20.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 63 / Tagesordnungspunkt I.5

Christoph MeyerFDP - Verkehr und digitale Infrastruktur

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Scheuer, Sie haben eben in Ihrer Rede darauf hingewiesen, dass Sie viele Probleme aus der Vergangenheit bewältigen müssen. Da frage ich Sie: Wer hat die letzten zehn Jahre dieses Haus verantwortet? Das ist doch die CSU. Deswegen ist Ihre Aussage ein Offenbarungseid für die Verkehrspolitik Ihrer eigenen Partei.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben Ihrem Ruf als Ankündigungsminister eben wieder alle Ehre gemacht, indem Sie den betroffenen Dieselfahrern, die im Frühjahr 2019 von Fahrverboten betroffen sein werden, keine konkrete Unterstützung angeboten haben. Sie haben viel von Zukunftsprogrammen gesprochen, aber was konkret getan wird, haben Sie wieder nicht gesagt.

Wir reden über den größten Investitionshaushalt des Bundes, aber dieser Haushalt ist ein Haushalt der vertanen Chancen. Dafür gibt es eine Reihe von Beispielen:

Deutsche Bahn. Nur 71 Prozent der Fernzüge kamen im Oktober pünktlich, also weniger als sechs Minuten verspätet. Das ist eine Entwicklung, die sich in den vergangenen Jahren bereits angekündigt hat und welche offensichtlich genauso weitergehen wird. Nun wird von schonungsloser Bestandsaufnahme gesprochen. Zahlen sind auch schon im Raum: mindestens 5 Milliarden Euro. An dem Zukunftsplan, der erarbeitet werden soll, arbeitet ein ganzer Strauß von Beratern. Ich habe ein bisschen das Déjà-vu, dass das genauso ist wie zu Beginn im Bundesverteidigungsministerium, wo ein ganzer Zug von Beratern eingekauft wurde. Als solches ist das erst mal eine gute Idee, aber Sie müssen aufpassen, dass nicht die Berater die Bahn führen, sondern umgekehrt: die Berater von Ihnen und von der Bahn geführt werden.

(Beifall bei der FDP)

Eine Position von Herrn Scheuer ist nicht erkennbar. Vermutlich lautet sie: Geldhahn aufdrehen, Augen zu. Statt eine Diskussion über die Zukunft der Deutschen Bahn, wie wir als Staat, als Eigentümer mit der Deutschen Bahn umgehen wollen, zu führen, vermeiden Sie eine solche.

Lieber Herr Kollege Jurk, Sie haben sich für Ihre 80 Anträge gerühmt, die in der Bereinigungssitzung gestellt wurden

(Thomas Jurk [SPD]: Sie haben einigen zugestimmt!)

– wir haben einigen zugestimmt –, aber es ging dabei um einige Orchideenthemen. Mein Lieblingsprogramm, das Sie mit Ihrer Mehrheit durchgedrückt haben, ist das Programm „Station to Station“ mit über einer halben Million Euro für Bühnenaufbauten auf Bahnhöfen. Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es fast lustig. Bei Ihnen fährt noch nicht einmal ein Zug nach Nirgendwo, dafür aber mit musikalischer Untermalung.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Marianne Schieder [SPD]: Das ist ja schon kompletter Unsinn, oder?)

Wasserstraßen – ungeliebtes Kind im Verkehrsministerium. Die profitieren offensichtlich nicht vom Investitionshochlauf.

(Gustav Herzog [SPD]: Die haben mehr Geld, als sie ausgeben können! Das sollten Sie wissen!)

Sie haben wenigstens – und das haben die Kollegen der Koalitionsfraktionen hier eben noch mal genannt – die Nutzungsgebühren abgeschafft. Da sind Sie unserem Ansatz gefolgt. Das ist einer der wenigen Lichtblicke, den Sie in diesem Etat zu verantworten haben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Gustav Herzog [SPD]: Das steht im Koalitionsvertrag!)

Verkehrsträger Straße. Hier habe ich bereits, ähnlich wie beim letzten Haushalt, darauf hingewiesen, dass der Investitionshochlauf in den nächsten Jahren die Frage sein wird, an der sich der Erfolg oder der Misserfolg Ihres Hauses und Ihrer Person messen lassen wird.

Eisenbahnvermögen. Hier gehen Sie nicht ran, trauen Sie sich nicht ran. Der Rechnungshof kritisiert dies ständig.

ÖPP. Grundsätzlich haben Sie hier den richtigen ordnungspolitischen Ansatz – da sind wir an Ihrer Seite –, aber durch die Schlampigkeit, mit der Sie und Ihr Haus die ÖPP-Modelle, Stichwort „Toll Collect“, offensichtlich aufgleisen, geben Sie der linken Seite des Hauses die Argumente an die Hand.

(Victor Perli [DIE LINKE]: Das ist ein Systemfehler!)

Sie müssen aufpassen, dass diese Schlampigkeit nicht dazu führt, dass die letzten ordnungspolitischen Ansätze in Ihrem Etat über Bord geworfen werden.

Digitale Infrastruktur spare ich mir jetzt. Dazu gibt es in der Tat nicht viel zu sagen, außer dass Deutschland den internationalen Anschluss immer weiter verliert.

Wir haben Ihnen als Serviceopposition die Stichworte an die Hand gegeben mit unseren Anträgen zur Schadstoffmessung, zur Planungsbeschleunigung und zur Digitalisierung. Sie müssten nur abschreiben; wir haben keinen Autorenstolz. Das wäre für Deutschland sicherlich besser.

Letzter Satz: Ich hatte mich am Anfang der Haushaltsberatungen darüber geärgert, dass Sie für 2,5 Millionen Euro Betriebskosten einen Nachrichtenraum im Jahr einrichten wollten. Den haben Sie nun eingerichtet. Wenn man sich die Nachrichtenlage über Sie anguckt, wird klar, dass das vielleicht eine gute Entscheidung ist, damit wenigstens einer gut über Sie redet. Für uns ist das zu wenig. Deswegen werden wir diesen Etat ablehnen.

(Beifall bei der FDP)

Die Kollegin Ingrid Remmers hat das Wort für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7292499
Wahlperiode 19
Sitzung 63
Tagesordnungspunkt Verkehr und digitale Infrastruktur
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