Torsten HerbstFDP - Planung und Genehmigung im Verkehrsbereich
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf zeigt kleine Schritte in die richtige Richtung. Aber wenn wir ehrlich sind, muss man sagen: Gebraucht hätten wir einen echten, einen mutigen Durchbruch. Davon sind Sie sehr weit entfernt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP – Gustav Herzog [SPD]: Das hätten Sie machen können! – Sören Bartol [SPD]: Was denn jetzt? Richtige Richtung oder nix?)
Die Problematik ist doch klar: Bürgerinnen und Bürger haben zu oft das Gefühl, dass beim Ausbau von Verkehrswegen der Käfer oder die Fledermaus das Tempo vorgeben und nicht die Notwendigkeit oder der Bedarf vor Ort. Das muss sich ändern, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Die Frage ist: Wie lange können und wie lange wollen wir uns es noch leisten, dass wir mittlerweile selbst für den Bau eines Radweges über zehn Jahre brauchen? Wie lange wollen wir es uns noch leisten, dass der Bau eines Stücks Autobahn mittlerweile 40 Jahre braucht? Ich glaube, das ist für eine Industrienation längst nicht mehr angemessen.
(Beifall bei der FDP)
Wir wissen, dass Bürger diese Zeiträume sehen, und wenn wir ihnen sagen: „Es dauert vier Jahrzehnte, bis wir ein Stück Autobahn bauen“, dann zweifeln diese Bürger, und sie verzweifeln. Sie zweifeln an Behörden, sie zweifeln an der Handlungsfähigkeit des Staates, und sie zweifeln manchmal leider auch am politischen System. Deswegen ist es immanent, dass wir tatsächlich zu einer echten Beschleunigung beim Bau von Verkehrswegen kommen.
(Beifall bei der FDP)
Vor kurzem haben wir alle im Fernsehen gesehen, dass China eine neue Brücken- und Tunnelverbindung zwischen Hongkong und Macau eröffnet hat,
(Karsten Möring [CDU/CSU]: Ein echtes Vorbild für uns!)
55 Kilometer in neun Jahren. Und wir? Wir basteln erfolglos seit 26 Jahren an 13 Kilometern Autobahnumfahrung von Halle – an der A 143.
(Sören Bartol [SPD]: Das können Sie doch nicht wirklich vergleichen! Das ist eine Diktatur! Das ist hirnlos! Sind Sie Demokrat, oder was sind Sie?)
Ich finde, das ist nichts, worauf wir stolz sein können, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP – Sören Bartol [SPD]: Das ist ja wohl bodenlos!)
Bevor Sie sich hier alle aufregen: Ich hatte schon in meiner letzten Rede gesagt: Natürlich ist Straßenbau à la China kein Vorbild. Aber ich sage Ihnen sehr klar: Eine kluge und durchdachte Planungsbeschleunigung ist ein wirksames Mittel im Kampf gegen Politikverdrossenheit,
(Florian Oßner [CDU/CSU]: Deswegen machen wir es ja!)
ist ein wirksames Mittel, das Zutrauen der Bürger in einen handlungsfähigen Staat zu stärken. Auch darüber sollten Sie einmal nachdenken.
(Beifall bei der FDP – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Deswegen machen wir es doch!)
Auch wenn wir uns im Ziel der Baubeschleunigung einig sind, muss man sagen:
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Loben Sie das Gesetz doch!)
Dieser Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, ist mutlos, ist unambitioniert, und er ist ideenlos.
(Beifall bei der FDP – Karsten Möring [CDU/CSU]: Berufsnörgler! – Gustav Herzog [SPD]: Was sind denn Ihre Vorschläge?)
– Wenn wir nur nörgeln würden, dann müssten Sie ja keinen Entschließungsantrag vorlegen und in diesem Entschließungsantrag schon sagen: Das geht nicht weit genug, wir brauchen sofort ein Planungsbeschleunigungsgesetz II. – Sie selbst stellen also fest, dass das, was Sie vorlegen, nicht ausreichend ist. Das ist doch eine Tatsache.
(Beifall bei der FDP)
Spannend, meine Damen und Herren, ist ja nicht nur, was im Gesetzentwurf steht, sondern vor allem auch das, was nicht im Gesetzentwurf steht. Bürgerbeteiligung vorzuziehen ist ein großes Thema in der Anhörung gewesen. In Ihrem Gesetzentwurf steht davon null. Doppelprüfung konsequent abschaffen, das Pingpong zwischen Landes- und Bundesbehörden verringern, einen digitalen Datenfluss zwischen Behörden und Vorhabenträgern ermöglichen, einzelne Baugesetze zu national wichtigen Verkehrsprojekten im Parlament beschließen oder auch Ersatzneubauten vor allem bei Brücken vereinfachen: All das findet sich nicht in Ihrem Gesetzentwurf. Aber wir helfen Ihnen gern: Das steht nämlich in unserem Entschließungsantrag.
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, das ist ja auch alles keine Zauberei oder Teufelszeug. Wir brauchen uns ja nur umzuschauen und zu fragen: Wie machen es andere Länder in der EU, unsere Nachbarn?
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen!)
Andere Länder brauchen zehn Jahre für die Bauvorbereitung, aber dann rollen dort auch die Bagger. Bei uns rollen nach zehn Jahren die Lkws mit Aktenordnern voll Planungsunterlagen zwischen den Behörden. Das, meine Damen und Herren, ist doch kein Zustand, mit dem wir zufrieden sein können.
(Beifall bei der FDP)
Wer Verkehrsprojekte wirklich beschleunigen will, muss das Bummeltempo verlassen, muss einmal einen echten Sprint einlegen. Das würden wir uns von dieser Regierung wünschen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Die nächste Rednerin ist die Kollegin Sabine Leidig, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7289683 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 61 |
Tagesordnungspunkt | Planung und Genehmigung im Verkehrsbereich |