Christoph PloßCDU/CSU - Brexit-Übergangsgesetz
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Austritt Großbritanniens ist – das wurde in dieser Debatte deutlich – einer der größten politischen Einschnitte in den vergangenen Jahren. Für uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist in diesem Zusammenhang klar, dass wir den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union außerordentlich bedauern. Er wird die Europäische Union, er wird das geeinte Europa am Ende nicht stärken, sondern er wird es schwächen. Aber vor allem wird aus unserer Sicht der Brexit Großbritannien schwer zusetzen. Wie auch immer, die Tür in Richtung Großbritannien bleibt auch nach dem Brexit offen. Wir wünschen uns, dass Großbritannien irgendwann einmal in die Europäische Union zurückkehrt und dass wir als vereinte Europäer die gemeinsamen Herausforderungen angehen, beispielsweise bei einer gemeinsamen Außenpolitik, bei der Digitalisierung oder bei Investitionen in künstliche Intelligenz.
Doch der Brexit ist Realität, und wir müssen uns als Bundesrepublik Deutschland auf alle möglichen Szenarien vorbereiten, von einem harten Brexit bis hin zu einem umfassenden Abkommen mit Großbritannien. Dabei sollte der Grundsatz gelten: Wir müssen versuchen, die beste Lösung in den Verhandlungen herauszuholen, uns aber gleichzeitig auf das schlimmste Szenario vorbereiten. Die schlimmste Variante wäre – das haben einige Vorredner schon deutlich gemacht – der harte Brexit; denn ohne einen kontrollierten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union wäre Großbritannien ein sogenannter Drittstaat. Es würden die Regeln der WTO gelten. Von einem Tag auf den anderen würden Zölle von 4 Prozent auf Autoteile oder noch viel mehr bei Agrarprodukten fällig. Das bedeutet: Großbritannien würde behandelt werden wie das afrikanische Land Botswana.
Das wäre für unsere Wirtschaft, unsere Unternehmen, die zahlreichen Arbeitsplätze und die Bürger in unserem Land ein echtes Horrorszenario. Das würde am Ende dazu führen, dass ganze Handelsketten zerstört werden und dass wir Europäer vielleicht sogar ein Visum beantragen müssen, um nach Großbritannien reisen zu dürfen. Man könnte noch andere Beispiele nennen wie die Luftfahrt. Derzeit können britische Airlines zwischen Deutschland und Frankreich oder Spanien hin- und herfliegen. Hier hätte ein harter Brexit zur Folge, dass der Flugverkehr zum Erliegen käme. Von Frankfurt, München oder Hamburg nach London fliegen, das wäre dann unmöglich bzw. zumindest für eine gewisse Zeit unmöglich. Deswegen unterstützen wir als CDU/CSU-Fraktion die Bundesregierung dabei, sich regelmäßig mit Verbänden und Unternehmen auszutauschen, um diese rechtzeitig auf die schlimmsten Szenarien vorzubereiten.
Für uns ist aber auch klar, dass wir vor diesem Hintergrund einen geregelten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union wollen. Wir wollen auch nach dem Brexit mit Großbritannien eng verbunden bleiben. Das kann man für diverse Bereiche durchdeklinieren. Ob bei der Bekämpfung des Terrorismus, Cybersicherheit oder der Bekämpfung der internationalen Kriminalität, wir müssen zusammenarbeiten, genauso wie in allen wirtschaftlichen Fragen.
Deswegen müssen wir jetzt im Deutschen Bundestag die Grundlage dafür schaffen, dass wir einen Übergangszeitraum bis Ende 2020 vereinbaren, in dem die EU-Regeln für Großbritannien noch gelten; denn dadurch würden die Folgen des Austritts für alle Seiten abgefedert, und die Bürger, die Unternehmen und die zahlreichen Organisationen in unserem Land könnten sich mit einer Übergangsregelung besser auf die Veränderungen einstellen. Das schafft die Zeit, die wir brauchen, um mit Großbritannien das endgültige Verhältnis zu klären und auszuverhandeln. Von einer Freihandelszone bis zum Verbleib in der Europäischen Zollunion ist alles denkbar. Deswegen sage ich hier zum Schluss, Herr Präsident: Lassen Sie uns in den nächsten Monaten alles daransetzen, das Bestmögliche aus dem Brexit zu machen.
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7289878 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 62 |
Tagesordnungspunkt | Brexit-Übergangsgesetz |