09.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 62 / Zusatzpunkt 12

Hermann FärberCDU/CSU - Änderung des Tierschutzgesetzes

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Tierschutzgesetz enthält für das Kastrieren von Ferkeln innerhalb der ersten Lebenswoche eine Ausnahme vom Betäubungsgebot. Der Gesetzentwurf sieht nun vor, die Übergangsfrist bis zum vollständigen Verbot um zwei Jahre zu verlängern. Was ist der Hintergrund? Es stehen drei Verfahren zur Verfügung. Alle diese drei Verfahren haben Vorteile, aber auch Nachteile.

Das erste Verfahren ist – das wurde schon angesprochen – die Ebermast, also der völlige Verzicht auf die Kastration. Das Problem dabei ist die Gefahr einer extremen Geruchs- und Geschmacksverunreinigung des Fleisches.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Unter 10 Prozent!)

An dieser Stelle möchte ich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ein Stück weit in Schutz nehmen. Die Märkte, die der Branche vor fünf Jahren versprochen wurden, sind allesamt nicht vorhanden. Sie waren nie vorhanden und wurden auch nicht geschaffen. Wir haben uns in der Praxis nur verwundert die Augen reiben können, wer alles plötzlich Eberfleisch vermarkten wollte. Die Probleme, die seit 100 Jahren bekannt sind, wenn man in ein saftiges Ebersteak beißt – Frau Mohamed Ali, ich lade Sie dazu einmal ein –, das von einem Stinker kommt, wurden ignoriert.

(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Ich esse kein Schweinefleisch!)

Wir konnten gar nicht glauben, was uns alles gesagt wurde, wie gut das schmecken soll.

Das zweite Verfahren ist die Immunokastration, also die Impfung gegen den Ebergeruch. In dieses Verfahren wurden in der Tat in den vergangenen Jahren große Hoffnungen gesetzt. Das Problem dabei ist, dass es in der öffentlichen Diskussion bei den Verbrauchern in die Nähe von Hormonen gerückt wurde. Das stimmt zwar nicht, aber der Eindruck wurde erweckt.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Wer war das denn? Wer hat das denn getan?)

Deshalb hat sie leider nicht die notwendige Akzeptanz, zumindest bisher nicht.

Das dritte Verfahren ist die Vollnarkose mit dem Narkosegas Isofluran. Dabei wird das Tier mit dem Kopf in eine Narkosemaske gesteckt und in Bewusstlosigkeit versetzt. Währenddessen kann die Operation schmerzfrei durchgeführt werden. Für den postoperativen Schmerz wird zusätzlich ein schmerzlinderndes Mittel eingesetzt. Diese Methode soll das Standardverfahren werden. Allerdings gibt es da noch einige Probleme, die wir lösen müssen. Isofluran benötigt die dafür notwendige Zulassung. Es darf bisher nur durch Tierärzte und im Rahmen von Ausnahmegenehmigungen eingesetzt werden. Die Tierärzte haben aber gar nicht die notwendige Arbeitskapazität zur Verfügung, um dies in allen Betrieben durchzuführen.

Hinzu kommen Probleme beim Anwenderschutz. Das Narkosegas Isofluran ist leicht flüchtig und breitet sich aus, sodass die Gefahr besteht, dass es vom Menschen eingeatmet wird. Bei schwangeren Frauen ist nicht auszuschließen, dass der Fötus geschädigt wird. Deshalb müssen die Geräte vom Hersteller noch etwas optimiert werden. Diese Optimierung muss schon aus Sicherheitsgründen vor dem Einsatz in der breiten Praxis erreicht werden. Das sind wir den Menschen schuldig, die damit umgehen.

Darüber hinaus muss eine Verordnung auf den Weg gebracht werden, die es den Landwirten ermöglicht, die Anwendung von Isofluran selbst durchzuführen. Dazu gehört auch die fachkundige Unterweisung und Schulung im Umgang mit dem Betäubungsgas. Unabhängig davon müssen wir uns die Möglichkeit für weitere Alternativen offenlassen; das hat mit der Fristverlängerung um zwei Jahre nichts zu tun.

Wenn wir die Frist nicht verlängern, bedeutet das konkret, dass wir in Deutschland aus der Ferkelerzeugung aussteigen. Das wäre dann der sogenannte fünfte Weg. Die Folge ist, dass die kleinen Ferkel dann aus Dänemark und den Niederlanden über 1000 Kilometer in den süddeutschen Raum transportiert werden müssen. Das kann hier im Haus niemand wirklich wollen.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7289824
Wahlperiode 19
Sitzung 62
Tagesordnungspunkt Änderung des Tierschutzgesetzes
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