Bernhard LoosCDU/CSU - Humanitäre Katastrophe in Jemen und Rüstungsexport
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann hier im Hohen Haus offenbar nicht oft genug wiederholen: Statt einer emotional geführten Debatte ist eine sachliche, an Fakten orientierte Analyse angemessen und notwendig. Dazu gehören zwei Grunderkenntnisse: Wir brauchen kein Rüstungsexportkontrollgesetz und auch kein generelles Verbot des Exports von Rüstungsgütern.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein schwer sachliches Argument!)
Wir haben folgende Interessen: Erstens, nationale Verteidigungsfähigkeit. Zentrale Aufgabe eines Staates ist die Gewährleistung der Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger, also eine unabhängige Wehr- und Abwehrfähigkeit.
Zweitens, Erhalt einer eigenen wehrtechnischen Industrie. Wir brauchen eine deutsche Verteidigungs- und wehrtechnische Industrie. Oder wollen Sie mit deutschen Steuergeldern in den USA, in China, Russland, Frankreich, England usw. Arbeitsplätze schaffen und in Deutschland unsere bestehenden wehrtechnischen Arbeitsplätze vernichten? Aktuelle Meldungen zeigen ja bereits, dass gerade das passiert.
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage?
Am Schluss; ich muss meine Redezeit einhalten. Er muss nur zuhören, dann kriegt er alle Informationen.
Drittens, Bündniszusammenhalt. Innerhalb der NATO und der EU arbeitet Deutschland eng mit seinen Partnern für Sicherheit, Frieden und Freiheit zusammen. Das bedeutet zweierlei: Wir planen und produzieren gemeinsame Rüstungsprojekte. Das bedeutet auch, dass man sich gegenseitig als Verbündete Verteidigungstechnologien nutzbar macht. Um dies umzusetzen, sind Rüstungsexporte aus Deutschland an EU, NATO und NATO-gleichgestellte Länder für uns selbstverständlich und notwendig.
Ein Blick auf die geltende Rechtslage zeigt: Die Ausfuhr aller Rüstungsgüter ist bereits genehmigungspflichtig. Bei allen Ausfuhrgenehmigungen werden von der Bundesregierung dabei die öffentlich bekannten außen-, sicherheits- und menschenrechtspolitischen Aspekte im Rahmen des Kriegswaffenkontrollgesetzes, der Außenwirtschaftsverordnung, der Politischen Grundsätze der Bundesregierung und des Gemeinsamen Standpunktes des Rats der EU sorgfältig abgewogen. Die regelmäßige Vorlage eines Rüstungsexportberichts und die Debatte hier im Deutschen Bundestag sorgen für eine besondere Transparenz in der Rüstungsexportpolitik in Deutschland, auch für die deutsche Öffentlichkeit.
Wenn die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen jetzt so entschieden ein Rüstungsexportkontrollgesetz fordern,
(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht erst jetzt!)
frage ich: Warum haben Sie eigentlich in den sieben Jahren Ihrer Regierungszeit von 1998 bis 2005 kein solches auf den Weg gebracht?
(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben wir die Richtlinien geschaffen! – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir können ja nichts dafür, wenn Sie sich nicht an die Richtlinien halten! – Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist zehn Jahre her! Wo waren Sie denn die letzten Jahre?)
Die existierenden Rüstungsexportrichtlinien stammen aus dem Jahr 2000, als Sie den Außenminister gestellt haben. Sie kommen immer so moralisierend daher, machen die Menschen im Land ganz verrückt und handeln selbst ganz anders. Bei uns nennt man das scheinheilig. Also spielen Sie jetzt nicht wieder die Moralapostel!
(Otto Fricke [FDP]: Bei uns nennt man das Hambach!)
Dennoch ist eine Linie bereits seit Jahren klar: Wir werden noch restriktiver werden, insbesondere bei Lieferungen an Drittländer und in dem Bereich der Kleinwaffen.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann sind Sie denn jemals restriktiver geworden?)
Ich zitiere dazu aus dem Koalitionsvertrag:
Wir schränken die Rüstungsexporte für Drittländer weiter ein, die weder NATO noch EU-Mitgliedsländer sind, noch diesen gleichgestellt … Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.
(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Das stimmt doch nicht! – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Nicht ankündigen, sondern machen!)
Im Fall „Saudi-Arabien und Jemen“ hat die Bundesregierung nach dem ungeheuerlichen Mordkomplott in Istanbul gehandelt und einen Stopp von Rüstungsexportgenehmigungen und Ausfuhren nach Saudi-Arabien veranlasst.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Was ist denn gestoppt worden?)
Ich stimme in dem Punkt Bundeswirtschaftsminister Altmaier völlig zu. Er hat in der „SZ“ am 24. Oktober gesagt:
Es hat keine Folgen positiver Art, wenn nur wir die Exporte nicht weiter durchführen, aber gleichzeitig andere Länder diese Lücke füllen.
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Er strebt eine zumindest europäische Lösung an. Ich halte einen dauerhaften Alleingang Deutschlands für schwierig und nicht problemlösungsorientiert.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Sagen aber alle!)
Es kommt also darauf an, verantwortungsbewusste Rüstungsexportpolitik zu machen –
Herr Kollege, bitte.
– und einen Ausgleich zwischen notwendiger strenger Exportkontrolle, der Wahrung außen- und sicherheitspolitischer und wehrtechnischer Interessen und der Wahrnehmung der wachsenden sicherheitspolitischen Verantwortung Deutschlands zu schaffen.
(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Mit gutem Beispiel vorangehen! Wie wäre es denn damit?)
Herr Kollege, ein letzter Satz! Sonst entziehe ich Ihnen das Wort.
Ihre Anträge sind leider Ausdruck eines Realitätsverlustes. Diesen Weg werden wir nicht gehen. Wir wollen Sicherheit für unsere Bürger garantieren.
So, und das nächste Mal hören Sie zu und reden nicht immer dazwischen.
(Widerspruch bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Danke.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sehr verehrter Herr Kollege Loos, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, in allem Ernst: Ich bin wirklich gewillt, von der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen. Eine Minute zu überziehen, ist einfach nicht in Ordnung. Ich werde von § 35 Absatz 3 Gebrauch machen und nach einmaliger Mahnung dem jeweiligen Redner das Wort entziehen, damit wir noch etwas vom Abend haben.
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass eine Zwischenfrage eine Zwischenfrage ist und keine Endfrage. Deshalb kann man eine Zwischenfrage nicht am Ende stellen.
Herr Kollege Pflüger hat um eine Kurzintervention gebeten. Die lasse ich zu.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7289846 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 62 |
Tagesordnungspunkt | Humanitäre Katastrophe in Jemen und Rüstungsexport |