20.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 63 / Tagesordnungspunkt I.4

Peter BoehringerAfD - Finanzen, Bundesrechnungshof

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Guten Morgen! Der Haushaltsentwurf 2019 war eine schwere Geburt: 16-stündige Wehen in der Bereinigungssitzung, in den allerletzten Stunden noch ein 300-seitiges Papier zum Beraterwildwuchs im Verteidigungsministerium sowie Anträge für über 1 000 zusätzliche Posten auf Regierungsebene.

Die plakative schwarze Null des Haushalts ist erneut nur durch Tricksereien, Auslassungen und Sondereffekte zustande gekommen.

(Beifall bei der AfD)

Wie schon 2018 ist der Haushalt unvollständig. Erneut sind keinerlei Rückstellungen für die Euro-Risiken eingepreist, obwohl in drei Wochen ein neues Euro-Rettungspaket beschlossen werden soll, zu dem selbst wir im Haushaltsausschuss trotz x Nachfragen noch keine belastbaren Details bekommen haben. Es ist völlig intransparent, welches Paket im Dezember beschlossen werden soll, mit welchen Instrumenten, mit welchen Obergrenzen, mit welchen parlamentarischen Beteiligungsrechten.

(Beifall bei der AfD)

Sicher ist hier nur die alte EU-ropäische Grundregel: L‘Allemagne paiera – Deutschland wird zahlen.

Wir erleben ganz aktuell wieder eine Staatsanleihen- und Bankenkrise in Südeuropa. Griechenland und Italien wären ohne EZB und ohne deutsche Bonität bereits in der Insolvenz. Der griechische Bankensektor hat allein in den letzten sechs Monaten die Hälfte seines Börsenwerts verloren, allein in der letzten Woche 13 Prozent. Aufschläge auf italienische Anleihen liegen derzeit bei 330 Basispunkten. Nach ifo-Institut ist das die sogenannte Todeszone.

(Beifall bei der AfD)

Für Griechenland werden derzeit neue Rettungsprogramme verhandelt, zumindest diskutiert, und das keine 15 Wochen, nachdem uns im Haushaltsausschuss in einer Sondersitzung explizit gesagt wurde: Das ist nun die dauerhafte Rettung Griechenlands. – Nein, die absehbare erneute Rettung sowohl von Griechenland als auch von Italien wird schon 2019 wieder stattfinden müssen, vermutlich in Form von extremen Refinanzierungsprogrammen der EZB. Über 300 Milliarden Euro stehen da an. Unseres Erachtens sind solche langfristigen Mega-Tender verfassungswidrig;

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das kommt davon, wenn Populisten regieren wie in Italien! Dann klappt nichts mehr!)

denn sie stellen keine Geldpolitik dar, sondern sind verbotene Wirtschaftspolitik und Staatsfinanzierung durch die Zentralbank.

(Beifall bei der AfD)

Minister Scholz, Sie sagten neulich in den Medien, italienische Schulden seien das nationale Problem Italiens. Aber gleichzeitig tut die Bundesregierung alles dafür, diese südeuropäischen Schulden zu sozialisieren. Fast jeden Monat erfahren wir zurzeit von einer neuen Rettungsfazilität, einem neuen Rettungsinstrument. Das alles sind gewaltige unerklärte Risiken für den Bundeshaushalt und kommende Transferleistungen Deutschlands und des Steuerzahlers.

Die Regierung profitiert heute ohne ihr Zutun von der Nullzinspolitik der EZB, die wie ein riesiges Konjunkturprogramm auf Pump wirkt. Für den Bundeshaushalt ist es die beste aller Welten: sprudelnde Steuereinnahmen und minimale Zinskosten.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Sehr gut!)

Dennoch erreicht die Regierung die schwarze Null nur ganz knapp durch Anzapfen von Rücklagen. Man muss in dieser Situation Rücklagen anzapfen. Das ist schon Wahnsinn.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die finanziellen Spielräume in einem national-rational geplanten Haushalt wären in diesem Umfeld so groß, dass man gleich zwei große Würfe machen könnte – die AfD hat das beantragt und auch vollständig gegenfinanziert –: Erstens könnte der Solidaritätszuschlag ab 2019 vollständig abgeschafft werden.

(Beifall bei der AfD)

Das wären gut 19 Milliarden Euro Entlastung für den Bürger schon ab 2019.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Davon haben kleine Leute fast nichts!)

Die Regierung plant den Soliabbau erst ab 2021 und auch nur teilweise. Selbst ihrer eigenen Planung scheint sie nicht wirklich zu trauen; denn statt hier Beschlüsse herbeizuführen, wurde das Thema in den Ausschüssen dreimal nacheinander von der Tagesordnung genommen.

Zweitens. Die Regierung könnte 2019 auch sämtliche Schulden tilgen, die im Zuge der Finanzkrise vor zehn Jahren entstanden sind. Das sind wirklich viele große Zahlen. Selbst zehn Jahre nach 2009 werden diese Schulden aber immer noch nicht getilgt. Stattdessen führt die Regierung die Haushaltsüberschüsse auch 2019 wieder der sogenannten Asylrücklage zu, die mit den 18er- und 19er-Zuschüssen und ‑Abflüssen auf über 30 Milliarden Euro steigen wird. Das ist die Erwartung, die wir zum Jahresende 2018 haben. Die Rücklage ist seit nunmehr vier Jahren das Überlaufbecken für Haushaltsüberschüsse, die den Menschen zurückgegeben werden müssten.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Selbst dann blieben noch reichlich Mittel für die Pflege, für die Rente sowie Investitionen in Schulen, in den Breitbandausbau, in die Straßen und Familien. Die AfD fordert die Regierung auf, endlich wieder Politik und Haushaltspolitik für das deutsche Volk zu machen.

(Beifall bei der AfD)

Die schwarze Null wurde vom Finanzministerium diesmal nachts um vier herbeigerechnet durch Änderungsanträge zu Zinskosten in Milliardenhöhe. Diese Position wird schon zum wiederholten Mal missbräuchlich zu dieser Nullrechnung benutzt. Solche Tricksereien sollte das BMF einfach mal lassen und stattdessen seine kreativen Kapazitäten nutzen, um die Bundesschuld sauber zu strukturieren. Wir könnten 30-jährige Bonds emittieren zu einem lächerlichen Minizins von 1 Prozent. Es wäre möglich, erheblich mehr zu machen. Nur ein Zehntel der Bundesschuld ist derzeit als Langläufer ausgestaltet. Doch es geschieht nichts. Stattdessen gibt es Kurzläuferanleihen. Der Grund ist natürlich: Es kostet nichts, sie kosten wirklich null. Aber das ist kurzfristige Legislativdenke. Nach uns die Sintflut; das ist die Denke bei dieser Verschuldungspolitik.

(Beifall bei der AfD)

Ebenfalls nachts um vier hat die GroKo dann, versteckt im Kleingedruckten, noch einen Aufwuchs des Kreditrahmens für internationale Finanzinstitutionen um 14 Milliarden Euro beschlossen – einfach verfügt, zugestimmt. Alle Parteien außer der AfD haben hier kritiklos zugestimmt.

Der Ökonom Roland Baader sagte zu solcher Politik schon vor zehn Jahren: „Wir werden nachhungern müssen, was wir“ – auf Kredit – „vorausgefressen haben!“ Er dachte noch an das langfristige Wohl der Nation, und er schämte sich nicht dafür, dass im Wort „Nationalökonomie“ das Wort „Nation“ vorkommt und im Wort „Volkswirt“ das böse Wort „Volk“,

(Beifall bei der AfD)

das schon damals von der GroKo so geschmäht wurde.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Was für ein Blödsinn! – Johannes Kahrs [SPD]: Volkspartei! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Volksmusik! Volkswagen! Volksschule!)

Es gibt gewaltige unerklärte Risiken, speziell in der Mittelfristplanung, durch die TARGET-Forderung der Bundesbank: fast 1 Billion Euro. Die AfD hat auch hierzu risikominimierende Anträge gestellt. Wir machen das auch im Dezember noch mal.

Zum Brexit: Wir fordern die Regierung auf, endlich den ständigen Aufwuchs der EU-Beiträge zu stoppen. Die EU plant ernsthaft eine Erhöhung der deutschen Beiträge von 30 bis 31 Milliarden Euro im Jahr 2018 auf 45 Milliarden Euro pro Jahr in der neuen Siebenjahresplanung.

(Karsten Hilse [AfD]: Genau! Immer weg damit!)

Und ja, Herr Minister, ich weiß, dass heute Nacht die Verhandlungen gescheitert sind; aber wir ahnen, dass sie doch nicht dauerhaft gescheitert sind und Sie hier nachgeben werden.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Deutschland würde auf dieser Basis den Brexit praktisch alleine finanzieren, zusätzlich noch das an dieser Stelle vor drei Tagen mit Herrn Macron ausgekungelte Euro-Zonen-Budget.

Zu den Migrationslasten im Haushalt. Die Zustimmung der Länder wird erkauft durch Milliardentransfers des Bundes in Form von negativen Einnahmen und damit auch hier ohne klaren Ausweis im Bundeshaushalt. Ja, sie sind drin, aber sie sind nicht klar drin.

Der offizielle Ausweis der Flüchtlings- und Integrationskosten von jährlich 21 Milliarden Euro unterzeichnet die Lage. Bei realistischer Einrechnung aller gesellschaftlichen Kosten wären sie noch viel höher und permanent ansteigend. Das ist ja ein Sockelbetrag; es steigt ja mit jedem Tag, an dem die Grenzen offen sind. Wir fordern, die Integrationskosten für Migranten ohne Bleiberecht gänzlich zu streichen. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei der AfD)

Viele Migrationskosten sind zudem immateriell, aber doch fatal für unsere Gesellschaft – dazu mehr nächste Woche an gleicher Stelle, bei der Debatte zum Global Compact for Migration.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die letzte Debatte habt ihr ja schon verloren! Da habt ihr beim letzten Mal schon echt schlecht ausgesehen! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Dazu sagen Sie besser mal gar nichts!)

Auch er wird natürlich – wenn er denn wirklich kommt – haushaltsrelevant, wenn auch nicht heute.

(Beifall bei der AfD)

Die Haushaltsposten zur Fluchtursachenbekämpfung wären ja im Prinzip sogar zustimmungsfähig. Auch wir versuchen, Fluchtursachen zu minimieren. Doch auch diese Titel sind vielfach weltfremd. Einige Beispiele – ich kann Ihnen das nicht ersparen; es gäbe Hunderte davon –: Förderung erneuerbarer Energien in Moscheen in Nordafrika,

(Beifall des Abg. Udo Theodor Hemmelgarn [AfD] – Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Stärkung von LGBTI in Honduras, angewandtes Gender Diversity Management im Nahen Osten – das muss man sich vorstellen –,

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

bezahlbarer und nachhaltiger Wohnraum in Asien und – das ist wirklich die Krönung – ein Resilienzprogramm im Jemen, also ausgerechnet in jenem Land, das gerade auch mit deutschen Waffen durch Saudi-Arabien zurück in die Steinzeit gebombt wird, wo ein Genozid an den dortigen Schiiten stattfindet. Man versucht hier, bestmenschlich zu helfen,

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

während man die eigentlichen Ursachen des Wahnsinns nicht sehen will oder sie sogar selbst herbeiführt – ähnlich wie beim Global Compact, der auch nur an Symptomen herumdoktert und die Überbevölkerung in Afrika und in islamischen Staaten als Ur-Ursache des Migrationsdrucks partout nicht nennen will.

Ich komme zum Schluss. Das Motto hier ist: Mit deutschem Geld können wir alle Probleme lösen. – Das ist alles Hybris, Machbarkeitswahn, Weltbeglückung. Der vorliegende Haushalt ist voll davon. Wir werden ihn ablehnen.

Danke.

(Beifall bei der AfD)

Nächster Redner ist Johannes Kahrs, SPD.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Eckhardt Rehberg [CDU/CSU])

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7292455
Wahlperiode 19
Sitzung 63
Tagesordnungspunkt Finanzen, Bundesrechnungshof
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