Karl LauterbachSPD - Pflegepersonalstärkungsgesetz
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Mich freut es besonders, dass gerade der 9. November nicht nur ein guter Tag für Deutschland ist, sondern auch ein guter Tag für die Pflege; denn dies ist die wichtigste und aus meiner Sicht beste Reform, die wir in der Pflege beschließen, zumindest seit 15 Jahren. Daher ist es ein guter Tag, ein wichtiger Tag für die Pflege, für die wir heute gemeinsam zusammenkommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir haben die Fallpauschalen eingeführt. Mit den Fallpauschalen ist die Qualität in der Pflege systematisch gesunken. Es ist gleichzeitig die Zufriedenheit mit dem Beruf in der Pflege gesunken. Es ist gleichzeitig das Interesse junger Menschen gesunken, den Pflegeberuf überhaupt zu ergreifen. Das heißt, wenn man ehrlich ist: In jeder Dimension, die man bewerten kann, war die Einführung der Fallpauschalen eine schlechte Nachricht für die Pflege. Das hat man damals so nicht erkennen können. Aber so ist es gewesen; das muss man einräumen.
Heute beseitigen wir diesen Nachteil, indem die Pflege der erste Bereich in unserem Gesundheitssystem überhaupt ist, den wir aus der Fallpauschalenerstattung herausnehmen und somit auch komplett aus der zunehmenden Ökonomisierung in der Medizin herausnehmen. Das ist aus meiner Sicht die wichtige und die richtige Nachricht des heutigen Tages. Die Fallpauschalen haben die Ökonomisierung im Krankenhaussektor beschleunigt. Die Krankenpflege ist der erste Bereich, der aus diesem Wettbewerb komplett herausgenommen wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Ich will auch gleich sagen: Diejenigen, die das immer abgelehnt haben, haben argumentiert, das könne nicht gemacht werden, weil es auch in anderen Bereichen Schule machen könnte. – Ich sage hier ganz deutlich: Wir werden auch genau prüfen, ob wir andere Bereiche ebenfalls entsprechend entökonomisieren müssen;
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
denn wenn wir hier tatsächlich gute Erfahrungen machen und dieser Weg sich als richtig erweist, dann kann es durchaus richtig sein, zu sagen: Mehr Staat und weniger Wettbewerb ist die richtige Richtung
(Dr. Andrew Ullmann [FDP]: In die Planwirtschaft!)
für unser Gesundheitssystem.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir werden daher in Zukunft den Krankenhäusern die Kosten für jede vorhandene und jede zusätzliche neue Stelle direkt erstatten. Es wird eine vollständige Kostenerstattung in der Pflege geben. Das bedeutet, es gibt keine Möglichkeit mehr, mit der Pflege Gewinne zu machen. Es gibt keine Möglichkeit mehr, mit der Pflege Verluste zu machen. Es gibt die Möglichkeit, durch gute Pflege eine bessere Versorgung zu erbringen. Das wird genau der Wettbewerb um die Qualität sein und nicht der Wettbewerb um die Wirtschaftlichkeit. Das ist der Wettbewerb, den wir benötigen. Das bedeutet nicht, dass wir keinen Wettbewerb haben, aber wir haben keinen Ökonomiewettbewerb mehr. Das ist die Art Wettbewerb, die wir auch in anderen Bereichen unseres Gesundheitssystems brauchen.
(Beifall bei der SPD)
Wir werden in Zukunft auch das abschaffen, was eine Geißel des Systems gewesen ist: Wenn die Löhne stiegen, dann ist das zum Teil durch Personalabbau bezahlt worden. Weshalb war das so? Na ja, weil nicht die komplette Lohnerhöhung an die Krankenkassen – Stichwort „Refinanzierung“ – weitergegeben wurde. Somit waren die zusätzlichen Mitarbeiter im Prinzip das Geld, das fehlte, um die Löhne, die erhöht worden sind, bezahlen zu können. Wir haben im Prinzip bestehende Beschäftigung gegen neue Beschäftigung ausgespielt. Das können wir nicht weiter hinnehmen.
(Beifall bei der SPD)
Daher refinanzieren wir jetzt komplett jede Tariferhöhung, und zwar sowohl hinsichtlich der Vergütung als auch der Struktur, wovon insbesondere die Pflege profitiert – untere Lohngruppen bekommen mehr –, als auch das, was sonst beschlossen wird, nämlich die vergütungsrelevanten Anteile im Mantelvertrag. Somit wird jede Lohnerhöhung für die Pflege eine echte Lohnerhöhung sein, und sie wird nicht zulasten der neuen Beschäftigten beschlossen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Schließlich: Wir haben eine wichtige Initiative zur Entbürokratisierung beschlossen, in der Altenpflege wie in der Krankenpflege. Wir werden in der Altenpflege ein Programm auflegen, durch das die Einrichtungen Mittel zur Digitalisierung zum Abbau der Bürokratie bekommen. Wir werden in der Krankenpflege ein Programm ausbauen und weiterführen, durch das pflegeersetzende Maßnahmen – das ist im Wesentlichen Bürokratieabbau – gefördert werden, und zwar sowohl für diejenigen, die das in der Vergangenheit gemacht haben, als auch für diejenigen, die es in Zukunft machen. Das wird die Attraktivität der Pflege, sowohl der Altenpflege als auch der Krankenpflege, deutlich verbessern. Daher bleibe ich dabei: Der 9. November 2018 ist ein besonders guter Tag für die Pflege.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Dr. Lauterbach. – Nächste Rednerin: Nicole Westig für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7289781 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 62 |
Tagesordnungspunkt | Pflegepersonalstärkungsgesetz |