trotz aller gut gemeinten Papiere aus dem Verteidigungsministerium – das Weißbuch, die Konzeption der Bundeswehr, um nur einige zu nennen – immer nur feststelle, was uns fehlt, nämlich die Antwort auf eine entscheidende Frage in diesem Land. Die Frage ist: Was will Deutschland sicherheitspolitisch eigentlich?
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Das frage ich mich auch! Wo wollen Sie denn hin?)
Wo sind unsere politischen Interessen? Wo sind unsere technologischen Interessen? Wo sind unsere standortpolitischen Interessen? Wo sind die verteidigungspolitischen Interessen Deutschlands? Wo wollen wir hin? Ich sage ganz deutlich: in eine friedliche Zukunft. Aber wir müssen das definieren. Andere Länder, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bezeichnen dies als nationale Sicherheitsstrategie.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Frieden schaffen mit immer mehr Waffen!)
Mir ist es egal, wie wir sie bezeichnen. Aber wir brauchen sie in diesem Land. Wir brauchen diese Debatte darüber mit der Bevölkerung, mit dem Parlament. Wir müssen sprechen und debattieren, um festzuschreiben, wo es in diesem Land sicherheitspolitisch hingeht. Ich glaube, dazu sind wir, die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, nicht nur aufgerufen. Das ist unsere Pflicht und Schuldigkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das müssen wir mit aller Transparenz in diesem Land, in einer großen Demokratie, erreichen.
Wenn dazu die heutige Debatte gedient hat, spreche ich gerne über 1,5 Prozent, über 1,7 Prozent oder über 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Wenn wir aber nur über Prozentzahlen sprechen, dann halte ich die Debatte für müßig, bedanke mich jetzt aber trotzdem recht herzlich für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Karl-Heinz Brunner. – Nächster Redner: Mario Mieruch.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7289180 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 61 |
Tagesordnungspunkt | Zwei-Prozent-Rüstungsziel der NATO |