08.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 61 / Tagesordnungspunkt 27

Frank SchwabeSPD - Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe nur darauf gewartet, zu sprechen, aber eigentlich haben Sie recht: Man sollte nichts dazu sagen. Es ist nämlich immer dasselbe: Am Ende war es immer der Moslem. Das ist eine ziemlich einfache Weltsicht, die Sie haben, egal wie gepeinigt die Menschen sind. Das hat mit Menschenrechten – –

(Karsten Hilse [AfD]: Die SPD!)

Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Wir haben einen Menschenrechtsausschuss des Bundestages. Ziehen Sie doch einfach Ihre Leute ab; denn mit Menschenrechten hat das nichts zu tun, was Sie hier machen, sondern mit dem genauen Gegenteil davon.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir erleben weltweit leider einen Wettbewerb der perfidesten Menschenrechtsverletzungen. Es gibt zahlreiche Beispiele, und in der Tat: China ist einer der Paradestaaten – das muss man leider sagen –, und zwar in negativer Art. Man könnte über vieles reden, zum Beispiel darüber, dass China bei der Zahl der verhängten Todesstrafen weltweit auf Platz eins steht. Wir könnten über die Berichte zum Organhandel und zur Organentnahme reden. Wir könnten diskutieren über die Unterdrückung freier Medien, über das Internet, über soziale Medien, über den Überwachungsstaat, über das, was in Tibet passiert.

Das, was in Xinjiang passiert, was den Uiguren, im Übrigen auch Kasachen und Kirgisen passiert, das setzt dem Ganzen allerdings die negative Krone auf. Ich will mich bei den Grünen bedanken, dass sie das Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben; denn das gibt uns die Gelegenheit, darüber zu reden. Ich konnte es zuerst nicht glauben, als ich gelesen habe, dass Hunderttausende, vielleicht 1 Million Menschen in Umerziehungslagern sind. Vielen Dank an Human Rights Watch und andere, die darüber entsprechend berichten. Es ist mittlerweile sogar regierungsamtlich von China bestätigt, allerdings mit dem zynischen Begriff eines Berufsbildungszentrums versehen.

Wir hatten die Debatte über Religionsfreiheit erst vor kurzem hier geführt. Es ist schön, dass der Beauftragte für weltweite Religionsfreiheit heute bei uns ist. Wir haben festgestellt, dass das Recht, seine Religion auszuüben oder auch nicht auszuüben, jeder Mensch auf der Welt hat. Deswegen haben auch muslimische Uiguren das Recht.

(Beifall der Abg. Gyde Jensen [FDP])

Es kann nicht sein, dass der Koran verboten wird, dass jemand, der einen Gebetsteppich hat, eigentlich schon unter dem Verdacht des Terrorismus steht.

Es gilt für China das, was für alle auf der Welt gilt: Minderheitenkonflikte löst man nicht durch Repression, sondern dadurch, dass man Menschen integriert, dass man Minderheiten Rechte gibt, dass man Transparenz herstellt und dass man diejenigen stärkt, die für das friedliche Zusammenleben in der Gesellschaft werben.

Frau Kollegin Bause hat eine ganze Reihe von Menschen aufgezählt, die in Gefängnissen sind. Eine dieser Personen ist Professor Ilham Tohti, der sein ganzes Leben darauf verwandt hat, zwischen den Chinesen und den Uiguren Frieden zu stiften. Er sitzt jetzt leider im Gefängnis. Wir sollten alle gemeinsam deutlich machen, dass dieser Mensch freigelassen gehört. Das ist unsere gemeinsame Forderung an China.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Wenn man die Berichte von Human Rights Watch liest, hat man den Eindruck, dass in Xinjiang eigentlich ein Freiluftgefängnis entstanden ist. Wir reden über eingezogene Pässe und keine Reisefreiheit. Wir reden über Straßenkontrollen, die Feststellung der DNA, über exzessiven Kameraeinsatz, willkürliche Hausdurchsuchungen und – so absurd das ist – den Einsatz von Hausgeräten, um Menschen zu kontrollieren. Auch das geht heute; Kollege Brand hat darüber geredet, was da an Überwachungsmechanismen ausprobiert wird.

Die Forderung ist klar: Wir wollen, dass China die Kampagne einstellt, die in Xinjiang gefahren wird – angeblich, um gegen den Terrorismus vorzugehen. Wir wollen volle Transparenz. Wir wollen, dass alle UN-Menschenrechtsgremien Möglichkeit haben, in Xinjiang vor Ort zu sein. Wir wollen im Übrigen auch, dass eine Delegation des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestages dorthin fahren kann,

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN sowie der Abg. Margarete Bause [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

und zwar mit dem Programm, das wir uns vorstellen.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Dafür sollte sich die Bundesregierung mal einsetzen, ja!)

Wir wollen, dass die Lager geschlossen werden, und wir wollen die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen.

Zum Schluss vielleicht ein Hinweis an uns selbst. Ich musste mit Schrecken feststellen, dass wir Uiguren nach China abgeschoben haben. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie so was passieren konnte. Ich halte das für einen Skandal. Es ist richtig, dass mittlerweile dankenswerterweise klargestellt ist: Es darf kein Mensch aus Deutschland nach Xinjiang abgeschoben werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion hat nun Gyde Jensen das Wort.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7289640
Wahlperiode 19
Sitzung 61
Tagesordnungspunkt Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang
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