08.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 61 / Tagesordnungspunkt 18

Mahmut ÖzdemirSPD - Bewerbung Special Olympics World Games 2023

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Nicht jede gestörte Wahrnehmung von parlamentarischen Abläufen sollte im Raume stehen bleiben. Eigentlich haben meine Kolleginnen und Kollegen Vorredner alles dazu gesagt.

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Aber ich möchte noch mal aus der Pressemitteilung zitieren, für die sich Ihr Vertreter, Herr König, als Person entschuldigt und der es im Ausschuss gerechtfertigt hat: Das hat ja die Fraktion gemacht; damit habe ich ja eigentlich nichts zu tun.

(Frank Steffel [CDU/CSU]: Genau so war es! – Jörn König [AfD]: Das ist Quatsch! Das stimmt überhaupt nicht!)

– Herr Präsident, würden Sie mal für Ordnung da drüben sorgen?

Reden Sie ruhig weiter.

Vonseiten des Arbeitskreises der AfD-Bundestagsfraktion heißt es:

Wir rufen die Sportpolitiker der anderen Fraktionen auf, wachsamer zu sein und sich entschlossen gegen diese unerträgliche Menschen- und Lebensfeindlichkeit der Regierungsparteien zu stellen.

Mit den Belangen der behinderten Menschen so schändlich Parteipropaganda zu betreiben, ist ekelig, ist unwürdig, und es ist einfach nur beschämend für dieses Haus, was Sie uns hier einbrocken.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Wenn wir über Inklusion, Behindertenrechtskonvention, die Ratifizierung von Ansprüchen und Veränderungen im Sozialgesetzbuch reden, dann ist das die Wortwahl der Politik und der Verwaltung. Die Wortwahl von Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung ist eine andere: Sie reden über Chancen, über gleichberechtigte Teilhabe, über den Abbau von Hürden, die ihre Berechtigung nur noch in einem völlig überkommenen Behinderungsbegriff finden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie reden über Anerkennung, Stolz und Leistungsbereitschaft, und zwar für ein selbstbestimmtes Leben, das nur vom eigenen Willen abhängt, trotz oder gerade wegen einer Behinderung.

Gerade deshalb möchte ich hier nicht über die Menschen mit Einschränkungen oder über „diese“ Menschen reden. Denn wir haben nur eine Gesellschaft in diesem Land, und wir werden uns Sonderregeln nicht mehr leisten können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Stattdessen müssen wir jedem Menschen in diesem Land die Teilhabe an Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates ermöglichen, und zwar nicht als gebender, sondern als dienender Staat für diese Menschen. Das setzt aber auch die Ermunterung der Menschen zur Leistungsbereitschaft voraus – dass sie mit Erfolgswillen zupacken.

Diese beiden Eigenschaften sind auch Grundpfeiler für den Sport und sportlichen Erfolg. Unser Ziel im Bundestag muss es sein, gemeinsam mit allen Fraktionen einen Staffellauf zu organisieren, um nach den USA, China, Irland, Griechenland und demnächst den Vereinigten Arabischen Emiraten hier in Berlin Gastgeber der Special-­Olympics-Weltspiele zu sein.

Für meine Fraktion kann ich sicher zusagen, dass sich gerade zur Stunde – oder zur späteren Stunde – der Berichterstatter Martin Gerster mit ganz viel Herzblut im Haushaltsausschuss dafür einsetzt. Es ist, glaube ich, auch kein Geheimnis, dass es eine Beschlussvorlage der Regierungskoalition von SPD, CDU und CSU gibt, die den Weg dazu bereiten soll, dass der Bund mit 35 Millionen Euro in Summe seinen Beitrag dazu leistet und dieser besonderen Bewerbung mit besonderem Rückenwind in fünf Tagen zum Erfolg verhilft.

(Beifall bei der SPD)

Der Sinn und Zweck, Gastgeber einer solchen sportlichen Großveranstaltung zu sein, ist nicht, dass sich der Staat mit Ruhm schmückt, auch nicht, dass man sich als Land in den Vordergrund drängt, sondern im Vordergrund steht das Sporttreiben dieser besonderen Athleten, denen wir unsere Redebeiträge hier heute widmen.

Der einzige Unterschied ist, dass es keinen Unterschied geben darf. Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Bereichen wird mit einem achttägigen Sportgroßereignis in den Mittelpunkt unserer Gesellschaft gerückt. Dessen wahrer Wert ist es, ein Zeichen dafür zu setzen, die restlichen Tage im Jahr und die Jahre darüber hinaus diesen Geist, den uns diese Sportlerinnen und Sportler einhauchen, weiter zu leben, Ausgrenzung jeder Art abzustellen, im Speziellen aber Ausgrenzung aufgrund von Behinderungen zu verbannen: ein Wettkampf der Verbannung, den wir nur gemeinsam gewinnen können und gemeinsam gewinnen müssen.

Die Special Olympics 2023 hier in Berlin wären ein Wert für sich, mit dem wir durch politisches und gesellschaftliches Handeln weiteren Wert verleihen können. Mich erfüllt die Vorstellung, dass wir im eigenen Land hautnah mit diesen Sportlerinnen und Sportlern um den sportlichen Erfolg mitfiebern können, mit großer Vorfreude. Es wäre wirklich schön, wenn wir das in Berlin hautnah miterleben könnten – in der Mitte der Gesellschaft.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7289698
Wahlperiode 19
Sitzung 61
Tagesordnungspunkt Bewerbung Special Olympics World Games 2023
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